Der kleine feine Newcomer Infiniti Q60: Feinkost aus Fernost

Berlin · Ein schöner Rücken kann auch entzücken. Mit dieser Formel bringen Autos wie der Audi A5 oder der 4er BMW Abwechslung in die Mittelklasse. Doch gegen das neue Infiniti-Coupé Q60 sehen die Bayern recht bieder aus. Der Japaner gilt als Exot - im guten, wie im schlechten.

 Vorne einsteigen, das geht. Wer dagegen hinten Platz nehmen will, kommt kaum in den Sitz.

Vorne einsteigen, das geht. Wer dagegen hinten Platz nehmen will, kommt kaum in den Sitz.

Foto: Infiniti

Infiniti probiert sich in der Kunst der schönen Kehrseite und dreht den Interessenten in der gehobenen Mittelklasse jetzt den Rücken zu. Das ist durchaus wörtlich gemeint. Das leidenschaftliche Heck des Q60 unterscheidet sich deutlich von den Konkurrenten Audi A5 oder dem BMW 4er.

Der neue Mittelklassewagen Q60 kommt jetzt zu Preisen ab 44 500 Euro auf den Markt.

Ein frischer Auftritt

Während man den deutschen Edelmarken seit Jahren wohlmeinend ein konservatives Design vorwirft, bringt der Zweitürer aus Fernost einen frischen Look ins Segment: Schon die Front mit den stechenden Scheinwerfern und dem eigenwillig gewölbten Kühlergrill ist ein Hingucker. Die schlanke Flanke mit den weit ausgestellten Kotflügen wirkt einladend, das Heck ist knackig geformt.

Im Innenraum zu viel des Guten

Innen dagegen wirkt das Design etwas zu schwülstig und das Ambiente zu überladen, als dass es den europäischen Geschmack so richtig treffen könnte. Jedes Detail für sich ist edel und elegant. Doch hier die mit Glitzerfäden durchgewirkten Konsolen, dort der brillante Touchscreen, dazwischen aufwendig vernähtes Leder oder Klavierlack und dazu Sitze, die so voluminös aufgepolstert sind wie Baseball-Handschuhe.

Für Hinterbänkler eine Zumutung

Der verschwenderische Umgang mit Lack und Leder steht in krassem Kontrast zum knauserigen Angebot an Platz. Denn während man vorne noch sehr bequem sitzen kann, geht es im Fond selbst für ein Mittelklasse-Coupé ungemütlich eng zu. Nicht nur das Einsteigen ist deshalb schwierig. Auch beim Sitzen in den Ledernischen zwickt es an Kopf und Knien. Und auch der Kofferraum ist mit 342 Litern eher mager - zumal man das Gepäck auch noch über eine hohe Ladekante wuchten muss.

Technisch nicht taufrisch

Dass der Q60 innen etwas barock aussieht, liegt aber nicht nur an Design und Materialauswahl, sondern auch an der nicht ganz taufrischen Technik. Das neue InTouch-System mit seinem großen Bildschirm ist zwar up-to-date und lässt jeden Tablet-Computer blass aussehen. Aber schon der zweite Touchscreen darüber wirkt dagegen um Jahre gealtert, die Instrumente sind analog und wenig inspiriert, viele Schalter zu grobschlächtig.

Das ist verwunderlich, weil der Infiniti den Q60 ansonsten zurecht als modernes Auto rühmt und der Konkurrenz in manchen Details voraus ist. So nutzen die Japaner eine Lenkung, die ganz ohne mechanische Verbindung auskommt. Dazu gibt es eine adaptive Federung und ein Heer von Assistenten, die den Fahrer mit der Regelung von Abstand und Spur entlasten und ihn mit Warnungen und Bremseingriffen schützen.

Fahren um des Fahrens willen

Ein aufwändiges Fahrwerk, Gefühl für die Lenkung, eine flotte Automatik, serienmäßig Allrad und dazu ein potenter V6-Motor - zumindest als 3.0 Liter mit 298 kW/405 PS ist der Q60 ein Auto, mit dem man nicht nur zum Ankommen unterwegs ist. Während der Basismotor mit vier Zylindern, 2,0 Litern Hubraum, 155 kW/211 PS und 350 Nm nur der Vernunft dient und den Preis drückt, wird mit dem bei identischer Ausstattung gute 10 000 Euro teureren V6 das Fahren zum ersten Mal in einem Infiniti zum Selbstzweck.

Kein Wunder, wenn bis zu 475 Nm den Wagen in 5,0 Sekunden von 0 auf 100 km/h treiben, es bei 250 km/h noch so viel Vortrieb gibt, dass die Elektronik die Reißleine zieht und man nach zwei, drei Kurven in einen wunderbaren Flow kommt, als schwinge man auf kurzen Ski in weiten Bögen eine Piste hinunter. Nur auf den Verbrauch schaut man dabei besser nicht. schon der Vierzylinder steht mit 6,8 Litern (CO2-Ausstoß 156 g/km) in der Liste und für den V6 sind es sogar 9,1 Liter (208 g/km).

Fazit: Einfach mal was anderes

Er ist gut, aber nicht besser als seine Konkurrenten. Doch erstens kostet er ein paar Tausender weniger als Audi A5 und BMW 4er, bietet zweitens fast genauso viel Technik und sieht drittens erfrischend anders aus. Das macht den Q60 zu einer wohltuenden Abwechslung in der Mittelklasse.

Datenblatt: InfinitiQ603.0t

Motor und Antrieb

 V6-Turbo-Benzin-Direkteinspritzer   Hubraum:  2997 ccm Max. Leistung:  298 kW/405 PS bei 6400 U/min Max. Drehmoment:  475 Nm bei 1600 - 5200 U/min Antrieb:  Allradantrieb Getriebe:  7-Gang-Automatik

Maße und Gewichte

 Länge:  4,69 m Breite:  1,85 m Höhe:  1,36 m Radstand:  2,85 m Leergewicht:  1890 kg Zuladung:  375 kg Kofferraumvolumen:  342 Liter

Fahrdaten

 Höchstgeschwindigkeit:  250 km/h Beschleunigung 0-100 km/h:  5,0 s Durchschnittsverbrauch:  9,1 Liter/100 km Reichweite:  880 km CO2-Emission:  208 g/km Kraftstoff:  Super Schadstoffklasse:  EU6 Energieeffizienzklasse:  E

Kosten

 Basispreis des Infiniti Q60:  44 500 Euro Grundpreis des Infiniti Q60 3.0t:  56 990 Euro Typklassen:  k.A. Kfz-Steuer:  286 Euro/Jahr

Wichtige Serienausstattung

 Sicherheit:  Sechs Airbags, Allradantrieb, Abstands- und Spurhalteautomatik Komfort:  Klimaautomatik, Infotainment-System mit Navigation, Lederpolster, Elektronische Lenkung

Alle Daten laut Hersteller, GDV, Schwacke

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