Alle Erdsphären wirken im Klimasystem zusammen

Winde wehen von jetzt auf gleich, Bäume wachsen in Zentimetern pro Jahr, und ozeanische Tiefenströmungen, Kohlenstoff-Kreislauf oder große Eismassen sind dagegen die Schnecken

Alle Erdsphären wirken im Klimasystem zusammen
Foto: dpa

(ww) Was für ein Dickicht von Wechselwirkungen. Pflanzen, Vulkane, Luft, Eismassen, Ozeane. Alles wirkt untereinander, reagiert auf kleinste Störungen beim Nachbarn, nur die Sonne ist autonom und hält alle Sphären auf Trab. Dazu die Lebewesen – vom winzigen Planktontierchen, das aus dem Ozean Kohlendioxid (CO2) saugt, bis zum Menschen, der immer mehr CO2 in die Lufthülle bläst, weil sein Hunger auf Kohle und Öl schier unersättlich ist.

Aber der CO2-Hunger der kleinen CO2-Fresser im Meer kann nicht Schritt halten. Und deshalb gibt es aktuell, vereinfacht, ein Klimaproblem. Zuviel Treibhausgas namens CO2 wabert in der Atmosphäre und heizt den Planeten auf. Auf mehr Wärme reagieren alle Erdsphären, gesteuert von physikalischen Gesetzen. Das war immer so.

Wollte man die Richtung beschreiben, in die die Erdsphären in der Vergangenheit reagierten, so gab es stets ein Ziel: Störungen ausgleichen, wieder zurück in die fein austarierte, aber weitgehend stabile Ausgangsbalance schwingen. Oder, wenn die Störung zu stark und das Gleichgewicht labil wäre, einen neuen stabilen Zustand suchen – vermutlich auf höherer Betriebstemperatur.

Dabei die Klimazukunft in allen regionalen Facetten vorherzusagen, ist für die Wissenschaft schier unmöglich – zu komplex ist die Kommunikation der Erdsphären. Aber in dem geräuschlosen, zuweilen aber sichtbaren (z.B. Eisschmelze) und messbaren (z.B. Temperatur) „Geschnatter“ sind deutliche Trends erkennbar.

Die Klimaforscher versuchen alles das – mit wachsendem Erfolg – in ihren Modellen „nachzuspielen“. Sie simulierten Vergangenheit und Gegenwart. Und als das immer besser klappte, trauten sie sich an die Zukunft. Eine besondere mathematische Herausforderung lag und liegt dabei in den unterschiedlichen Tempi der Natur, denn jede Erdsphäre hat ihre eigene Reaktionszeit zwischen Spontaneität und Trägheit:

Winde wehen von jetzt auf gleich, Bäume wachsen in Zentimetern pro Jahr, und ozeanische Tiefenströmungen, Kohlenstoff-Kreislauf oder große Eismassen sind dagegen die Schnecken im Klimasystem. Sie antworten erst nach Jahrhunderten bis Jahrtausenden. Aber diese Schnecken sind die Schwergewichte auf der Klimawaage.

Sie komponieren für die Erde, das zeichnet sich ab, gerade ein neues Gleichgewicht. Beruhigend, dass es allen Erdsphären in ihrer 4,6 Milliarden langen Geschichte stets gelang, das meiste Wasser flüssig zu halten. In der kosmischen Nachbarschaft lief es anders. Mars hat nur gefrorenes Wasser, Venus nur verdampftes. Auch so kann das stabile Gleichgewicht eines Planeten aussehen.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort