Auswirkungen des Klimawandels auf die Nordsee

Zwar profitiere die Tourismus-Branche kurzfristig vom Wetter, doch am Ende werde es vorrangig Verlierer geben

Auswirkungen des Klimawandels auf die Nordsee
Foto: ap

Steigende Temperaturen und neue Meeresbewohner: Die Auswirkungen des Klimawandels auf die Nordsee werden immer deutlicher. "Die Veränderungen sind unübersehbar", sagt Meeres-Geologe Hartmut Heinrich. "Wir müssen uns auf Veränderungen in vielen Bereichen einstellen", prophezeit der Experte vom Bundesamt für Seeschifffahrt und Hydrographie (BSH) in Hamburg.

So ist die durchschnittliche Wassertemperatur der südlichen Nordsee nach jüngsten Angaben des Alfred-Wegener-Instituts (AWI) in den vergangenen 40 Jahren um 1,1 Grad Celsius gestiegen. Dies deckt sich auch mit Untersuchungen auf der Nordsee-Insel Sylt.

Ende März war das Meer laut BSH sogar schon so warm wie normalerweise erst Anfang Mai. Die Auswertungen der Nordsee-Temperaturen im Winterquartal zeigten, wie massiv die Auswirkungen des globalen Klimawandels auf die Nord- und Ostsee bereits seien, sagt BSH-Wissenschaftler Heinrich.

Die steigenden Wassertemperaturen wirken sich auf Flora und Fauna aus. Seit Jahren beobachte man schon deutliche Veränderungen im Spektrum der Meeresbewohner, sagt AWI-Meeresforscher Friedrich Buchholz. Dies zeige sich etwa bei den Fischen: So werde die Streifenbarbe, ein typischer Mittelmeerfisch, seit einiger Zeit häufiger in der Nordsee gesichtet. Auch Sardinen, Sardellen, Wolfsbarsche und die Pazifische Auster würden inzwischen regelmäßig beobachtet, berichtet Buchholz, der unter anderem auf Deutschlands einziger Hochseeinsel Helgoland an Langzeit-Untersuchungen gearbeitet hat. Allerdings dürften Arten, die seit einigen Jahrhunderten in der Nordsee zu finden sind, künftig geringe Chancen haben, glaubt Buchholz.

Der Dorsch beispielsweise wandere aus seinem gewohnten Lebensraum in kühlere Gefilde ab. "Insgesamt ist eine Verschiebung des Artenspektrums Richtung Norden zu beobachten", sagt Buchholz. Andere Forscher halten es für möglich, dass die exotische pazifische Auster die heimische Miesmuschel als vorherrschenden Organismus ablöst. Experten befürchten zudem, dass die höheren Temperaturen verstärkt fremde Algen und Quallen mit sich bringen. Das darf man sicher nicht unterschätzen, sagt Buchholz. Auch das Wachstum von gefährlichen Blaualgen werde gefördert. Dies sei allerdings vor allem ein Problem an der Küste der Ostsee.

Auch die Wellen in der Nordsee sind in den vergangenen Jahren höher geworden: Während eines Orkans Anfang November 2006 seien die größten Brecher bis zu zwei Meter höher gewesen als früher. "Ob die Extremwellen mit der Erwärmung zu tun hatten, wissen wir nicht", sagt BSH-Experte Heinrich. "Wir wissen nur, dass diese Höhen bisher nicht gemessen und auch nicht vermutet wurden."

Kurzfristig gibt es auch Gewinner: Von steigenden Temperaturen und prallem Sonnenschein profitiert die Tourismus-Branche an den Küsten. Schon jetzt haben die Tourismusverbände an der Nordsee den Eindruck, dass sich das Wetter positiv auf die Besucherzahlen auswirkt hat. "Wir sehen ganz klar, dass mehr Gäste kommen, wenn das Wetter stabiler ist", sagte Carsten Moormann von der Ostfriesland Tourismus GmbH. "Auf lange Sicht überwiegen aber ganz sicher die negativen Aspekte der klimatischen Veränderungen", betont Heinrich.

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