Der Klimawandel wird die Inhalte der Urlaubskataloge verändern

Die globale Erwärmung verschiebt auch die touristischen Zonen

Der Klimawandel wird die Inhalte der Urlaubskataloge verändern
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Flugzeug, Auto, Bahn, Schiff – wie Touristen künftig zu ihrem Urlaubsort gelangen, ist auch eine Klimafrage. Mit wie viel Treibhausgas belastet die Anreise die Atmosphäre? Auch der Trend zu kürzeren und häufigeren Urlauben ist kein klimafreundlicher. Dabei stellt sich alsbald auch die Frage, wie der Klimawandel den Inhalt der Reisekataloge verändern wird.

Die Klimapropheten berichten von einer globalen Erhöhung der durchschnittlichen Erdtemperatur um 0,2 Grad Celsius pro Jahrzehnt bis 2030. Wenn alle den Treibhausgasgürtel enger schnallen, wird die Erdtemperatur bis 2050 nur um 2,0 bis 2,4 Grad gegenüber vorindustrieller Zeit angestiegen sein. Einmal davon abgesehen, dass diese Aussicht die optimistischste Variante widerspiegelt, trügt die Durchschnittsbetrachtung: Denn je nördlicher und kontinentaler ein Erdwinkel liegt, desto mehr wird er sich erwärmen. Das bedeutet mindestens vier Grad mehr etwa für Skandinavien – und umsatzfördernde Sommer für Nord- und Ostsee.

Für die klassischen Urlaubsziele rund ums Mittelmeer wird es weiterhin einige Seiten in den Katalogen geben. Doch wenn der seit Jahren beobachtete und bis 2030 vorausgesagte Trend sich weiter verstärkt, werden sich zwischen Kreta, Positano, Mallorca und Benidorm im Sommer bald Verhältnisse wie in der nördlichen Sahara einstellen. Alles wird in Südeuropa zunehmen: Waldbrände, ausgetrocknete Flussbetten und Hitzewellen mit Tageshöchstwerten zwischen 40 und 50 Grad.

Und wenn die Flüsse kein Süßwasser mehr in die Küstenzonen tragen, steigt der Salzgehalt – zur Freude der Quallen. Die Zahl der unerwünschten Berührungen erreichte im vergangenen Sommer an der Costa Brava einen Rekord: 20.000 Urlauber mussten vom spanischen Cruz Roja (Rotes Kreuz) behandelt werden. Vor allem wird Wassermangel ein täglicher Begleiter sein. In Andalusien werden Golfplatz und Gemüse-Bewässerung konkurrieren, wenn nicht massive Investitionen in Meerwasserentsalzungsanlagen getätigt werden.

Es ist absehbar: So wie die tropischen Fische das Mittelmeer erobern und die mediterranen Flossentiere zunehmend Nord- und Ostsee, und Dorsch und Kabeljau wiederum in arktische Gewässer flüchten, so wird die globale Erwärmung auch die touristischen Zonen verschieben. Womit das Thema unweigerlich auch die Alpen erreicht. Regen statt Schnee ist eine physikalische Zwangsläufigkeit, wenn Winter zu mild sind.

Ob Skiläufer zu Wellness-Freunden werden? Darauf spekulieren zurzeit zahlreiche Hotelbesitzer zwischen St. Anton und Davos. Das Wintersportgeschäft wird künftig arg schwächeln. Gleichwohl wird die von der Höhe abhängige Schneesicherheit die Monopolstellung einiger Skiorte weiter stärken: Zermatt, Saas-Fee, Val Thorens – die Gunst der Höhenlage könnte zu rasanten Preissteigerungen bei Skipässen führen.

Und im Sommer werden die Alpen andalusisch – wenn die großen sommerlichen Wasserspender, die Gletscher, sich verflüchtigt haben. Das Steigen der Null-Grad-Grenze lässt die Berge, zum Teil durch Dauerfrost zusammengehaltenes Geröll, zudem auftauen. Bergsteigen und - wandern könnte unberechenbar werden. Bergstürze, Geröllabgänge, Steinschlag. Väterchen Frost hält in hochalpinen Gefilden einiges zusammen. Die Arktis-Bewohner erleben das gerade: Im Sommer tauen Böden auf, die seit Jahrtausenden tiefgefroren sind. Häuser stehen darauf – und Straßen auch.

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