Plädoyer für eine gesellschaftliche Debatte Globalisierung ist ein starker Motor des Fortschritts
Bonn · Frank Appel, Vorstandsvorsitzender der Deutsche Post DHL Group, schreibt zum Thema Globalisierung.
Was haben die Bundesrepublik Deutschland, die Bundesstadt Bonn und das Unternehmen Deutsche Post DHL Group gemeinsam? Alle drei haben aktiv die Chancen der Globalisierung ergriffen und damit den Keim ihres heutigen Erfolges gelegt. Es war Deutschlands Exportstärke, angekurbelt durch die Dynamik der Sozialen Marktwirtschaft, die hinter dem erstaunlichen Wirtschaftsaufstieg der Bundesrepublik nach dem Zweiten Weltkrieg stand. Der Stadt Bonn gelang dank konsequenter Internationalisierung eine sehr erfolgreiche Entwicklung trotz des Regierungsumzuges. Ebenso ist es einer globalen Orientierung zu verdanken, dass die ehemalige Deutsche Bundespost zu einem modernen Post- und Logistikdienstleister geworden ist, der Deutschland mit der Welt verbindet.
Mit mehr als einer halben Million Mitarbeitern in über 220 Ländern und Territorien sind wir heute ein Schrittmacher der Globalisierung. Unternehmen jeder Größe und Branche verlassen sich auf unsere weltumspannende, leistungsfähige und immer nachhaltigere Infrastruktur. Für Millionen Kunden stiften wir jeden Tag ganz konkret Nutzen. Beispielsweise für den pakistanischen Studenten, dessen Serumproben wir temperaturgeschützt von Pakistan nach Schweden gebracht haben. Oder für die chinesischen Fußballfans des FC Bayern München, die im Onlineshop des Clubs Fanartikel bestellen. Aber auch für die vielen Kleinunternehmer in aller Welt, denen wir dabei helfen, neue Käufer in anderen Weltregionen zu erreichen.
Diese Beispiele zeigen, wie der Austausch von Gütern, Dienstleistungen und Ideen dazu beiträgt, neue Chancen zu schaffen. Und dies nicht nur in Deutschland, wo fast jeder vierte Arbeitsplatz vom Export abhängt. Globalisierung ist ein starker Motor des Fortschritts, der rund um den Globus eine deutliche Verbesserung der Lebensbedingungen bewirkt hat: Heute leben eine Milliarde Menschen weniger in extremer Armut als noch vor wenigen Jahrzehnten. Dabei ist in dieser Zeit die Weltbevölkerung stark gewachsen. In den Schwellenländern entstehen große Mittelschichten. Die Lebenserwartung ist heute um fast 20 Jahre höher als noch im Jahr 1960 - und der Anteil der Analphabeten ist sehr deutlich gesunken.
Das augenfälligste Beispiel für die positiven Wirkungen der grenzüberschreitenden Vernetzung ist Europa, wo acht der zehn am stärksten globalisierten Länder liegen. Es war die Kraft der europäischen Integration, die auf unserem Kontinent dauerhaft Frieden, Stabilität und Wohlstand geschaffen hat. Doch ausgerechnet in Europa beobachten wir nun auch, wie der Ruf nach nationalen Lösungen lauter wird. Mehr als je zuvor steht die Globalisierung in der Kritik. Wir erleben eine Debatte, die teils von Ängsten geprägt ist, die aber auch berechtigte Fragen aufgreift.
"Globalisiertes Deutschland"
Denn bei allem Nutzen birgt die Globalisierung unbestritten auch Spannungsfelder: Wie stellen wir sicher, dass noch mehr Menschen von ihr profitieren und der rasche Wandel niemanden zurücklässt? Wie sorgen wir dafür, dass der weltweite Austausch möglichst umweltschonend abläuft? Wie gelingt es uns, die Konflikte zu lösen, die aus der Kollision ganz unterschiedlicher Verhaltens- und Denkweisen resultieren? Es lohnt sich, gemeinsam um die richtigen Antworten darauf zu ringen. Antworten, mit denen wir die Herausforderungen lösen, ohne uns dabei abzuschotten oder in Protektionismus zu verfallen.
Wir brauchen eine breite gesellschaftliche Debatte darüber, wie wir die Globalisierung in Zukunft noch besser gestalten können. Dabei bieten Veranstaltungen wie der bald in Bonn stattfindende Denkraum "Globalisiertes Deutschland" ein ausgezeichnetes Forum. Ich werde daran teilnehmen, und auch Sie sind herzlich eingeladen, sich in den Dialog einzubringen. Es geht um viel: um die Werte der Sozialen Marktwirtschaft in einer globalisierten Welt, um die Weltoffenheit unserer Gesellschaft und um neue Möglichkeiten, damit noch mehr Menschen von den Vorteilen und Chancen des globalen Austauschs profitieren können. Ich bin gespannt auf Ihre Anregungen und Impulse.
