Archäologen legen am Brassertufer 18 Skelette frei

Die Grabungsbaustelle am Brassertufer hat weitere Fundstücke preisgegeben. Auf dem riesigen Areal neben der Oper, wo bis vor kurzem das Hotel Beethoven und öffentliche Parkplätze waren, stieß das Archäologenteam in der vorigen Woche auf 18 weitere Skelette aus der karolingischen Zeit (ca. 9. Jahrhundert), zum Teil auch von Kindern.

 Die Anordnung und Lage der Skelette muss akribisch genau notiert werden. Das ist eine Aufgabe für Zeichner Claus Luer.

Die Anordnung und Lage der Skelette muss akribisch genau notiert werden. Das ist eine Aufgabe für Zeichner Claus Luer.

Foto: Volker Lannert

Bonn. Die Grabungsbaustelle am Brassertufer hat weitere Fundstücke preisgegeben. Auf dem riesigen Areal neben der Oper, wo bis vor kurzem das Hotel Beethoven und öffentliche Parkplätze waren, stieß das Archäologenteam in der vorigen Woche auf 18 weitere Skelette aus der karolingischen Zeit (ca. 9. Jahrhundert), zum Teil auch von Kindern.

Die Toten waren vor der früheren Gertrudiskapelle bestattet worden, manche der Skelette liegen in Familiengräbern. Die Forscher sind inzwischen so weit mit ihren Untersuchungen, dass die menschlichen Überreste am Donnerstag geborgen und ins Labor abtransportiert wurden. Dort soll festgestellt werden, ob es sich tatsächlich um Familienangehörige handelt, dann soll eine Aufbereitung stattfinden, so dass die Funde später in einem Museum ausgestellt werden können.

"Es handelt sich in jedem Fall um christliche Gräber", berichtet Grabungsleiter Gary White. Grabbeigaben haben sich allerdings nicht gefunden. "Noch nicht mal ein Keramikgefäß", sagte der 54-Jährige nicht ohne Enttäuschung. Eigentlich ist es das Ziel der Archäologen, auf römische Gräber zu stoßen. Aber für solche Funde sei man noch nicht tief genug vorgedrungen.

Die jetzt gefundenen Skelette sind nicht alle vollständig. Denn mitten durch das Gräberfeld führte ein Regenwasserrohr aus den 50er Jahren. Deshalb fehlen bei einigen Skeletten die Beinknochen und in der zweiten Gräberreihe die Schädel. Freigelegt wurde inzwischen zu großen Teilen auch die alte Stadtmauer und das zum Rhein hin davor gelegene Kopfsteinpflaster.

Auch die Grundmauern des Restaurants "Vater Arndt", des Giertores und weiterer Häuser sind schon gut erkennbar. Das Pflaster wird allerdings schon wieder abgetragen, wie später auch die restlichen Mauerwerke verschwinden müssen. Wie berichtet, hatten die Forscher gleich zu Beginn ihrer Arbeiten Gräber mit mehreren Skeletten von relativ jungen Menschen entdeckt, darunter das einer Frau, die einen Totenkranz trägt.

nsonsten fand sich nicht viel Brauchbares, das meiste war Bauschutt. In dem Viertel zwischen heutiger Oper und Altem Zoll pulsierte früher das pralle Leben. In den Häusern entlang kleiner Gässchen wohnten und arbeiteten Handwerker, es gab die Rheinwerft und eine Kneipenszene. Am 18. Oktober 1944 legten 250 Bomber das Areal in Schutt und Asche.

Viele ältere Bonner kennen das Viertel noch aus eigener Anschauung, und so kommen viele Passanten vorbei, um einen Blick in die Grube zu werfen. Doch sie fühlen sich nicht immer freundlich behandelt. Einer von ihnen ist Gerhard Geiß, der auch eine Dokumentation über das frühere Leben in diesem Viertel an den Bauzaun gehängt hat.

Es gebe, so beklagt er, eine abweisende und unfreundliche Haltung gegenüber Schaulustigen. Man habe ihnen sogar das Fotografieren verbieten wollen. Dabei handele es sich bei dem Areal um etwas Spezielles, "das auch nach so vielen Jahren ans Herz und an die Seele vieler Bonner Bürger geht". Das sei keine reine Neugierde, sondern Betroffenheit.

Geiß erinnert daran, dass in diesem Viertel Ludwig van Beethoven in der Rheingasse 7 heranwuchs und hier seinen "Wunderkind"-Alltag verbrachte. Und nun entstehe die groteske Situation, dass in der Beethovenstadt "diese Dokumentation seines jungen Lebens am originalen Ort seiner Existenz einem Verbot unterliegen soll".

Auf dem Areal sollen später die Neubauten der "Rheinlogen" entstehen, wofür die Ausschachtungen bereits im Gange sind. Die Archäologen schätzen, bis Februar ihre Grabungen beendet zu haben. Danach werden die alten Fundamente entweder abgerissen oder verschwinden unter dem Beton der Neubauten. Einen Teil der alten Steine hat der Privatmann Curt Delander gesichert, um sie der Öffentlichkeit zu präsentieren.

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