Biokraftstoff-Produktion und neue Energie-Landschaften

Der weltweite Run auf Energiepflanzen bringt den gefährdeten Regenwald noch mehr in Bedrängnis

Biokraftstoff-Produktion und neue Energie-Landschaften
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Die sogenannte grüne Lunge der Erde spürt eine Zangenbewegung: Der Regenwald, ob in Brasilien oder auf Sumatra (Indonesien), wird einmal vom Klimawandel bedroht, zum anderen ausgerechnet von politischen Beschlüssen, eben diesen Klimawandel zu bekämpfen.

Seitdem die Europäische Union glaubt, mit Biosprit und -diesel den Planeten kühlen zu können, und US-Präsident George Bush proklamiert, mit mehr heimischen Energiepflanzen unabhängiger von arabischem Öl zu werden – seitdem stirbt der Regenwald per Abholzung oder Brandrodung wieder schneller.

In den USA hat Bush mit seiner Rede an die Nation aus Mais eine Art gelbes Gold gemacht. Die Landwirtschaft boomt zwischen Nebraska, Iowa, Illinois, Wisconsin und Minnesota. Überall wächst Mais bis zum Horizont, und die Ethanol-Raffinerien sprießen wie Pilze aus dem Boden.

Die große Mais-Hausse bedeutet auch, dass nichts mehr exportiert wird, alles geht in heimische Autotanks. In Mexiko ist der Maisfladen Tortilla ein Grundnahrungsmittel, doch die Amerikaner lassen das gelbe Korn nicht mehr über die Grenze.

Der Boom für Ethanol und Palmöl hat die Regenwaldflächen weiter schrumpfen lassen. Es mutet paradox an, dass gerade in den artenreichsten Regionen der Erde nun weiterer Platz für Monokulturen geschaffen wird – für Treibstoffpflanzen-Plantagen. Dabei setzt das Brandroden erstmal in großen Mengen klimawärmendes Kohlendioxid (CO2) frei.

Davon einmal abgesehen, weisen immer mehr wissenschaftliche Studien nach, dass die Biokraftstoff-Produktion in großem Stil kaum ohne fossilen Energieinsatz gelingt; sie ist kaum klimaneutral. Auch entpuppt sich der Planet als zu klein: Wollte Europa nur zehn Prozent des aktuellen Kraftstoffverbrauchs durch „Bio“ ersetzen, müsste es ein Drittel seiner Ackerfläche dafür nutzen.

Der Regenwald Amazoniens, zu rund 15 Prozent bereits völlig zerstört und in vielen Teilen großflächig geschädigt, ist nicht nur aufgrund seiner biologischen Vielfalt ein einmaliges Ökosystem. Er erweist sich auch klimatisch als Besonderheit, denn der Wald erzeugt durch via Verdunstung bis zu 50 Prozent seines Niederschlags selbst – Regen, der für die Vegetation und letztlich für das komplexe ökologische Beziehungsgeflecht unentbehrlich ist.

Forscher haben gemessen, dass in Amazonien die Trockenzeiten länger werden und damit der Regenwald leichter entflammbar. Letzterer sei weniger anfällig für eine höhere Temperatur, reagiere aber empfindlich auf einen gestörten Wasserkreislauf. Entwickelt sich die Regenwald-Zerstörung auf die 40-Prozentmarke zu, fällt der Wald weitgehend als „Regenmacher“ aus.

Mit anderen Worten: Die Zerstörung unterstützt den latenten Klimawandel-Trend. In Klimamodellen, die das Szenario „ungebremste Entwaldung“ simulieren, wandelt sich dieser vor Artenvielfalt nur so strotzende Erdwinkel bis 2050 zu einer kargen Savannenlandschaft.

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