Kleinkinderbetreuung in Bonn 187 Eltern suchen noch U3-Plätze

BONN · Ab Donnerstag gilt in Deutschland ein Rechtsanspruch auf einen Betreuungsplatz für Kinder unter drei Jahren (U3). Der GA analysiert die Lage in Bonn.

 Sie haben einen U3-Platz: Angelina, Charlotte und Leonie spielen an der Wasserplanschanlage der Kita "Lummerland".

Sie haben einen U3-Platz: Angelina, Charlotte und Leonie spielen an der Wasserplanschanlage der Kita "Lummerland".

Foto: Roland Kohls

Wie hoch ist die Betreuungsquote stadtweit?
Für rund 40 Prozent der Kinder von vier Monaten bis drei Jahre stehen im neuen Kindergartenjahr Plätze in Kitas und bei Tagesmüttern zur Verfügung. Bezogen auf die beiden Jahrgänge, für die ab 1. August ein Rechtsanspruch besteht, also das zweite und dritte Lebensjahr, beträgt die Quote mehr als 53 Prozent. Bundesweit werden laut Familienministerium 39 Prozent erreicht.

Wie viele Plätze gibt es?
Für Kinder von vier Monaten bis drei Jahre stehen laut Familiendezernentin Angelika Maria Wahrheit 2013/2014 in Kindergärten 3348 und bei Tageseltern 850 Plätze zur Verfügung.

Wie viele Eltern suchen noch?
Aktuell sind 187 U3-Kinder auf der Warteliste des Familienbüros. Etliche konnten noch in den letzten Tagen Plätze in Kindergärten oder bei Tageseltern erhalten, so das Presseamt, neue sind aber hinzugekommen.

Wie viele Plätze sind noch frei?
Es sind keine bekannt. Die Aufnahmeverfahren in rund 200 öffentlich geförderten Kindergärten (64 in städtischer Trägerschaft) laufen seit Anfang 2013. Werden gebuchte Plätze frei, werden diese sofort von den Einrichtungen oder auf Vermittlung des städtischen Familienbüros neu belegt. Bis Beginn des Kindergartenjahres werden häufig Plätze frei.

Haben freie Träger noch U3-Plätze frei?
Größte Anbieter sind die Kirchen. Allein die 51 Kindertagesstätten in katholischer Trägerschaft stellen von ihren rund 2700 Kindergartenplätzen 491 U3-Plätze. In elf von 18 evangelischen Einrichtungen sind 136 U3-Plätze vorhanden. Alle Plätze der katholischen und evangelischen Tagesstätten sind derzeit belegt. "Wir sind bis unters Dach voll", so der evangelische Pfarrer Joachim Gerhardt. Ein weiterer großer freier Anbieter in Bonn, die Gemeinnützige Evangelische Gesellschaft für Kind, Jugend und Familie (KJF), hat seine 150 U3-Plätze ebenfalls voll belegt. "Die Nachfrage ist so groß, dass es auch bei uns zu Überbelegungen im gesetzlich erlaubten Rahmen kommt", sagt Kerstin Ruettgerodt.

Rechnet die Stadt damit, dass Eltern gegen sie klagen werden?
Die Stadt habe seit Jahren mit großem Arbeitsaufwand und erheblichem finanziellen Engagement alles daran gesetzt, neue U3-Plätze zu schaffen und die Tagespflege auszubauen, so die Familiendezernentin. "Mehr als das jetzt Erreichte war in Bonn bei gleichzeitig noch wachsender Bevölkerung nicht möglich. Denn parallel zum Ausbau entwickelte sich durch gesellschaftliche Veränderungen eine sprunghaft steigend Nachfrage nach U3-Plätzen. Sollte es zu einer Klage kommen, so hoffen wir, dass das Gericht die Anstrengungen der Stadt würdigt." Unter den rund 50 Eltern-Klagen, die beim Verwaltungsgericht Köln anhängig sind, befindet sich laut Richter Pierre Becker bisher keine aus Bonn.

Wie weit sind die Wege, die Eltern für einen U3-Platz notfalls in Kauf nehmen müssen?Nach den ihr bekannten aktuellen Gutachten betrage die zumutbare Entfernung in Städten wie Bonn fünf Kilometer, heißt es bei der Stadtverwaltung. Es sei denn, die Eltern wollten woanders einen Platz für ihr Kind. Eltern entschieden sich nämlich nicht zwangsläufig für einen Kindergarten in ihrem Stadtteil. Ausschlaggebend seien auch oft die Nähe zum Arbeitsplatz, das Angebot eines bestimmten Trägers oder die Nähe zur Wohnung der Großeltern.

Laut Verwaltungsgericht dürfen Eltern auf einen Kita-Platz pochen, müssen also nicht mit einer Tagesmutter vorlieb nehmen. Was bedeutet das für Bonn?
Das Kölner Verwaltungsgericht habe eine Eilentscheidung getroffen, der nur eine summarische Prüfung vorausgegangen sei, so die Familiendezernentin. Bonn vertrete wie der Deutsche Städtetag eine andere Rechtsauffassung: Grundsätzlich gelte das Wunsch- und Wahlrecht der Eltern. "Allerdings ist es auf die zur Verfügung stehenden Plätze beschränkt. Es steht unter dem Vorbehalt freier Plätze, so dass im Fall mangelnder Alternativen auch ein Platz in einer anderen als der gewünschten Einrichtung oder Betreuungsform den Rechtsanspruch erfüllt."

Die Situation bei den Drei- bis Sechsjährigen

Da Bonn wächst, müssen neue U3-Plätze zusätzlich geschaffen werden, sagt Dezernentin Wahrheit. Eine Umwandlung von Ü 3-Plätzen (drei bis sechs Jahre) in U3-Plätze komme nur in Betracht, wenn gleichzeitig wegfallende, umgewandelte Ü3-Plätze in derselben Einrichtung oder in der Nähe ersetzt würden.

Wahrheit: "Dabei ist es in einzelnen Einrichtungen vorübergehend zu Engpässen bei Ü3-Plätzen gekommen, für die individuelle Lösungen gefunden wurden." Auch evangelische Kindergärten gingen deshalb ab Sommer in die Überbelegung, so Fachberaterin Sabine Lente.

Man stocke zwei Jahre lang 133 Ü3-Plätze auf und lasse befristet 28 gesetzlich zugelassene "Korridor"-Ü3-Kinder in den Einrichtungen, sagt Lothar Schneider, Leiter der Katholischen Rendantur. Nach der letzten Kindergarten-Bedarfsplanung seien Ü 3-Plätze für 97 Prozent der Altersgruppe erforderlich, so Wahrheit. "Im Kindergartenjahr 2013/2014 wird die Quote über 98 Prozent liegen, in den Folgejahren wohl leicht sinken."

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