Der Emissionshandel sorgt für Effizienz beim Klimaschutz

Neue Rahmenbedingungen für die Vergabe von Emissionszertifikaten

Bonn. Es klingt zuerst einmal paradox: Damit die Unternehmen weniger umweltschädliches CO2 in die Atmosphäre jagen, wird ihnen genau dafür ein Freibrief erstellt. Nichts anderes ist ein Emissionszertifikat: das Recht, die Umwelt zu verschmutzen.

Und trotzdem: Auf den zweiten Blick ist der Handel mit der Luftverpestung ein cleveres System, das - so es denn wie gewünscht funktioniert - den Umweltschutz mit besonders wenigen Verlusten vorantreibt.

Die Grundidee der Ökonomen: Weniger Schadstoffe auszustoßen, ist für die einen Unternehmen einfacher als für die anderen. Daher ist es sinnvoll, dass zuerst an der Stelle eingespart wird, an der die Verminderung des Schadstoffausstoßes die wenigsten Kosten verursacht. Ein Verbot würde alle Umweltverschmutzer gleichermaßen treffen - ungerecht und nicht effizient, urteilen Wissenschaftler.

Also sollen es die Mechanismen des Marktes richten. Beim Zertifikate-Handel lohnt es sich für die Unternehmen, denen Energiesparen leicht fällt, es auch zu tun. Denn sie können die übrigen Verschmutzungsrechte weiterverkaufen. Wer nur unter großem Aufwand seinen CO2-Ausstoß eindämmen kann, dem bleibt der Kauf von Zertifikaten als Ausweg.

Wie viel Verschmutzung durch Treibhausgase es insgesamt geben darf, bestimmt der Staat - beim Emissionshandel genau wie bei einem Verbot. Er legt die Gesamtmenge fest, für die Zertifikate ausgegeben werden. Der einzige Unterschied zu Verboten ist, dass an anderen - nämlich effizienteren - Stellen der klimaschädliche Ausstoß reduziert wird.

Noch muss sich das System allerdings in der Realität beweisen. Deutschland gibt seit 2005 Verschmutzungszertifikate an Kraftwerke und Fabriken aus, die an der Leipziger Energiebörse gehandelt werden. Die Firmen brauchen für die zugeteilten Ausstoßrechte nichts zu bezahlen. Das hat immer wieder zu Kritik geführt.

So haben deutsche Energieversorger auf ihre Strompreise die Gewinnspanne aufgeschlagen, die ihnen entgangen ist, weil sie ihre Verschmutzungsrechte genutzt haben, anstatt sie weiterzuverkaufen. Derzeit bleibt offen, ob der Staat künftig zumindest einen Teil der Zertifikate versteigert.

Ein weiterer Knackpunkt: Die Zuteilung fiel für die erste Handelsrunde dermaßen großzügig aus, dass es sich für kaum ein Unternehmen lohnte, deutlich weniger CO2 auszustoßen.

Bald geht der Rechtehandel in Deutschland in die zweite Runde: 2008 beginnt eine neue Phase über vier Jahre. Am vergangenen Mittwoch hat das Kabinett für diesen Zeitraum die neuen Gesamtwerte festgelegt. Sie fallen zumindest etwas strenger aus.

Mit insgesamt 453 Millionen Tonnen dürfen die Kraftwerke und Fabriken in diesem Zeitraum 57 Tonnen CO2 weniger als bisher ausspucken. Besondere Neuregelung für Kraftwerksbetreiber: Die Zuteilung von Zertifikaten richtet sich nach dem technischen Stand der Anlagen. Wer die Umwelt stark verschmutzt, soll draufzahlen.

Der Politikerstreit um die neuen Regelungen ist längst im Gange. Wer bekommt wieviele Rechte? Werden Kohle oder Gas bevorzugt? Gibt es genug Rechte für Anlagen-Neubauten? Bisher waren es eher Fehler in der Ausgestaltung als Makel im eigentlichen System, die den Emissionsrechtehandel in Verruf gebracht haben.

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