Critical Mass in Bonn 300 Radfahrer demonstrieren gegen Autoverkehr auf dem Cityring

BONN. · Am Freitagabend kamen mehr als 300 Teilnehmer der Aktion Critical Mass am Bonner Hofgarten zusammen. Sie protestierten gegen die von CDU und FDP geforderte Wiedereröffnung des Cityrings für den Autoverkehr in Richtung Hauptbahnhof.

 An der Aktion Critical Mass haben sich am Freitagabend mehr als 300 Bürger beteiligt.

An der Aktion Critical Mass haben sich am Freitagabend mehr als 300 Bürger beteiligt.

Foto: Benjamin Westhoff

Die Fronten im Streit um die künftige Verkehrsführung auf dem Cityring verhärten sich – und das nicht nur im Rathaus: Am Freitagabend kamen adhoc mehr als 300 Teilnehmer der Aktion Critical Mass am Hofgarten zusammen, um gemeinsam gegen die von CDU und FDP geforderte Wiedereröffnung des Cityrings für den Autoverkehr in Richtung Hauptbahnhof zu protestieren. Eine Entscheidung darüber soll am kommenden Donnerstag im Stadtrat fallen.

Die Linksfraktion erwägt, in der Ratssitzung am Donnerstagabend, die erstmals in dieser Corona-Krise in voller Besetzung im Brückenforum stattfinden wird, eine geheime Abstimmung zu dem Thema zu beantragen. „Der CDU/FDP-Vorstoß zur Öffnung des Cityrings ist vor allem ein durchschaubares Wahlkampfmanöver“, hatten zuletzt die beiden Sprecher der Linkspartei, Julia Schenkel und Ilja Bergen, erklärt, und das sieht auch Ratsfraktionschef Michael Faber so.

Für ihn ist jetzt entscheidend, was in der Sache in der Ratssitzung herauskommt. Wie berichtet, plädieren die Linken wie auch die Grünen, die SPD und die Piraten vehement dafür, dass die Testphase fortgesetzt und nicht dem „Wahlkampf geopfert wird“, wie sie meinen. Einig sind sich wohl sämtliche Fraktionen in einer Sache: Das Abstimmungsergebnis dürfte äußerst knapp ausgehen.

Critical Mass in Bonn: 300 Radfahrer demonstrieren gegen Autoverkehr auf dem Cityring
Foto: grafik

CDU-Planungssprecher Bert Moll kündigte einen Änderungsantrag folgenden Inhalts an: So schlägt die CDU für die Rathausgasse eine Protected-Bike-Line für Radler vor. Sie soll sicherer, als es derzeit mit dem Schutzstreifen der Fall ist, von der übrigen Fahrbahn abgetrennt sein. „Ich gebe zu, wir haben den Radweg in der Rathausgasse Richtung Rhein anfangs kritisch gesehen, weil das nicht einfach zu lösen ist. Jetzt denken wir aber, dass wir dort den Radfahrern weiterhin die Möglichkeit bieten sollten, den Radweg allerdings sicherer machen müssen.“

Überdies will Moll seiner Fraktion vorschlagen, einem Antrag des Bürger Bundes Bonn zu folgen, die Fußgängerüberquerung an der Straße Am Hof samt Ampel in Höhe der Fürstenstraße gegenüber dem Uni-Hauptgebäude wieder in Betrieb zu nehmen. In punkto Wiedereröffnung des Cityrings gehe es CDU und FDP vor allem darum, dass wieder ein Bypass in Richtung Norden entstehen müsse, wenn sich auf Reuterstraße oder B 9 Staus bilden. „Dass sich dadurch wieder automatisch eine erhebliche Verzögerung der Busse ergibt, das bezweifeln wir, weil wir das Verkehrsaufkommen dort gar nicht so hoch einschätzen.“ Eine Verkehrszählung hatte durch den erweiterten Cityring allerdings einen deutlichen Rückgang des Verkehrs vor der Uni ergeben (siehe Kasten). Die Verwaltung hatte stets betont, der Autoverkehr vor dem Hauptbahnhof müsse abnehmen, sonst werde nach dem Bau des Kreisels an der Rabinstraße der Verkehr nicht mehr abfließen können.

Mit Einführung des Radstreifens hat die Stadt die Beschleunigungsspur für Busse vor der Uni abgeschafft. Busse und Autos teilen sich eine breite Spur. Nach Auffassung der Ratsfraktionen, die die Kappung im Februar beschlossen hatten, ist es ausreichend, wenn aus Süden über die B 9 kommende Autofahrer den Hauptbahnhof über den Linksabbieger am Belderberg zum Bertha-von-Suttner-Platz erreichen können.

Anders sieht das der Einzelhandelsverband Bonn/Rhein-Sieg/Euskirchen. Nach einer Umfrage unter den Händlern gehe jeder zweite Befragte davon aus, dass das Coronavirus Geschäftsmodelle auch künftig negativ beeinflussen werde. Der Vorsitzende Jannis Vassilliou spricht von einer „düsteren Prognose“ und fordert eine Rückkehr zum alten Cityring: „Bonn braucht die Kunden aus dem Umland, um überleben zu können. Und diese kommen nicht mit dem Fahrrad, sondern mit dem Auto, und sind damit auf eine gute Erreichbarkeit der Parkhäuser angewiesen.“

Dagegen sehen die Verkehrsverbände von ADFC und VCD darin eine rückwärtsgewandte Verkehrspolitik: „Es ist völlig unverständlich, wie die CDU mit der Fake News, der Hauptbahnhof sei mit dem Auto nicht erreichbar, Autopolitik betreibt“, sagte Werner Böttcher vom ADFC. Ausgerechnet am Hauptbahnhof und Busbahnhof, wo Bus- und Bahnfahrer, Fußgänger und Radfahrer die mit Abstand größte Nutzergruppe darstellten, wolle die CDU weiterhin den größten Verkehrsraum für das Auto reservieren. Rainer Bohnet (VCD): „Die beabsichtigte Wiederherstellung des Cityrings, für den die CDU politische Mehrheiten sucht, ist völlig aus der Zeit gefallen.“

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