"Nicht prädestiniert für kriminelle Übergriffe"

Der Weg von Vilich-Müldorf zur Vilicher Grundschule ist nach Ansicht der Stadt nicht mehr als gefährlich einzustufen - Daher sollen die Kinder nicht länger mit dem Schulbus fahren, sondern laufen

"Nicht prädestiniert für kriminelle Übergriffe"
Foto: Max Malsch

Vilich-Müldorf. Der Weg von Vilich-Müldorf zur Grundschule nach Vilich ist aus Sicht der örtlichen Straßenbehörde und der Polizei nicht mehr als gefährlich einzustufen. Darum hat die Stadt Bonn ab diesem Schuljahr aufgehört, die Schülerfahrtkosten zu übernehmen - zumindest für einen Teil der Kinder des Dorfes. Denn die Zwei-Kilometer-Grenze, die der Gesetzgeber als maximalen Fußweg für Grundschüler festgelegt hat, verläuft mitten durch das Dorf. Während die Einen also nach wie vor den Schulbus benutzen dürfen, müssen die anderen, auch wenn sie nur eine Straße weiter wohnen, zu Fuß gehen.

Nicht nur das: Es gibt sogar Familien, bei denen das Geschwisterkind zusehen muss, wenn der Bruder oder die Schwester in den Bus steigt - es sei denn, Mama und Papa sind bereit, monatlich 42,20 Euro zu zahlen. Denn die Stadt hat festgelegt, dass die Schülerinnen und Schüler, die bislang noch das Schülerticket bekommen haben, bis zum Ende der Grundschulzeit weiterhin Bus fahren dürfen. Das gilt also für die Kinder der Klassen 2 bis 4.

Das alles finden Eltern wie Astrid Bender, Thomas Backes, Markus Kirsch oder Anja Födisch absolut nicht in Ordnung. Deshalb haben sie einen entsprechenden Antrag an den Bürgerausschuss gestellt, der sich mit der Sache am Mittwoch, 15. November, ab 18 Uhr im Stadthaus, Sitzungsraum I, befassen wird.

In einer fünfseitigen Stellungnahme erklärt der Abteilungsleiter im Schulamt, Reiner Bockshecker, warum der Weg nicht mehr "objektiv als besonders gefährlich einzustufen ist". Was sich an der Situation seit der letzten Überprüfung des Schulweges verändert hat, schreibt er nicht. Letztendlich sei aber die Beueler Straße von Straßenlaternen beleuchtet, verfüge beidseitig über Bürgersteige, und die Adelheidisstraße könnten die Kinder an einer Ampel sicher überqueren.

Also: "Eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit des Schadenseintritts ist auf dem Schulweg von Vilich-Müldorf zur Adelheidisschule nicht gegeben."

Für die Eltern jedoch rechtfertigt alleine schon die lange, unbebaute und recht einsame Strecke über die Beueler Straße, dass die Kinder weiterhin den Schulbus benutzen dürfen. "Ich habe da kein gutes Gefühl", sagt Astrid Bender, und Markus Kirsch denkt an die jüngsten Fälle von Kindesentführungen und -missbrauch, die die Medien beschäftigten.

Doch auch dazu hat das Schulamt eine eindeutige Haltung: Es "kann nicht davon ausgegangen werden, dass die in Rede stehende Strecke für kriminelle Übergriffe prädestiniert ist." Immerhin gebe es entlang der Strecke keinen Wald oder dichtes Buschwerk, und es gebe "lediglich einzelne Bäume am Rande des Bürgersteigs, die jedoch keine geeignete Versteckmöglichkeit bieten".

Das Fazit des Schulamts liest sich so: "Unter Bezug auf die Rechtslage und die Rechtsprechung sowie angesichts der Tatsache, dass eine Bindung an die bisherige Entscheidungspraxis im Falle von Ermessensvorschriften nicht besteht, wurde entschieden, für die Zukunft die Auslegung der rechtlichen Vorgaben auf den reinen Wortlaut des Gesetzes zurückzuführen und der ständigen Rechtsprechung anzupassen."

Nicht nur die Eltern sind über die Ausführungen des Schulamts entsetzt, auch die Leiterin des Kindergartens St. Maria Königin, Karin Richter, ist angesichts der Entscheidung der Stadt fassungslos. Wenn sie nur an die Überquerung der Autobahn denke, laufe ihr ein kalter Schauer über den Rücken.

"Da muss sich nur eines von den Kleinen auf die Querstreben der Abgrenzung stellen und das Gleichgewicht verlieren, dann ist es schon passiert. Außerdem ist es dort so laut, dass die überhaupt nicht hören, wenn sich ein Fahrzeug von hinten nähert."

Dass die Stadt auf der Strecke "keine Hinweise auf Schulwegunfälle" hat, wie sie schreibt, wundert in Vilich-Müldorf niemanden. Denn bisher wird die Beueler Straße als Schulweg kaum genutzt. Den Hinweis, die Eltern könnten ja das Starter-Ticket für 42,20 Euro kaufen, finden die Vilich-Müldorfer Eltern besonders ungerecht. Ein Schülerticket gibt es nämlich erst ab der weiterführenden Schule und kostet 10 Euro.

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