Methan verhagelt Neuseeland die Treibhausgas-Bilanz

Das Land sitzt durch die Zahl seiner Wiederkäuer in der Klimafalle: 45 Millionen Schafe, 8,1 Millionen Kühe, nur 4,2 Millionen Menschen

Methan verhagelt Neuseeland die Treibhausgas-Bilanz
Foto: dpa

Die Klimaschutzdebatte läuft auf Hochtouren. Fast jeder Lebensbereich wird mit viel Mathematik durchforstet: Was belastet die Atmosphäre? Zum Beispiel: Wie viel Treibhausgas entsteht bei der Herstellung von einem Kilo Käse? Kommt er aus der Region oder hat er Flugzeug-Kilometer in seinem ökologischen Rucksack?

Was klimaschädlich ist und was nicht, ist nicht immer offensichtlich. Deshalb muss exakt gerechnet werden, denn die verschiedenen Treibhausgase sind so etwas wie unterschiedliche Währungen: Ein Methan-Molekül aus Reisfeld oder Rind wirkt wie 23 Kohlendioxid-Moleküle, und Lachgas (Kunstdünger) hat den 300-fachen Kohlendioxid-Effekt.

Die Treibhausgas-Bilanz für ein Produkt kann dann verblüffen, wenn etwa ein Kilo neuseeländisches Lammfleisch, in Europa gebraten, sich als klimafreundlicher entpuppt als ein Kilo britisches (Intensiv-Zuchtbetrieb), obwohl es mit dem Schiff um die halbe Erde gefahren wird und eine entsprechende Kohlendioxid-Emission verursacht.

Grund: Neuseelands Schafe grasen die weiten Weiden ab, während das Futter fürs britische Lamm mit viel Kunstdünger erzeugt wird. Trotzdem sitzt Neuseeland durch die schiere Zahl seiner Wiederkäuer in der Klimafalle: 45 Millionen Schafe, 8,1 Millionen Kühe, nur 4,2 Millionen Menschen. Das Vieh verursacht 90 Prozent der Methanemission Neuseelands und 43 Prozent der Treibhausgas-Bilanz des Landes.

Die Regierung hatte eine Abgassteuer geplant: 9 Cent für jedes Schaf, 54 Cent für jede Kuh. Doch die „Pupssteuer“ war nicht mehrheitsfähig. Nun droht Neuseelands Farmern ein Emissionshandel, wie ihn die übrige Welt nur für die Industrie kennt. Gleichzeitig forscht man überall auf der Welt nach Methoden, um die Ausdünstungen der 3,2 Milliarden Wiederkäuer auf der Erde zu verringern.

Wissenschaftler testen Pillen, Impfstoffe und Futtermixturen, um die Methanblähungen zu bremsen. Einfach ist das nicht, denn was sich in der komplexen Gärkammer einer Kuh, besiedelt von rund sechs Kilogramm Bakterien, abspielt, ist das Ergebnis eines über Jahrmillionen optimierten Verdauungsprozesses.

Eingriffe in mikrobielle Gemeinschaften, die man nicht vollständig durchschaut, sind nicht ohne Risiko. Andere Ansätze, etwa das Verfüttern von mehr Kokosfett, verteuern das Fleisch. Oder mit Tanninen durchsetzte Futterpflanzen: Auch die senken das Abgas, nur schmeckt es dem Vieh nicht – zu bitter.

An der Universität Perth in Australien führten Forscher Kühe in luftdichte Kammern. Dort wurde kontrolliert gefüttert und exakt die Abgasleistung gemessen. Seitdem steht fest: Eine Kuh rülpst alle 40 Sekunden.

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