Hoffnung für 76-jährige Swisttalerin

Ich musste immer ran." Schon als Kind schuftete Anna F. nach der Schule auf dem Acker. Die 76-Jährige Swisttalerin blickt auf ein arbeitsreiches und karges Leben zurück. Kartoffeln ausbuddeln und auflesen am Nachmittag war Pflicht.

 Einsam, mittellos und mit wenig Kontakt zur Außenwelt bleiben Senioren häufig nach dem Tod des Partners zurück.

Einsam, mittellos und mit wenig Kontakt zur Außenwelt bleiben Senioren häufig nach dem Tod des Partners zurück.

Foto: dpa

Wenn die anderen Kinder im Sommer ins Schwimmbad gingen, blickte sie ihnen nur traurig nach. Eine Ausbildung kam nicht in Frage: "Du heiratest ja doch", sagte der Vater. Mit 17 Jahren lernte sie auf dem Kirmesball dann auch ihren Gerd kennen. Der Arbeiter machte ihr schöne Augen. "Der konnte tanzen." Schnell träumte sie von einem leichteren Leben als Ehefrau und Mutter, umsorgt von einem liebevollen Ehemann. Das Paar heiratete überstürzt, als Anna schwanger wurde. Schnell stellte sich heraus, dass sich die junge Frau in ihrem Gerd getäuscht hatte. Immer wieder verlor er wegen seines Alkoholproblems die Arbeit. Er verließ die kleine Familie. Schließlich starb er an den Folgen seiner Alkoholsucht.

"Das war schwer für mich, aber besser für das Kind." Anna F. musste sich und ihren kleinen Sohn nun allein ernähren. Sie gab das Kind schweren Herzens der Mutter und suchte sich Arbeit. Für Frauen ihrer Generation und ohne Ausbildung gab es wenig Auswahl. Die kleine Witwenrente reichte nicht. Anna F. schuftete erst in der Fliesenfabrik, dann packte sie Einmachgläser ein. "Meine einzige Freude war das Wiedersehen mit dem Sohn am Abend."

Auch Rentnerin Margret S. stand plötzlich ohne eigenes Geld da. Ihr 78-jähriger Ehemann starb unerwartet nach einem Schlaganfall kurz vor Weihnachten. Nach der Beerdigung kommt die 76-jährige Witwe jetzt nicht zur Ruhe. Sie hat Angst vor der Zukunft. "Aloys hat doch immer den Papierkram gemacht." Sie hat Angst vor der Zukunft. "Werde ich meinen bescheidenen Lebensstandard halten können? Muss ich ausziehen? Kann ich mir die Miete leisten?" Die Witwe weiß nicht, wie es um ihre Finanzen steht. Sie muss sich nun selbst um die Formalitäten kümmern.

Doch zunächst hat sie Luft. In den ersten drei Monaten nach dem Tod des Mannes ändert sich erst mal nichts. Die Rentenversicherung zahlt während des so genannten Sterbevierteljahres die volle Rente des Ehemannes weiter. Doch dafür muss grundsätzlich zum Todeszeitpunkt eine rechtsgültige Ehe bestanden haben. Später unterscheidet der Versicherungsträger zwischen der kleinen und der großen Witwenrente.

Mit 76 Jahren erfüllt Margret S. die Voraussetzungen der großen Witwenrente. Dafür muss das 45. Lebensjahr überschritten sein. Seit dem 1. Januar steigt das Mindestalter in monatlichen Schritten stufenweise bis auf 47 Jahre im Jahr 2029. Die anderen Voraussetzungen für die große Rente sind minderjährige oder behinderte Kinder, die versorgt werden müssen oder die eigene Erwerbsminderung. Mit der großen Witwenrente bekommt Margret S. dann 55 Prozent der Rente des Ehemannes zusätzlich zur eigenen. Die Swisttalerin ist erleichtert, ihr Einkommen reicht, sie kann in ihrem Häuschen wohnen bleiben.

Hätte sie keine der oben genannten Voraussetzungen erfüllt, hätte ihr lediglich die kleine Witwenrente zugestanden. Sie beträgt vereinfacht 25 Prozent der Rente des Verstorbenen. Hat die Ehe bis zum Tod des Ehegatten nur ein Jahr gedauert, muss der Hinterbliebene beweisen, dass es sich nicht um eine Versorgungsehe gehandelt hat, deren einziger Zweck es gewesen war, später Hinterbliebenenrente zu beziehen. Besteht ein eigenes Einkommen, ist ein Freibetrag in Höhe des 26,4-fachen des aktuellen Rentenwertes zu berücksichtigen. Maximal beträgt der Freibetrag derzeit im Westen 718 Euro.

Bis 2002 betrug die große Witwenrente 60 Prozent der Rente des Ehepartners. Als Ausgleich wird seither die Kindererziehung berücksichtigt. Hinterbliebene, die Kinder erzogen haben, erhalten einen dynamischen Zuschlag. Ein Beispiel: Bei der großen Witwenrente sind das derzeit monatlich 54,39 Euro (alte Bundesländer). Für jeden Erziehungsmonat über die Mindestzeit von drei Jahren, gibt es 76 Cent Zuschlag.

Weitere Informationen gibt es bei der Deutschen Rentenversicherung im Internet unter www.deutsche-rentenversicherung.de

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