Baumarkt 2.0 Knauber macht es vor

Bonn · Bonner Familienunternehmen setzt auf digitale Unterstützung der Kunden.

 Kunden wollen mit ihrem Smartphone einkaufen.

Kunden wollen mit ihrem Smartphone einkaufen.

Foto: General-Anzeiger

Neben dem Handel mit Energieprodukten betreibt das traditionsreiche Familienunternehmen Knauber insgesamt sieben Freizeitmärkte in der Region. Diese können als „Baumärkte plus“ angesehen werden, da es hier auch Bastelbedarf, Bücher, Schreibwaren, Spielzeug, Tierzubehör, Küchenutensilien, Textilien und einiges mehr zu erwerben gibt. Das Problem für Knauber : Die großen Baumarktketten stocken ihr Portfolio ebenfalls auf, um in einem harten Wettbewerb um die Gunst der Kunden zu werben. Knauber bleibt den Branchenriesen dennoch einen Schritt voraus, da man am Standort Pulheim mit dem „Innovation Store“ drei Jahre lang am Baumarktkonzept 2.0 gearbeitet hat. An diesem Kooperationsprojekt waren außer Knauber zwölf Hersteller und das Kölner Institut für Handelsforschung (IFH) beteiligt.

Umdenken in der Branche

Die Herausforderung war groß und wurde gestemmt. Denn zusammen mit seinen Netzwerkpartnern hat Knauber für die sogenannte DIY-Branche („Do it yourself“) innovative Wege eingeschlagen. Die Neuorientierung in Sachen Beratung, Service und Produktpräsentation ist vor allem zwei Tatsachen geschuldet. Zum einen ist es erwiesen, dass Konsumenten bei jedem vierten Kauf von Leuchtmitteln, Farben, Werkzeugen oder Schrauben mit dem Handelsriesen Amazon in Kontakt kommen, wie eine aktuelle Studie des „Innovation Store“-Netzwerks zeigt. Zum anderen besteht für knapp die Hälfte der Baumarktkunden in Sachen Produkt- und Serviceangebot Optimierungspotenzial. Ein Wandel ist dringend geboten und damit ein Umdenken, dass nicht zuletzt auf die zunehmende Digitalisierung der Gesellschaft einzahlt.

Innovation in vielen Bereichen

Beim Projekt „Innovation Store“ wurden zahlreiche Kundenwünsche hinterfragt. Die Ergebnisse flossen in die Entwicklung konkreter Ideen ein, die den stationären Handel mit Mehrwerten ausstatten und damit das Kauferlebnis steigern. So sind in jedem Knauber-Freizeitmarkt digitale Beratungsterminals installiert worden, die via Touchscreen die Orientierung im Markt erleichtern. Diese Info-Stelen informieren über Produkte, Angebote und Events. An weiteren Multimediastationen, die meist in enger Kooperation mit den Lieferanten entstanden sind, können sich die Kunden virtuell ihre Küche einrichten, ihre Grillstation zusammenstellen, ihr Gartenhaus planen oder ihre Tapete auswählen. Mit einem Klick ändern sich Wandfarbe, Schrankfurnier und Bodenbelag in der digitalen 3D-Ansicht.

Neue Eventbereiche entstehen

„Die Ergebnisse der IFH-Studie bestätigen uns in unserer Strategie, den Fokus weiterhin auf Beratungs- und Servicequalität zu legen“, betont die geschäftsführende Gesellschafterin der Unternehmensgruppe, Dr. Ines Knauber-Daubenbüchel. „Und auch wenn es schwerfällt, müssen wir uns von einigen Verkaufsflächen trennen, um mehr Platz für Event- und Erlebnisbereiche zu haben. Denn darin liegt die Zukunft.“ Damit die Servicemitarbeiter dem Trend der Kunden, sich vorab online zu informieren, entgegengekommen können, wird das Verkaufspersonal sukzessive mit Tablets ausgestattet und im Umgang mit diesen geschult. So lassen sich Produktinformationen, Lieferzeiten, Preise und vieles mehr direkt im Beisein des Kunden abrufen und die gewünschten Artikel mit einem Klick bestellen.

Das nützt am Ende jedem, denn bei einer Auswahl aus über 100 000 Produkten ist nicht immer jedes Teil vorrätig, kann auf diese aber Weise schnell nachbestellt werden. So ist der Paketversand im Unternehmen seit Anfang 2014 durch den Onlinehandel und die Bestellmöglichkeiten am Point of Sale um das Zehnfache gestiegen.

Allein im Bonner Stammhaus wurde in erheblichem Maße in die digitale Verkaufsunterstützung investiert. Hier sind sogar 3D-Drucker im Einsatz, die Gegenstände wie Spielzeuge, Sammlerobjekte oder Schmuckstücke aus farbigem Kunststoff nachbauen. Auch alles rund ums Foto hat man im Angebot, inklusive der Möglichkeit zur digitalen Nachbearbeitung direkt vor Ort. Ein weiteres Widget sind die an den Pflanzen im Gartencenter angebrachten QR-Codes, die per Scan alle wichtigen Pflegehinweise direkt aufs Smartphone übertragen.

Mehr Kontaktpunkte schaffen

Entgegen landläufiger Annahmen aber führt die digitale Transformation nicht notwendigerweise zum Personalabbau. Bei Knauber ist das Gegenteil der Fall, da die Beratungsstärke in den Freizeitmärkten erhalten bleiben wird und entlang der digitalen Wertschöpfungskette neue Arbeitsplätze entstehen. Diese soll auf lange Sicht dazu beitragen, aus dem altbekannten „Do it yourself“ ein „Do it for me“ zu machen. Hierzu bedarf es natürlich nicht allein der Digitalisierung im Markt selbst, sondern auch weiterer Kontaktpunkte zum Kunden – angefangen bei einer interaktiven Website über den Online-Versandhandel bis hin zum Service der Handwerkervermittlung.

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