Kater Bruno ist auch so ein lebender Seismograf. Dessen Vorahnung muss schon am Sonntagabend eingesetzt haben. Es fing an mit Durchfall, wozu er sonst überhaupt nicht neigt. Vermutlich so eine Art innerer Dammbruch als dunkles Vorzeichen für die sich anbahnenden Naturgewalten.

Leider versteht der Mensch sein Tier nicht immer, und nicht immer richtig. Der Mensch diagnostizierte Magen-Darm-Verstimmung. Danach saß Bruno auffallend verstimmt auf seinem Platz und horchte in sich hinein.

Andere Katzenbesitzer wollen bemerkt haben, dass ihre Katze kurz vor dem Beben ganz anders gemaunzt haben soll als in erdbebenfreien Zeiten. Bruno jedenfalls horchte auf das innere Gegrummel, dass sich in den frühen Morgenstunden des 22. Juli zu einem Erdbeben ausweiten sollte.

Bruno hatte es geahnt. Nur Brunos Frauchen hat nichts verstanden und das morgendliche Getöse im Wohnzimmer als übertriebenes Genesungszeichen ihres Katers interpretiert, der seine wieder erwachte Lebensfreude gemeinsam mit Kater Willi auslebte.

Das geht zu weit, dachte Brunos Dosenöffnerin noch. Bis sie die Nachrichten hörte.

Auch andere haben das morgendliche Beben zunächst falsch interpretiert. Als die Frau eines Kollegen, die sich zu diesem Zeitpunkt im Dachgeschoss ihres Hauses befand, ihrem Gatten kurz vor acht zurief, dass der Dachbalken plötzlich bebe, konterte der in Naturgewalten äußerst erfahrene Mann: "Schatz, das ist nur das Holz. Das arbeitet."