Sturmtief verschont NRW „Ein Grad kälter und wir hätten das Chaos gehabt“

Bonn · Das Sturmtief „Egon“ ist in Teilen Nordrhein-Westfalens angekommen. Bereits in der Nacht wurde es ungemütlich. Allen Vorwarnungen zum Trotz zunächst aber ohne die befürchteten Schneemassen.

 Ein Mann schippt am 13.01.2017 in Netterheim (Nordrhein-Westfalen) Schnee. Sturmtief „Egon“ zieht mit Schnee, Regen und Orkanböen über Deutschland.

Ein Mann schippt am 13.01.2017 in Netterheim (Nordrhein-Westfalen) Schnee. Sturmtief „Egon“ zieht mit Schnee, Regen und Orkanböen über Deutschland.

Foto: dpa

Der Deutsche Wetterdienst hob seine Unwetterwarnung vor starkem Schneefall für weite Teile von NRW am Freitagmorgen auf. „Ein Grad kälter und wir hätten das Chaos gehabt“, sagte Meteorologe Thomas Gerwin im Hinblick auf die Lage in NRW. Nur im Bergischen Land könne es noch ein wenig stärker schneien. „Aber wo es den dicken Berufsverkehr gibt, da ist das Thema Schnee durch“, so Gerwin weiter.

Unter anderem im Sauerland, im Siebengebirge, in der Eifel und im nördlichen Münsterland gab es hingegen Schnee. Im Bergischen Land lag in der Nacht auf der Autobahn 4 eine geschlossene Schneedecke, ebenso auf der Autobahn 44 bei Aachen, berichtete die Polizei in Köln. Auf der A59 staute sich der Verkehr in Richtung Köln auf zehn Kilometern Länge. Grund war ein Unfall.

Zwischenzeitlich staute sich der Verkehr auf den Autobahnen in NRW am Freitagmorgen auf einer Länge von mehr als 190 Kilometern.

Die Autobahn 30 musste bei Rheine in Richtung Niederlande gesperrt werden, weil sich auf verschneiter Straße ein Lastwagen quergestellt hatte. Die Bergung werde voraussichtlich bis 9.00 Uhr am Freitagmorgen dauern, sagte ein Polizeisprecher in Duisburg. Verletzt wurde niemand.

Bis zum frühen Morgen war der Zugverkehr normal unterwegs, wie ein Sprecher der Deutschen Bahn mitteilte. Es könne allerdings in Teilen zu Verspätungen kommen, durch eingeschneite Sensoren an Bahnübergängen. Die Bahn drosselte die Höchstgeschwindigkeit der ICE bis auf weiteres auf Tempo 200, wie das Unternehmen am Freitagmorgen bestätigte. Seit Betriebsbeginn führen die Züge langsamer.

An den Flughäfen Düsseldorf und Köln/Bonn startete der Flugverkehr am Morgen ohne Probleme. „Hier ist alles grün“, sagte ein Sprecher des Düsseldorfer Airports. In Köln/Bonn hieß es am Morgen: „Ganz normaler Winterbetrieb, Start- und Landebahn sind frei.“

Der Deutsche Wetterdienst hatte bis zu 30 Zentimeter in den Hochlagen erwartet. Für das Flachland hatten sie mehr als 10 Zentimeter prognostiziert und vor Folgen für den Berufsverkehr gewarnt.

Tief Egon wütet in Deutschland

Sturmtief „Egon“ hat am Freitagmorgen in Teilen Niedersachsen den Verkehr lahm gelegt und mit Schneeregen und ersten Windböen auch Berlin und Brandenburg erreicht. Im Emsland stellten sich Laster quer und Autos rutschten in Gräben. Betroffen war auch der Bahnverkehr.

Die Strecke zwischen Hannover und Bremen musste wegen Unwetterschäden gesperrt werden, wie die Bahn mitteilte. Auch in anderen Bundesländern waren Gleise zwischenzeitlich gesperrt und es kam zu Verspätungen. Die Bahn drosselte die Höchstgeschwindigkeit der ICE zudem bis auf weiteres auf Tempo 200.

In der Nacht hatte das Tief Deutschland von Westen her erreicht. Im Saarland und in Rheinland-Pfalz fegte der Wind teils mit Orkanstärke über das Land und entwurzelte Bäume. Es kam zu Verkehrsbehinderungen und Stromausfällen. Es habe seit Mitternacht massive Probleme mit dem Sturm gegeben, sagte ein Sprecher des Lagezentrums in Saarbrücken am frühen Freitagmorgen.

In Baden-Württemberg gab es mehr als 400 Polizeieinsätze. Wie Sprecher der zwölf Polizeipräsidien mitteilten, ging es überwiegend um umgestürzte Bäume, umgewehte Bauzäune und Verkehrsschilder, die der Sturm mitriss. Die meisten Einsätze wurden aus dem Polizeipräsidium Heilbronn gemeldet. Laut einem Sprecher mussten die Beamten seit 0.00 Uhr 126 Mal ausrücken. Er sprach von zum Teil „chaotischen Zuständen“ auf den Straßen.

Auf dem 554-Meter-hohen Weinbiet in Rheinland-Pfalz erreichte der Wind Geschwindigkeiten von bis zu 148 Kilometern in der Stunde. Auch in Hessen brachte „Egon“ Sturm. Dort gab es zahlreiche Einsätze wegen umgestürzten Bäumen und Gegenständen, die auf die Fahrbahn geflogen waren.

„Egon“ bringt wohl auch weiter Sturmböen und Schnee. Bei nassem Schnee und starkem Wind könnten erneut Stromleitungen und Bäume umknicken. „Das ist eine sehr gefährliche Kombination“, sagte Meteorologe Adrian Leyser vom DWD.

Am Wochenende dürften vor allem im Hochland winterliche Bedingungen herrschen. Doch der starke Wind könnte Wintersportlern und Spaziergängern auch dann noch den Spaß verderben.

230.000 Haushalte in Frankreich ohne Strom

Auch in anderen Teilen Europas zeigte sich der Winter von der ungemütlichen Seite. Nach dem Durchzug eines schweren Wintersturms saßen in Nordfrankreich etwa 230 000 Haushalte im Dunkeln. Das berichtete der Radio-Nachrichtensender Franceinfo am Freitag mit Verweis auf den Netzbetreiber Enedis.

Besonders betroffen seien die küstennahen Regionen Normandie und Picardie. Böen erreichten laut Sender bis zu 150 Stundenkilometer. Zahlreiche Bäume stürzten um. Enedis habe etwa 1200 Techniker eingesetzt, um die Stromversorgung wiederherzustellen.

Voting: Wie finden Sie den Wintereinbruch?

Schnee, Eis, Minusgrade - für viele Menschen ist das Wetter, das in den nächsten Tagen in NRW erwartet wird, ein Grund für Freude. Endlich mal durch die weiße Landschaft wandern, Schlittenfahren oder mit dem Nachwuchs einen Schneemann bauen. Für andere ist die Aussicht ein Graus: Erhöhte Unfallgefahr, Staus, Eiskratzen und Schnee vor der Haustür räumen.

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(ga/dpa)

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