Himmel und Erde Von der Wiese auf den Teller

gibt Einblicke in die Welt der Frühlingsaromen

 Restaurant Kaspar

Restaurant Kaspar

Foto: Horst Müller

Bald beginnt die Kräuterzeit. Dann sprießen zahlreiche Frühlingsboten wie Kerbel, Bärlauch und Waldmeister aus dem Boden, die mit ihren raffinierten Aromen die Küche bereichern. Der Bonner Sternekoch Felix Kaspar zelebriert in seinem Restaurant „Kaspars“ Kräuterkulinarik auf höchstem Niveau und zeigt, wie man die kleinen Naturwunder gekonnt kombiniert.

Blütenzauber

Während ein Hobbykoch vom selbstgezüchteten Schnittlauch für gewöhnlich nur die röhrenförmigen Blätter nutzt, lenkt der Kenner den Blick auf ein ganz anderes Detail. „Wir verwenden die Blüten von Gemüsen“, erläutert Felix Kaspar. Die zarten Miniatur-Blumen von Schnittknoblauch, Fenchel, Dill oder Verbene sind dabei nicht nur optisch ein bezaubernder Genuss, sondern entfalten auch im Mund ein unerwartetes Geschmackserlebnis. Doch keine Angst vor extravaganten Kräutern. „Die lassen sich für die Hobbyküche durch Wildkräutersalat ersetzen“, verrät der Spitzenkoch. „Man kann auch auf einfache Kräuter wie Dill oder Bärlauch zurückgreifen.“

Bei einem Waldspaziergang finden sich am Wegesrand beziehungsweise abseits der „Hunderoute“ zum Beispiel Waldsauerklee, Knoblauchsrauke oder Schafgarbe. „Wir selbst gehen auch in den Ennert-Wald und pflücken hier einige Sorten für unsere Küche“, berichtet Kaspar. Den überwiegenden Teil seiner Kräuter bezieht der Gastronom von einem Großhandelsunternehmen, das ihn viermal pro Woche beliefert. Doch welche Pflanzen kann man essen und wie schmecken sie? Hobbyköche wissen selten, was die Natur alles an Würze zu bieten hat und wie man die oft unbekannten Aromen verwendet. „Man sollte erst sein Bewusstsein und die Kenntnis der Kräuter schärfen“, rät der Experte, „bevor man drauflospflückt“. Um die Welt der Frühlingskräuter in ihrer ganzen Bandbreite optisch wie geschmacklich kennenzulernen, empfiehlt Kaspar eine Wildkräuterwanderung.

Er selbst spielt in seiner innovativen Küche gern mit unterschiedlichen Elementen. „Wir möchten starke Aromen in einer großen Vielfalt auf den Teller bringen“, erläutert der Spitzenkoch. Er bevorzugt Säure, der er immer wieder markante Aromen wie Schärfe, Süße oder Salz entgegensetzt. „Kaspars“ Küche bezeichnet er selbst als deutsch-französisch, basierend auf französischer Klassik – mit Grundprodukten wie bretonischer Seezunge oder französischem Hummer. „Nach höchster Güte ausgesucht“, betont der Maître de Cuisine.

Überraschend anders

Bei Kapern scheiden sich bekanntlich die Geister. Die einen mögen den salzig-senfigen Geschmack der grünen Blütenknospen, die anderen sortierten sie stets fein säuberlich am Tellerrand aus. Dass die kleinen Kapern auch ganz anders schmecken können, beweist Felix Kaspar in seinem für die GA-Leser komponierten Frühlingsrezept, wo er den oft als penetrant empfundenen Geschmack der Kapern durch zweimaliges Blanchieren mildert. Die Vinaigrette kombiniert Kaspar mit einer Creme-Mayo, so dass die Säure durch eine fettige Grundkomponente entschärft wird. Optisches wie geschmackliches Highlight sind zarte Wildkräuter, die vor dem Servieren auf dem Teller verteilt werden.

Felix Kaspar (26) war nach seiner Ausbildung, die er bei Sternekoch Hans Stefan Steinheuer in Bad Neuenahr absolviert hat, jahrelang in der Spitzengastronomie unter anderem bei Christian Jürgens im Seehotel Überfahrt in Rottach-Egern tätig. Als sich die Chance eines eigenen Restaurants an der Bonner Rheinpromenade unterhalb des Biergartens „Schänzchen“ bot, den Kaspars Eltern seit fast 30 Jahren führen, hat er nicht lange gezögert. Sein Bruder Lukas (28), eigentlich Jurist und Volkswirtschaftler, übernahm kurzentschlossen den Service.

Seit Oktober 2015 leben die beiden Brüder das „Casual Fine Dining“, sprich: erstklassige Gourmetküche in ungezwungener Atmosphäre. Bereits ein Jahr nach der Eröffnung bekam „Kaspars“ seinen ersten Michelin-Stern und wurde im Gault&Millau 2017 mit 16 Punkten bewertet.

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