Plug-in-Hybridautos - Revoluzzer mit Rettungsleine

Berlin · Das Elektroauto steckt in der Imagekrise, aber das elektrische Fahren wird langsam gang und gäbe. Vor allem die deutschen Autobauer bringen dieses Jahr eine Flut von Plug-in-Hybriden auf den Markt - und ebnen dem Akku-Antrieb so doch noch den Weg.

 Blick durchs Blech: Dieses Schaubild zeigt, wie Porsche den Plug-in-Hybridantrieb im Panamera untergebacht hat. Foto: Porsche

Blick durchs Blech: Dieses Schaubild zeigt, wie Porsche den Plug-in-Hybridantrieb im Panamera untergebacht hat. Foto: Porsche

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Der Preis zu hoch, die Reichweite zu gering und die Abstände zwischen den Ladesäulen zu groß: Die Elektromobilität will partout nicht in Fahrt kommen. "Das Elektroauto steckt in der Imagefalle", hat der Zulieferer Continental bei einer repräsentativen Umfrage herausgefunden: Zwar sähen viele Autofahrer im E-Mobil ein umweltschonendes, vernünftiges Fahrzeug, aber die ohnehin eher mäßige Begeisterung lasse zusehends nach. Dennoch dürfte es bald mehr Stromer auf den Straßen geben: Der Plug-in-Hybrid kristallisiert sich zusehends als aussichtsreiche Brückentechnologie heraus.

Als Revoluzzer mit Rettungsleine können diese Hybrid-Fahrzeuge an der Steckdose geladen werden, fahren nennenswerte Strecken rein elektrisch und kommen dank des zusätzlichen Verbrenners trotzdem auf alltagstaugliche Reichweiten. Mercedes zum Beispiel will bis 2017 rund zehn Modelle mit Plug-in-Antrieb einführen. Den Anfang hat der Stuttgarter Hersteller im vergangenen Herbst mit der S-Klasse gemacht und in diesem Jahr geht es weiter: Kürzlich wurde die C-Klasse mit Stecker enthüllt, im Sommer folgt die modernisierte M-Klasse als GLE mit Plug-in-Technik. Und den GLK-Nachfolger GLC wird man ebenfalls noch 2015 gut 30 Kilometer elektrisch bewegen können, heißt es in Unternehmenskreisen. Ganz freiwillig ist dieser technisch aufwendige und deshalb teure Ausbau nicht: "Ohne einen Durchbruch werden wir unsere CO2-Vorgaben nicht erreichen", räumt Weber ein.

Kein Wunder, dass die anderen sogenannten Premium-Hersteller in Deutschland mit ihren großen, leistungsstarken und CO2-intensiven Flotten ins gleiche Horn blasen. "2015 wird deshalb das Jahr der Plug-in-Hybride", sagt Automobilexperte Prof. Ferdinand Dudenhöffer von der Universität Duisburg-Essen. So hat Audi schon den A3 Sportback e-tron, der bis zu 50 Kilometer elektrisch fahren kann, und wird auch den neuen Q7 mit der Technik ausrüsten: 56 Kilometer elektrische Reichweite sollen den Normverbrauchswert des SUVs auf 1,7 Liter und den CO2-Ausstoß unter 50 Gramm pro Kilometer drücken.

Von VW gibt es als Plug-in-Hybrid neben dem exotischen XL1 den Golf GTE. Der Passat GTE steht schon in den Startlöchern. Und auch der Tiguan wird mit dem Generationswechsel voraussichtlich diesen Herbst zum Teilzeitstromer, deuten VW-Mitarbeiter an. Bei BMW werden die Hybride künftig ebenfalls verstärkt an die Steckdose gehängt, etwa der 3er, der X5 und der nächste 7er.

Während die vornehmen Vollsortimenter oft noch mit Ankündigungen beschäftigt sind, hat Sportwagenbauer Porsche längst gehandelt und nach dem 918 Spyder und dem Panamera zuletzt den Cayenne an die Steckdose gebracht. "Aktuell bietet kein anderer Hersteller mehr Plug-in-Modelle an", sagt Porsche-Chef Matthias Müller.

Bei den Premium-Marken mag die Rechnung aufgehen, bei Marken mit günstigeren Autos eher nicht - selbst wenn sie in Konzern-Baukästen greifen können. "Für uns und unsere Kunden ist diese Technologie noch nicht vernünftig darstellbar", sagt Skoda-Chef Winfried Vahland. Und selbst Hybrid-Pionier Toyota hält sich zurück: Nach wie vor gibt es den Prius Plug-in nur als Kleinserie.

Auto-Experte Dudenhöffer glaubt zwar an eine große Plug-in-Welle in diesem Jahr. Aber für die Lösung der Probleme mit der Reichweite und der Ladeinfrastruktur zahle man einen hohen Preis: "Die Fahrzeuge haben durch die doppelte Motorisierung ein höheres Gewicht und klar höhere Kosten." Auch Gert Lottsiepen vom ökologisch orientierten Verkehrsclub Deutschland (VCD) kann die Freude über den Zuwachs an der Ladesäule nur bedingt teilen: Er rechnet bis 2020 mit einem Plug-in-Anteil von 60 Prozent unter den Elektroautos, zweifelt aber an deren klimaschonender Wirkung. "Sie haben nur dann einen Sinn, wenn sie sowohl im Elektromodus als auch mit Verbrennungsmotor energieeffizient sind" - Autos wie Panamera und S-Klasse seien das nicht.

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