Kliniken Spezial Engpass im Herzgefäß

Die Behandlung von Arteriosklerose und Infarkt ist eine Erfolgsgeschichte der modernen Medizin.

 Unter Röntgenkontrolle wird der Katheter bis zum verengten Herzgefäß geschoben.

Unter Röntgenkontrolle wird der Katheter bis zum verengten Herzgefäß geschoben.

Arteriosklerose, Angina pectoris, Herzinfarkt. Noch immer stehen die Herz- und Kreislauf-Erkrankungen in der Todesursachenstatistik der Bundesrepublik an erster Stelle. Nahezu jeder zweite stirbt daran. Häufigste Ursache ist die chronische Durchblutungsstörung der Herzkranzgefäße, die den Herzmuskel versorgen (Koronarsyndrom), Hauptdiagnose der akute Herzinfarkt.

Wie entstehen diese Krankheitsbilder? Das geschieht nicht von heute auf morgen, vielmehr spielt sich im Körper ein langer Prozess ab, bei dem mehrere Risikofaktoren zusammenwirken, insbesondere sind das ein erhöhter Blutdruck, Übergewicht, eine Fettstoffwechselstörung, die zu erhöhten Cholesterinwerten im Blut führt, Nikotinkonsum sowie Diabetes. Durch diese Einflüsse verdicken sich die Wände der Herzkranzarterien, und in die Gefäßinnenhaut lagert sich Cholesterin ein, das mit der Haut verwächst. Diese Ablagerungen verkalken, es entsteht Plaque. Die Folge ist eine Verengung der Arterie (Arteriosklerose), und die Gefäßwand verliert ihre Elastizität. Die Verengung macht sich beim Patienten als Angina pectoris bemerkbar, er leidet unter Atemnot. Der Verlust der Elastizität kann zum Aufbrechen der Plaque und damit zu einer Verletzung der Innenhaut der Arterie führen. Wenn das Blutgerinnsel dann ein Herzgefäß verstopft, kommt es zum Infarkt, das heißt, das Herzmuskelgewebe wird nicht mehr durchblutet.

Infarktpatienten sind hochgradig gefährdet, denn es bleiben nur wenige Stunden, um das Absterben des Gewebes zu verhindern. Breit angelegte Aufklärungskampagnen sowie die Einrichtung von hochspezialisierten Spezialstationen in den Krankenhäusern, den sogenannten „Chest Pain Units“, haben aber dazu geführt, dass bei den typischen Symptomen, die oft in den Morgenstunden auftreten – ein schweres Druck- und Engegefühl hinter dem Brustbein mit schweren Schmerzen, die in den linken Arm und den Kiefer ausstrahlen, Luftnot und Angst –, schnell gehandelt wird.

Infarkt-Patienten, bei denen das Blutgerinnsel das Gefäß in der Regel vollständig verschließt, kommen unmittelbar ins Herzkatheter-Labor. Hier schiebt der Kardiologe über die Leiste oder die Armarterie einen Führungskatheter, einen dünnen Schlauch, durch die Blutbahn bis ins Herz und dehnt die Verengung mit Hilfe eines Ballons auf. Ein Blutpfropf ist beim frischen Infarkt noch so weich, dass er ihn durchstoßen kann. Je schneller die normale Durchblutung des Herzmuskels wieder sichergestellt wird, umso besser die Heilungschance für den Patienten, denn Herzmuskelgewebe kann sich nicht ohne weiteres regenerieren.

Alle anderen Infarktpatienten werden je nach Symptomen auf der „Chest Pain Unit“ oder der kardiologischen Überwachungsstation beobachtet und erhalten eine gezielte Vordiagnostik: Laborwerte, EKG, Echokardiographie, ggf. Kardio-CT. Danach entscheidet sich, welche weiteren Therapien erforderlich sind.

Die meisten Herzkrankheiten sind laut Erhebungen der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie (DGK) auf Durchblutungsstörungen zurückzuführen. Nach wie vor sind Männer davon deutlich häufiger betroffen als Frauen und haben zudem die schlechtere Prognose, zeigt der aktuelle „Deutsche Herzbericht“. Die Patienten, die aufgrund akuter Herzprobleme ins Krankenhaus müssen, sind zu 67,7 Prozent männlich, bei den chronischen Durchblutungsstörungen am Herzen sind es sogar 73,1 Prozent. Aber auch Frauen sind mittlerweile massiv von koronaren Herzkrankheiten betroffen: Herzinfarkt wird bei unter 60jährigen viel häufiger diagnostiziert als Brustkrebs.

Allerdings zeigt der „Deutsche Herzbericht“ auch, dass bei diesen Verschlusskrankheiten die Sterblichkeit seit Jahren deutlich abnimmt, so dass DGK-Präsident Prof. Dr. Hugo Katus (Heidelberg).betont: „Die Behandlung koronarer Herzerkrankungen (KHK) zählt zu den größten Erfolgsgeschichten der deutschen Herz-Medizin.“ Auch die Zahl der KHK-bedingten Krankenhausaufnahmen ist seit dem Jahr 2000 rückläufig. Die Sterblichkeit dieser Patienten ist zwischen 1995 und 2015 um 18,1 Prozent zurückgegangen, bei den Herzinfarkt-Patienten zwischen 1990 und 2015 sogar um 45 Prozent. „Diese positiven Entwicklungen sind auf den Ausbau der ambulanten Diagnostik und Therapie zurückzuführen, zeigen aber auch die Erfolge der verbesserten Präventions- und Behandlungsmöglichkeiten“, analysiert Prof. Dr. Albrecht Elsässer (Oldenburg), Sprecher der DGK-Arbeitsgruppe Interventionelle Kardiologie (AGIK).

Kathetertechnik senkt die Sterblichkeit

Patienten mit Herzinfarkt werden heute primär mit Hilfe der Kathetertechnik nicht nur untersucht, sondern auch behandelt. So hat die Wiedereröffnung der verschlossenen Gefäße sowie Aufdehnung mittels eines Ballonkatheters im Vergleich zur ausschließlich medikamentösen Blutgerinnsel-Auflösung (Thrombolyse) zu einer deutlichen Senkung der Sterblichkeit geführt: Starb vor einigen Jahren noch etwa jeder zehnte Patient, der das Krankenhaus nach einem akutem Herzinfarkt erreichte, beträgt die Sterblichkeit heute nur noch 8,5 Prozent – und das, obwohl die Patienten immer älter sind.

Mehr als neun von zehn Patienten, bei denen ein verschlossenes Gefäß in einer Herzkatheteruntersuchung aufgedehnt wurde, erhalten im Anschluss eine Metallstütze (Koronar-Stent), um es offen zu halten. Diese Drahtgeflechte, die ggf. mit einem Medikament beschichtet sind, werden durch den Katheter eingeführt, unter Röntgenkontrolle platziert und entfaltet und heilen dann in die Gefäßwand ein. Mittlerweile hat sich die Kombination von Untersuchung, Ballon-Aufdehnung und abschließender Stent-Implantation sogar so weit bewährt, dass vielen Patienten dadurch eine belastende Bypass-Operation erspart werden kann. Der Eingriff im Herzkatheterlabor ist dagegen sehr schonend und kann in vielen Fällen ambulant durchgeführt werden.

Eine Bypass-Operation ist notwendig, wenn das Hauptkranzgefäß der linken Herzkammer oder mehrere Herzkranzgefäße an verschiedenen Stellen betroffen sind. Sie wird in Vollnarkose und meistens mit Hilfe der Herz-Lungen-Maschine durchgeführt. Dabei legen die Ärzte das Herz für den Zeitraum der Operation still, und die Herz-Lungen-Maschine hält den Blutkreislauf aufrecht. Die zur Bildung des Bypasses vorher entnommenen Gefäße, wie zum Beispiel eine Vene, näht der Herzchirurg an die Hauptschlagader und hinter der Engstelle auf die Herzkranzgefäße. So werden manchmal drei bis vier Bypässe gelegt, je nachdem, wie viele Engstellen überbrückt werden müssen. Bei günstiger Lage der betroffenen Herzkranzgefäße können die Ärzte die Bypass-Operation heutzutage auch am schlagenden Herzen durchführen und auf den Einsatz der Herz-Lungen-Maschine verzichten. Das kann insbesondere bei älteren Patienten und bei Patienten mit Begleiterkrankungen sinnvoll sein, um das Operationsrisiko zu verringern.

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