Ford Focus: Belebt den Markt der Kompakten

Hoppla, was ist denn das? Müssten nicht schon längst die Reifen quietschen? Auf einer engen Gebirgsstraße jagt der Ford Focus mit vollem Tempo um haarige Kurven. Doch der Kölner zeigt trotz Frontantrieb keinerlei nervöse Allüren, sondern bleibt stramm auf Kurs.

 Mit hervorragenden Fahreigenschaften glänzt der Ford Focus. Im Cockpit geht es sportlich, aber nicht überall übersichtlich zu.

Mit hervorragenden Fahreigenschaften glänzt der Ford Focus. Im Cockpit geht es sportlich, aber nicht überall übersichtlich zu.

Foto: Werksfotos

Die gute Traktion hat er zum Teil dem serienmäßigen "Torque Vectoring" zu verdanken. "Das System wirkt wie eine elektronische Differenzialsperre, indem es die Drehmomentunterschiede zwischen den Vorderrädern ausgleicht", erklärt Focus-Chefingenieur Helmut Reder nicht ohne Stolz.

Auch beim Fahrwerk enttäuscht der VW Golf-Herausforderer aus Köln nicht. Der Wagen liegt straff, aber nicht zu straff auf der Straße. Die Lenkung ist direkt, aber nicht zu leichtgängig. Zum agilen Unterbau passt der neue EcoBoost-Turbomotor, der mit 110 kW/150 PS oder 134 kW/182 PS zu haben ist.

Das Aggregat arbeitet sich mit viel Schwung und nahezu ohne Turboloch aus dem Drehzahlkeller heraus und hat leichtes Spiel mit dem Focus. Erst bei hohen Drehzahlen schlafft der Motor etwas ab und zeigt sich nicht mehr ganz so tatendurstig. Den Durchschnittsverbrauch gibt Ford mit sechs Litern pro 100 Kilometer an.

Der neue Focus ist 21 Millimeter länger als sein Vorgänger, aber auch etwas schmaler und niedriger. Im Fond haben Erwachsene nur wenig Kopf- und Kniefreiheit. Der Gepäckraum schluckt in der Fließheckversion 363 Liter bis unters Dach, bei der Limousine sind es 475 Liter und beim Kombi 490 Liter.

Weitgehend dem seines Markenkollegen C-Max entspricht das Cockpit. Es wird von einer üppigen Mittelkonsole dominiert. Die raubt dem Beifahrer ein Stück Kniefreiheit an der linken Seite. Zudem gibt es eine Flut von Knöpfen am Multifunktionslenkrad und an der Mittelkonsole, die übersichtlicher hätte geraten können.

Bei den Ablagen beweisen die Kölner dagegen Erfindungsreichtum. So gibt es im Fond zwischen Sitzen und Türen jeweils eine kleine Ablageschale und einen Flaschenhalter. Gegen Aufpreis hat der Kölner zahlreiche Assistenzsysteme an Bord, die in Paketen zusammengefasst sind.

Dank des Spurhalteassistenten ruckelt es im Lenkrad, wenn man ohne zu blinken eine Begrenzungslinie überfährt. Das ist gewöhnungsbedürfig, aber nicht aufdringlich oder gar bevormundend. Die dazu nötige Kamera erkennt auch Temposchilder und Überholverbotszeichen und stellt sie im Display des Bordcomputers dar. Dazu kann man einstellen, ab wieviel km/h über dem Tempolimit eine akustische Warnung ertönen soll.

Die elektrische Servolenkung - der Vorgänger hatte noch eine elektrohydraulische Lenkung - ermöglicht das automatische Einparken per Knopfdruck, ähnlich wie man das von VW her kennt. Der Fahrer muss nur noch Gas geben und bremsen.

Noch aus der gemeinsamen Entwicklungszeit mit Volvo stammt das "Low Speed Safety System", das im Stadtverkehr unterhalb von 30 km/h durch eine automatische Notbremsung Kollisionen verhindern soll. Getreu dem neuen Firmenmotto "One Ford" wird der Focus in 120 Ländern in weitgehend identischer Form verkauft, Extrawürste wie bisher die spezielle US-Version wird es nicht mehr geben.

Aber einen schmerzlichen Unterschied gibt es doch: In den USA kostet der Focus umgerechnet rund 14 300 Euro plus Steuern. In Deutschland langt Ford in die Vollen. War der Focus bisher ab 16 750 Euro zu haben, startet das neue Einstiegsmodell mit 77 kW/105 PS jetzt bei 17 850 Euro, das sind 250 Euro mehr als beim Basismodell des VW Golf mit vier Türen. Allerdings: In vergleichbarer Leistungsstufe kostet der Golf mit 19 450 Euro schon deutlich mehr.

Das Focus-Basismodell ist trotz der selbstbewussten Preise mager bestückt. Nennenswerte Ausstattungsdetails sind nur elektrische Fensterheber, Zentralverriegelung, Bordcomputer und ESP. Die Klimaanlage ist erst ab der Ausstattungslinie "Trend" serienmäßig an Bord.

Viele Extras sind für das Basismodell gar nicht bestellbar, so dass sich die meisten Kunden für die "Trend"-Ausstattung oder gleich die Top-Variante "Titanium" (Preis ab 21 350 Euro) entscheiden dürften. Sie enthält unter anderem CD-Radio, Tempomat, Zwei-Zonen-Klimaautomatik, Lederlenkrad, Nebelscheinwerfer und reichlich Zierrat.

Die viertürige Limousine kostet jeweils 500 Euro mehr als der Fünftürer. Die beliebte Kombiversion Turnier soll im Laufe des Jahres nachgelegt werden. Trotzdem dürften schon jetzt sich viele Wettbewerber in der Kompaktklasse "warm anziehen" müssen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort