Taxi-Schreck per App - Auto per Smartphone buchen

Berlin · "Sie sind das Ärgernis der Taxibranche: Start-ups, die einen Chauffeur für jedermann erschwinglich machen wollen. Ihre Leistung: Per App können Kunden Auto und Fahrer buchen, als Fahrer kann teils jedermann aktiv werden. Damit beginnen die Probleme.

 Taxifahren sei von gestern, sagen die Vermittler von Chauffeur-Fahrten per App. Deren Fahrer treten im Anzug auf und halten den Gästen demonstrativ die Tür auf. Foto: MyDriver/Sixt

Taxifahren sei von gestern, sagen die Vermittler von Chauffeur-Fahrten per App. Deren Fahrer treten im Anzug auf und halten den Gästen demonstrativ die Tür auf. Foto: MyDriver/Sixt

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"Your Chauffeur has arrived." Mit dieser Mitteilung meldet sich das Handy per SMS. Der Fahrer steht bereits an der per App verabredeten Adresse. Als wir uns der schwarzen Limousine nähern, eilt der standesgemäß mit Anzug und Krawatte bekleidete Herr herbei und öffnet die Fondtür der S-Klasse. Wir steigen ein. Kein Griff zum Taxameter, keine Kunstledersitze, dafür das edle Ambiente einer Luxuslimousine. Vom piefigen Taxi will man sich durch gesteigerte Seriosität abheben. Los geht die Fahrt.

Wir sind unterwegs mit Blacklane Limousines, einem Start-up aus Berlin, das laut Sprecherin Leonie Heitmüller bis auf erste Smarts in Berlin keine eigene Flotte betreibt. "Wir sind eine Buchungsplattform", sagt sie. Über die Internetseite des Unternehmens oder eine Smartphone-App können Kunden in mehreren Klassen - vom Kleinstwagen bis zur Oberklasse-Limousine - Fahrten buchen, samt Chauffeur.

Dabei nutzt das Unternehmen freie Kapazitäten "selbstständig konzessionierter Fahrdienstleister", meist klassische Chauffeur-Dienste. Ein Heranwinken von Auto und Fahrer wie bei Taxen ist laut Personenbeförderungsgesetz verboten, so die Auskunft von Thomas Grätz, Geschäftsführer beim Deutschen Taxi- und Mietwagenverband. Zudem besteht für Limousinen eine Rückkehrpflicht zum Betriebssitz nach der Fahrt. Vorabbuchen ist bei der neuen Konkurrenz Pflicht

Ähnlich wie Blacklane Limousines funktionieren Angebote der Sixt-Gruppe und des US-Unternehmens Uber, an dem Google beteiligt ist. Sixt nennt sein Produkt MyDriver, das gleichnamige Subunternehmen wurde 2012 ebenfalls in Berlin gegründet und versteht sich als Erbringer "komfortabler Fahrservices mit hochwertigen Fahrzeugen". Mit ihrem Angebot konzentrieren sich alle Wettbewerber auf Großstädte.

Bei Blacklane und MyDriver kommen nur professionell ausgebildete Fahrer zum Einsatz. Privatfahrer werden nicht akzeptiert. Das Bezahlen geschieht bargeldlos mit hinterlegten Kreditkartendaten oder teils auch über den Internet-Bezahldienst Paypal. Was er zahlen muss, erfährt der Kunde vorab durch eine unverbindliche Anfrage. In den Festpreisen sind Trinkgelder bereits enthalten. Zum Preisniveau sagt Blacklane-Sprecherin Heitmüller: "Wir richten uns an den regulären Taxipreisen aus, sind im Schnitt aber knapp darüber." Sixt verspricht Preise, die knapp unter dem Taxipreis beginnen.

In die Kritik geraten sind jüngst Uber mit dem Produkt Uber Pop und das Start-up Wundercar aus Hamburg. Bei beiden können Fahrten gebucht werden, die Privat-Chauffeure durchführen. Und die verfügen in der Regel über keine professionelle Fahrerausbildung.

Privat oder gewerblich? Diese Unterscheidung ist bei den sogenannten Chauffeur- oder Taxi-Apps tatsächlich von gesteigerter Bedeutung. Während Blacklane und MyDriver für die Taxibranche zwar kein Glücksfall sind, kann man ihnen rechtlich nichts vorwerfen, da sie weder das Personenbeförderungsgesetz noch Gewerbevorschriften verletzen, etwa wenn es um die Wartung der Fahrzeuge geht.

Doch bezüglich Wundercar und Uber Pop fallen deutliche Worte. "Die sind illegal", sagt Thomas Grätz. "Die gewerbliche Beförderung bedarf einer Genehmigung, aber die liegt nicht vor", schäumt der Geschäftsführer des Taxiverbands. In Hamburg liegen beide Dienste derzeit im Rechtsstreit mit den Behörden. Der Berliner Senat will Uber verbieten. Eine entsprechende Verfügung wurde zugestellt, sie ist aber noch nicht rechtskräftig.

Bei Wundercar heißt es dazu: "Aus unserer Sicht liegt keine Genehmigungspflicht vor", sagt Sprecherin Katrin Arrubla. Bei den vermittelten Fahrten handele es sich wie im Falle von klassischen Mitfahrgelegenheiten um keine gewerblichen Fahrten. Das lasse sich daran festmachen, dass Wundercar "grundsätzlich kostenlos" ist. Am Ende jeder Fahrt erhalte der Nutzer lediglich den Vorschlag, ein Trinkgeld zu geben, das sich an den Betriebskosten für die Fahrt orientiert. Allerdings zweigt sich WunderCar davon 20 Prozent ab.

Grundlegend funktionieren Wundercar und Uber Pop so ähnlich wie die anderen Chauffeur-Apps. Man gibt Start und Ziel ein und erhält ein Fahrtangebot. Um eine gewisse Qualität zu gewährleisten, werden schwarze Schafe aufgrund von negativen User-Bewertungen aus dem System ausgeschlossen. Damit will Wundercar kompensieren, dass seine Fahrer nicht wie Taxifahrer alle fünf Jahre zum Gesundheitscheck müssen. Wer für das Start-up fahren will, muss außerdem älter als 21 Jahre sein, den Führerschein länger als zwei Jahre besitzen, darf nicht vorbestraft sein oder mehr als drei Punkte in der Flensburger Verkehrssünderkartei haben.

Fragwürdig agieren Anbieter privater Chauffeur-Fahrten auch hinsichtlich der Kfz-Versicherung. Zwar sind Mitfahrer in jedem Fall bei Unfällen über die Haftpflichtversicherung des Fahrzeugs abgesichert, so Alina Schön vom Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft (GDV). Die Chauffeure selbst haben bei Wundercar oder Uper Pop dagegen unter Umständen keinen ausreichenden Versicherungsschutz. Denn kassieren sie mehr Geld als zur Deckung der Betriebskosten notwendig ist, liegt eine Gewerbefahrt vor. Und damit kann der Versicherungsschutz erlöschen.

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