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KREIS AHRWEILER · Ein Schluck Mineralwasser schmeckt wie vor hundert Jahren. Trotzdem sorgt die Getränkeindustrie für Bewegung rund ums Wasser

 Eine Produktionsstraße von Brohler: Konzentration auf den Markenkern FOTO: BROHLER

Eine Produktionsstraße von Brohler: Konzentration auf den Markenkern FOTO: BROHLER

Foto: brohler

Wasser ist nicht gleich Wasser. Das Thema ist in Deutschland strikt reguliert. Das betrifft das kühle Nass, das aus dem Hahn tropft ebenso wie alles, was in Flaschen, Dosen und zuweilen auch im Tetra-Pak verkauft wird. Heilwasser zum Beispiel darf sich gemäß den Vorgaben des deutschen Arzneimittelgesetzes tatsächlich nur nennen, was nachweisbar heilenden Charakter hat.

Anders sieht das bei Mineral-, Quell- und sogenanntem Tafelwasser aus: Hier greift die Mineral- und Tafelwasser-Verordnung, die genau regelt und unterscheidet, aus welcher Quelle welches Wasser entnommen und wie behandelt werden darf. Für Mineralwasser gilt: Kohlensäure darf entnommen und wieder hinzugefügt werden. Und in gewissem Umfang werden dem Wasser zuweilen Eisen und Mangan entzogen. Das hat ästhetische Gründe. „Diese Mineralien sind eigentlich gesund, aber es sieht nicht gut aus, wenn sich braune Teilchen in der Flasche absetzen“, erklärt Jürgen Declair, Leiter Prozesstechnik bei Coca-Cola European Partners. Abgesehen davon wird Mineralwasser – im Gegensatz zu Tafelwasser und anderen Erfrischungsgetränken – weitestgehend so abgefüllt, wie es aus dem tiefen Boden kommt.

Auf den ersten Blick scheint das Geschäft mit Mineralwasser deshalb vergleichsweise einfach zu sein: Der Druck aus manchmal nur 20, zuweilen aber auch bis zu fünfhundert Metern Tiefe treibt das von Mineralien durchwirkte Wasser nach oben. Dort durchläuft es ein paar Filter, wird in Flaschen abgefüllt und verkauft. Fertig. Doch so simpel ist es natürlich nicht. Der Mineralwassermarkt ist stark fragmentiert und hoch kompetitiv. Es braucht viel Energie und Einfallsreichtum, um mit einem so stark regulierten und natürlich limitierten Produkt wie Mineralwasser die Erträge zu steigern. Die Unternehmen rund um Bonn haben dafür sehr unterschiedliche Strategien entwickelt.

Apollinaris: ein wichtiger Baustein im Coca-Cola-Reich

Der Getränkekonzern Coca-Cola hat vor ein paar Jahren Apollinaris aufgekauft und seitdem mehr als 30 Millionen Euro in den Ausbau des Standortes Bad Neuenahr investiert. Das hatte durchaus strategische Gründe: Zum einen hatte Coca-Cola zum damaligen Zeitpunkt keine nationale Wassermarke im Portfolio. Zum anderen konnte sich Coca-Cola mit Apollinaris in einem komplizierten Marktumfeld gut positionieren. Denn Deutschland ist anders als andere Länder, auch wenn es um das Thema Wasser geht. Im Gegensatz zu unseren europäischen Nachbarn mögen wir es etwa, wenn es in der Flasche sprudelt. Stille Wässer setzen sich erst langsam durch. Ihr Marktanteil beträgt gerade einmal 17 Prozent.

Doch vor allem lieben die Deutschen ihr hochwertiges Mineralwasser. Hierzulande bieten knapp 200 Mineralbrunnen ihr Wasser an, darunter viele regionale Mineralwasseranbieter. Tafelwasser hat es hier im Konkurrenzkampf schwer, wie Coca-Cola feststellen musste. Der Verkauf des Tafelwassers Bonaqa wurde deshalb Anfang des Jahres in Deutschland eingestellt. Dafür werden neben Apollinaris nun auch die Marken Vio und Sodenthaler weiter ausgebaut, deren Wasser aus der Sodenthaler Andreas-Quelle und der Lüner Quelle stammen.

Wer in Deutschland im Mineralwassermarkt wachsen will, kommt an solchen Akquisitionen kaum vorbei. Denn die jährliche Entnahmemenge des Mineralwassers ist durch die Vorgaben der Mineral- und Tafelwasserverordnung streng reguliert. „Mineralwasser entsteht durch Absickern von Regenwasser, das über Jahrzehnte hinweg ins Erdinnere dringt und auf diesem Weg zahlreiche Mineralien aufnimmt“, so Declair.

