"Wer hat an meinem Bett gerüttelt?"

Umfrage in Bonn - Viele hörten erst in den Nachrichten von den Erdstößen - Erinnerungen an 1992

Bonn. Ingeborg Schmitz war mit der Morgentoilette beschäftigt und sich keiner Schuld bewusst, als sich ihr Mann mit einem gewissen Vorwurf in der Stimme erkundigte, warum sie an seinem Bett gerüttelt habe.

Die Marktverkäuferin wohnt am Lievelingsweg und hatte im Traum nicht daran gedacht, am Bett ihres Mannes zu rütteln: "Was immer da an seinem Bett gerüttelt hat, ich habe nichts davon bemerkt." Damit ist sie in guter Gesellschaft eines großen Teils der vom GA nach ihrer Wahrnehmung des Erdbebens befragten Bürger.

Erst im Laufe des Vormittags wurde die Naturgewalt zunehmend Thema der Kundschaft an ihrem Obststand auf dem Marktplatz.

Die Gärtnerin Kerstin Günther aus Rösberg hat schon irgend etwas gemerkt, war sich bis zum Eintreffen ihrer Freundin Margitta Kandelberger aber überhaupt nicht sicher, was es gewesen sein könnte.

Diese hatte beim Bäcker von dem Erdbeben gehört, selbst aber nichts gespürt oder gehört. Beunruhigt waren beide nicht: "Wir haben uns im Internet Berichte über Erdbeben in Japan angeschaut." Dagegen halten sie das Geschehen im Rheintal eher für ein harmloses "Säuseln".

Als Gertrud Loerper in der Kölnstraße das Rumpeln in ihrer Wohnung hörte, ordnete sie es zunächst handwerklichen Aktivitäten ihres Vermieters zu. Nachdem sie diesen bei ihrer Recherche auf dem Dach jedoch nicht angetroffen hatte, suchte sie nach einer anderen Erklärung und erinnerte sich an das Beben von 1992: "Das konnte man sehr viel deutlicher spüren. Ich hatte damals einen Wellensittich. Der war schon Stunden vorher nervös", erzählt die 81-Jährige und weist es weit von sich, selbst nervös gewesen zu sein.

Anke Pelz und Tim Harders kommen aus Bremen, besuchen Freunde in Bonn. In deren Wohnung in der Altstadt haben sie zwar ungewöhnliche Geräusche und ein fremdartiges Vibrieren wahrgenommen, "wir waren aber noch so verschlafen, dass wir glaubten, noch zu träumen."

So beschlossen sie, die nächtliche Ruhestörung zunächst zu ignorieren und ihre Träume nahtlos fortzusetzen. Erst die Radionachrichten klärten sie später über die wahren Hintergründe auf, aber ihren Bummel durch Bonn wollten sich die Touristen nicht einmal durch bebende Erde vermiesen lassen.

Die Ruhe weg hatte auch der kleine Leon-Elias, der allerdings auch noch in einem Alter ist, in dem Windeln von hohem Tragekomfort und die richtige Temperatur des Milchbreis eine größere Rolle spielen als Punkte auf der Richterskala. Seine Oma Regina Heimbürger dagegen hatte das Beben im zweiten Stock eines Hauses in Beuel "deutlich mitbekommen.

Es rumorte kurz, mein Bett wackelte und ich habe mich schon erschrocken", erzählt die Erzieherin. An ihrer Tochter und ihrem Enkel, die im Bonner Talweg wohnen, sei das Spektakel unbemerkt vorbeigezogen.

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