Erdbeben in Kalifornien "Ich dachte, das sei 'The Big One'"

SAN FRANCISCO · Mehr als 90 Verletzte bei Erdbeben in Kalifornien. Schwerster Erdstoß in der Region seit 25 Jahren.

 Der Morgen nach dem Beben: Ein Erdbeben die Region um die kalifornische Stadt Napa erschüttert.

Der Morgen nach dem Beben: Ein Erdbeben die Region um die kalifornische Stadt Napa erschüttert.

Foto: ap

Beim schwersten Erdbeben im Norden Kaliforniens seit 25 Jahren sind gestern mehr als 90 Menschen verletzt worden. Unter ihnen seien auch zwei Schwerverletzte, teilten die Rettungskräfte der Stadt Napa mit. Der Erdstoß der Stärke 6,0 ereignete sich am frühen Morgen, er überraschte die meisten Einwohner der Region nordöstlich von San Francisco im Schlaf.

In Zehntausenden Haushalten fiel der Strom aus. Der Gouverneur des US-Staats rief für die am härtesten getroffene Weinanbauregion um Napa den Notstand aus. Jerry Brown wies mit seiner Proklamation alle staatlichen Behörden an, die Aufräum- und Bergungsarbeiten zu unterstützen.

Das Zentrum des Bebens um 3.20 Uhr (Ortszeit, 12.20 Uhr MESZ) lag nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS 10,8 Kilometer unter der Erdoberfläche nordwestlich von American Canyon im für seine Weine berühmten Napa Valley. Im Laufe der folgenden Stunden gab es mehrere Nachbeben, darunter eines der Stärke 3,6.

Die Erschütterungen waren bis in die mehr als 60 Kilometer entfernte Metropole San Francisco zu spüren, wo ebenfalls Menschen durch die Erschütterung aus dem Schlaf gerissen wurden.

Auf dem Kurznachrichtendienst Twitter berichteten sie von heftigen Schwankungen, Stromausfällen und zerbrochenem Glas. Der Erdstoß sei zudem recht lang gewesen. Nach vorläufigen Angaben der Rettungskräfte von Napa Valley gab es keine Todesopfer. In der wichtigsten Stadt der Region, Napa, seien aber zwei Schwerverletzte geborgen worden.

Sechs Großbrände, der Transport verletzter Einwohner, die Durchsuchung von Häusern nach möglicherweise Eingeschlossenen und zahlreiche Anrufe wegen Gaslecks, Wasserrohrbrüchen und gekappten Stromleitungen brachten die örtliche Feuerwehr an ihre Grenzen, wie ihr Chef in Napa, James Callahan, mitteilte. Inspektoren prüften beschädigte Gebäude, Brücken und Straßen. Callahan, sagte, die Schäden durch die sechs vom Beben verursachte Großbrände seien noch nicht zu beziffern, sie könnten aber beträchtlich sein. Dazu kämen etliche kleinere Feuer. Die Brandbekämpfung sei erschwert, weil mehrere Hauptwasserleitungen geborsten seien.

Mehrere Autobahnzufahrten sowie mindestens zwei Straßen in Napa Valley wurden wegen Beschädigungen gesperrt. Die Verkehrspolizei in der Bucht von San Francisco kündigte an, sie überprüfe alle Brücken auf mögliche Schäden. Eine Brücke wurde vorsorglich gesperrt.

In der Bucht von San Francisco fiel in mehr als 30 000 Haushalten der Strom aus, in Napa saßen die Menschen in 28 000 Wohnungen im Dunkeln. Im historischen Zentrum der bei Touristen beliebten Stadt wurden zudem viele Fassaden beschädigt, unzählige Fenster gingen zu Bruch. Auch die Weingüter der Region wurden hart getroffen. "Ich dachte, das sei 'The Big One'", sagte ein Augenzeuge auf CNN. "Ich habe mein ganzes Leben in San Francisco verbracht und immer wenn es länger als zehn Sekunden bebt, denkst du: Jetzt ist es soweit." Seit Generationen fürchten die Menschen in Kalifornien "The Big One" - das überfällige Großbeben.

Der Erdstoß vom Sonntagmorgen war laut mehrere Medienberichte das schwerste Beben in der Region seit dem Loma-Prieta-Beben nahe San Francisco 1989 mit einer Stärke von 6,9. Damals waren 63 Menschen ums Leben gekommen und massive Schäden entstanden. Der gesamte Westen des amerikanischen Doppelkontinents liegt am sogenannten Pazifischen Feuerring, der seismisch besonders aktiv ist.

Erst am Samstagabend hatte ein heftiges Erdbeben das Zentrum von Chile erschüttert und zahlreiche Menschen in Panik versetzt. Das Beben erreichte nach Angaben der US-Erdbebenwarte USGS eine Stärke von 6,4.

Laut Behörden ereignete sich das Beben um 18.35 Uhr (Ortszeit, Sonntag 00.35 Uhr MESZ) rund 39 Kilometer westlich der Stadt Quillota. Es war auch in der mehr als hundert Kilometer entfernten Hauptstadt Santiago de Chile sowie in fünf weiteren zentralen Regionen zu spüren. Dem Katastrophenschutz zufolge wackelten einige Gebäude in Santiago 30 bis 40 Sekunden lang, was viele Menschen in Panik versetzte. In einigen Stadtvierteln von Santiago fiel kurzzeitig der Strom aus.

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