Apollinaris setzt jedoch nicht allein auf das Thema Mineralwasser, sondern ist für Coca-Cola auch ein wichtiger Produktionsstandort: In Bad Neuenahr werden nicht nur Mineral- und Heilwässer, sondern auch die gezuckerten Getränke abgefüllt, für die der Getränkekonzern aus Atlanta (USA) vor allem bekannt ist. Dafür wird Grundwasser aus der Umgebung genutzt. Zwischen 30 000 und 90 000 Flaschen rasen pro Stunde durch die modernen Abfüllanlagen, etwa die Hälfte davon schmückt das markante rote Dreieck der Marke Apollinaris, die andere Hälfte tragen die geschwungenen weißen Buchstaben auf rotem Grund.

Rhodius: der Dosen-Spezialist

In Burgbrohl, keine 22 Kilometer von Bad Neuenahr entfernt, lässt Konkurrent PepsiCo seine Cola abfüllen – und zwar bei Rhodius Mineralquellen. Anders als Apollinaris ist Rhodius allerdings kein Tochterunternehmen eines US-Konzerns, sondern unabhängiger, freier Konzessionär. PepsiCo kooperiert bereits seit 1958 mit Rhodius.

Das Mineralwasserunternehmen mit seinen Marken Rhodius und Vulkanpark-Quelle Eifel hat ebenso wie Apollinaris seine Produktionskapazitäten in allen Bereichen stark ausgebaut. Bis vor einigen Jahren war Rhodius sogar Marktführer bei Mineralwasser in Dosen. Dann kam das Dosenpfand, die Produktion von Dosen wurde komplett zurückgefahren. Seit zwei Jahren starten die Burgbrohler nun neu durch mit Mineralwasser und Apfelschorle im handlichen Aluminiumgebinde, auch für andere Hersteller. Diese Auftragsabfüllung ist mittlerweile ein wachstumsstarker Geschäftszweig für Rhodius geworden.

In Burgbrohl stehen sechs Produktionsanlagen, zwei davon speziell für Dosen. Das ist ein Alleinstellungsmerkmal: „Wir sind zurzeit der einzige Mineralbrunnen in Deutschland, der Mineralwasser in Dosen abfüllen kann“, erklärt Lisa Hänsgen von Rhodius. Die Flexibilität der Produktion sei auch für die eigenen Produkte ein Vorteil, so Hänsgen. Denn Zielgruppen würden über die Verpackung der Getränke erreicht. „Je nachdem, wo und in welchem Zusammenhang ein Verbraucher ein Getränk sucht, fragt er ein anderes Gebinde nach“. Gebinde bedeute in diesem Zusammenhang: Dose, Glasflasche, PET, kleinere oder größere Menge. Für jede Situation gibt's die passende Verpackung: das sei eine wichtige Zielsetzung für die Entwicklung von Produkten. Zudem sei die Verpackung auch ein wichtiges Kommunikationsinstrument, so Hänsgen.

Nur sechs Kilometer von den Rhodius-Produktionsanlagen entfernt sitzt ein weiteres Mineralwasserunternehmen direkt am Rhein: Die Brohler Mineral- und Heilbrunnen GmbH gehört mit ihren Marken Brohler und Steinsieker zu den führenden Mineralwasserbrunnen in Deutschland. Im Rheinstädtchen Brohl verfüllt die Firma rund 100 Millionen Flaschen pro Jahr. Während der Gesamtabsatz für Mineralwasser im Jahr 2017 stagnierte, konnte das Unternehmen gegen den Branchentrend ein deutliches Absatzplus erzielen – und das ausschließlich mit seinen Kernmarken. „Wir konzentrieren uns im Gegensatz zu manchen Wettbewerbern auf die Reinheit und Natürlichkeit unseres Mineralwassers von der Quelle bis auf den Tisch. Aromatisierte Mineralwässer, sogenannte Near-water-Produkte, sind für uns kein Thema“, sagt David Schilling, Vertriebsleiter bei der Brohler Mineral- und Heilbrunnen GmbH. Man lege stattdessen hohen Wert auf nachhaltige Produktions- und Vermarktungsinnovationen.

Brohler: Konzentration auf den Markenkern

„Mit Blick auf den Trend zu veganer Ernährung haben wir zum Beispiel unsere Apfelschorlen auf vegane Rezepturen umgestellt und verzichten bewusst auf Hilfsmittel tierischer Herkunft“, so Schilling. Und die Naturellwässer würden ganz bewusst in die klassische Glas-Brunnenflasche abgefüllt. Im Gegensatz zu den Wettbewerbern verzichte man in Brohl weitgehend auf Einwegflaschen. „Als regionales Brunnenunternehmen setzen wir fast ausnahmslos auf Mehrweggebinde, da wir überzeugt sind, hier dem Wunsch des Verbrauchers nach mehr Nachhaltigkeit sowie Umwelt- und Klimaschutz Rechnung zu tragen“, sagt David Schilling.

Immerhin beim Produkt selbst sind sich alle Produzenten einig: Mineralwasser ist ein wichtiger Ernährungsbestandteil. Und es muss sich unterscheiden von anderen Getränken. Dass das so bleibt, dafür sorgen die deutsche Mineral- und Tafelwasser-Verordnung, das Arzneimittelgesetz und die Trinkwasserverordnung. Wasser ist eben nicht gleich Wasser.

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