E-commerce Lieferung noch am selben Tag

BONN · Der sogenannte E-Commerce wächst in allen Bereichen. Für die Logistikbranche ist das eine Herausforderung – und eine große Chance.

 Die Karte zeigt, wo eine Zustellung bereits am Tag der Bestellung erfolgen kann. FOTO: DEUTSCHE POST/DHL

Die Karte zeigt, wo eine Zustellung bereits am Tag der Bestellung erfolgen kann. FOTO: DEUTSCHE POST/DHL

Foto: DHL

Unser Kaufverhalten hat sich seit der Jahrtausendwende stark verändert. Onlinehandel spielte im Jahr 2000 noch keine nennenswerte Rolle. Mittlerweile wird bereits jeder siebte Kauf im Einzelhandel über das Internet abgewickelt, Lebensmittel ausgenommen. E-Commerce ist heute selbstverständlich und wächst immer schneller. Laut einer Studie des Bundesverbandes E-Commerce und Versandhandel Deutschland (bevh) betrug der Umsatz im sogenannten Distanzhandel im Jahr 2015 rund 52 Milliarden Euro, während es 2011 noch rund 34 Milliarden Euro waren.

Acht Millionen Pakete am Tag

Die Deutsche Post DHL befördert schon heute an jedem Werktag im Schnitt rund 3,9 Millionen Pakete. In Spitzenzeiten, wie dem Weihnachtsverkehr, verdoppelt sich die Sendemenge auf bis zu acht Millionen Pakete am Tag. Das Unternehmen rechnet bis 2020 mit einem durchschnittlichen jährlichen Volumenwachstum an Paketen von fünf bis sieben Prozent, das stark vom boomenden E-Commerce getrieben wird. Mittelfristige Prognosen gehen davon aus, dass sich die Zahl der in Deutschland versendeten Pakete von heute 2,5 auf fünf Milliarden pro Jahr verdoppeln wird.

Für die Logistikbranche ist diese Aussicht einerseits verlockend. „Schließlich müssen die online georderten Bestellungen auch zum Kunden gebracht werden. Das bedeutet weiteres Umsatzwachstum“, sagt Clemens Beckmann, Geschäftsbereichsleiter Innovationen des Unternehmensbereichs „Post – eCommerce – Parcel“ bei Deutsche Post DHL. Gleichzeitig bedeutet noch mehr E-Commerce auch, dass sich Dienstleister wie UPS, Hermes oder DHL neue Lösungen einfallen lassen müssen, um die Paketflut überhaupt bewältigen zu können. „Dabei geht es nicht nur um die Menge, sondern auch um Qualität, Service und Geschwindigkeit. Denn die Kunden werden auch anspruchsvoller“, so Beckmann.

Schneller, schneller, schneller

„Mehr Menge“ heißt beispielsweise die Lieferung von Paketen mit selbstfahrenden Lieferrobotern, Drohnen und wendigen E-Mobilen. „Mehr Service und Geschwindigkeit“ bedeutet Lieferung am gleichen Tag. Das ist keine Zukunftsmusik mehr. DHL bietet das mittlerweile schon in 50 deutschen Städten an. „Wir können in großen Städten privaten Paket-Empfängern ihre Sendungen sogar zur Wunschzeit liefern. Das ist bis zu 90 Minuten nach dem Bestelleingang möglich“, erzählt Beckmann, der permanent an der Weiterentwicklung der Services arbeitet. Und „Mehr Qualität“ bedeutet dabei für ihn beispielsweise, dass Pakete im ersten Anlauf den Empfänger erreichen sollen. Der Zettel im Briefkasten mit dem Hinweis, dass man das Paket bei einer Filiale abholen könne, soll die Ausnahme bleiben.

Damit das gelingt, setzt DHL auf das Thema Big Data. „Wenn wir jährlich fünf bis sieben Prozent mehr Pakete zu befördern haben und dabei immer besser und schneller werden wollen, können wir das nicht allein dadurch schaffen, dass wir mehr Dieselfahrzeuge über die Straße schicken. Da müssen wir uns schon intelligentere Lösungen einfallen lassen“, so Beckmann. Ein Schlüssel dazu ist eine höhere Kundenbindung: „Je besser wir unsere Kunden kennen, desto besser können wir mit vernetzten und intelligenten Systemen auf ihre Wünsche eingehen“, sagt Beckmann.

Als einen Anker zur Kundenbindung setzt die DHL beispielsweise ihre Packstationen und die neuen Paketkästen an Privathäusern ein. Für die Kunden haben die Paketkästen durchaus Service-Vorteile: Sobald die Sendung eingelegt wurde, erhalten Kunden eine SMS oder eine E-Mail. Für DHL sind die gelben Kästen doppelt wertvoll: Die Kunden registrieren sich und geben dem Unternehmen somit Informationen für den Kundendialog. Pakete werden auf jeden Fall ausgeliefert, ob jemand zu Hause ist, spielt keine Rolle mehr. Je weniger nicht zugestellte Pakete transportiert werden müssen, desto mehr Spielraum gewinnt das Unternehmen für neue Lieferwege. „Wir müssen jede Chance nutzen, Güter in Bewegung zu bringen. Dazu gehören auch mobile Packstationen, die nicht an Orte, sondern an die Kunden gebunden sind. Dieser soll die Kontrolle haben, wann wohin geliefert wird“, so Beckmann.

Intelligente Service-Apps und eine dahinterliegende Netzinfrastruktur sorgen für die schöne, neue Logistikwelt, in der die Lieferketten besser ineinander greifen sollen. Die effizientere Kombination von Mensch und Maschine werde dabei eine immer größere Rolle spielen, glaubt Clemens Beckmann. Während die Großrechner der DHL die Paketflut immer besser koordinieren, wird die Auslieferung technisch optimiert, nicht nur ökonomisch, sondern auch ökologisch: In Aachen will DHL ab kommendem Jahr jährlich 10 000 elektrisch betriebene „Streetscooter“ bauen und damit die komplette Zustellflotte von Diesel auf E-Mobilität umrüsten. In der Zukunft ist es denkbar, dass die Fahrzeuge sogar autonom fahren und immer mehr Transportwege in den Städten übernehmen.

Besser für die Umwelt

Einer Studie von McKinsey zufolge könnte DHL damit seine Lieferkosten um bis zu 40 Prozent senken. Der ökologische Effekt: Die effizientere Güterlogistik könnte der Studie zufolge für das Land Nordrhein-Westfalen 15 Prozent weniger Schadstoffe und 20 Prozent weniger Staus bedeuten – ein Zeitgewinn, der sich vielleicht auch wieder fürs Shoppen nutzen lässt.

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