Stadt Bonn Gehbehinderte Bonnerin erhielt keine Briefwahlunterlagen

Bonn · Was am Dienstag von der Stadt noch mit Nichtkenntnis bestritten wurde, ist nun amtlich: Bonnerinnen und Bonnern wurde am Sonntag im Wahllokal ihr Wahrecht verwehrt. Ein Endenicher hatte den GA nach der Wahl informiert, dass er nicht hatte zur Urne gehen dürfen, weil er auf der Liste als angeblicher Briefwähler gesperrt war.

 Die Computer-Tastatur bedient sie mit den Füßen: Trotz ihrer Behinderung ging Heike Groß mit einer Begleiterin in ihr Wahllokal. Wählen aber durfte die 41-Jährige dort nicht.

Die Computer-Tastatur bedient sie mit den Füßen: Trotz ihrer Behinderung ging Heike Groß mit einer Begleiterin in ihr Wahllokal. Wählen aber durfte die 41-Jährige dort nicht.

Foto: Barbara Frommann

Tatsächlich hatte er zwar auf der Internetseite der Stadt die entsprechenden Unterlagen bestellt, aber nie erhalten. Die Stadt gab zwar am Dienstag technische Probleme bei der Briefwahl zu, auf die sie über die Medien auch kurz vor der Wahl hingewiesen hatte. Aber von Beschwerden, dass Bürgern die Wahl verweigert worden sei, so die Stadt, wisse sie nichts.

Und Heike Groß wurde, als sie das am Mittwochmorgen in der Zeitung las, richtig sauer. Denn die 41-jährige Angestellte bei der Bonner Polizei hat nicht nur dasselbe erlebt wie der Endenicher Peter Haupt. Sie hat sich auch bereits am Dienstagmorgen bei der Stadt per Mail darüber beschwert.

Und dass ihr Schreiben zeitnah sogar zwei Mal gelesen worden ist, konnte sie aufgrund der von ihr geforderten Empfangsbestätigung überprüfen. Und dennoch teilte die Stadt anschließend mit, sie wisse von nichts. Heike Groß war doppelt getroffen, wie sie schildert: Sie ist stark gehbehindert, und weil sie das ist, beantragte sie die Briefwahl.

Als die Unterlagen ausgeblieben seien, habe sie eine Begleitperson organisieren müssen, um vor Ort zu wählen, nur um zu hören, dass sie als Briefwählerin gesperrt sei. "Unfreundlich" habe man sie gefragt, warum sie sich nicht um ihre Briefwahl gekümmert habe, ihr die Wahlkarte aus der Hand genommen und sie nach Hause geschickt. "Das ist nicht in Ordnung", sagt sie nun. "Man hat doch ein Recht zu wählen."

Dieses Recht wurde auch Inka Helbach in ihrem Wahllokal verwehrt, wie sie gestern berichtete. Sie habe sich ihre Wahlkarte wegen eines Umzugs persönlich im Stadthaus abgeholt und die Frage der Mitarbeiterin nach Briefwahl ganz klar verneint. Doch im Wahllokal sei sie als Briefwählerin gesperrt gewesen und weggeschickt worden.

"Ich bin dafür, dass die Wahl wiederholt wird", sagte Inka Helbach. "Man weiß ja gar nicht, wie viele Leute an ihrem Wahlrecht gehindert wurden." Das ist in der Tat unklar. Die Stadt sprach am Mittwoch von vier Fällen, in denen sich Bürger gemeldet hätten, weil sie Briefwahl beantragt hatten, die Unterlagen nicht zugestellt bekamen und am Wahltag wegen des Sperrvermerks im Wahllokal nicht wählen konnten.

In einem weiteren Fall sei der Antrag auf Briefwahl mit Poststempel 9. Mai erst am Mittwoch eingegangen. "Die Stadt bedauert, dass es zu diesen Fällen gekommen ist und prüft jeden einzelnen Fall", teilte Stadtsprecherin Monika Hörig mit. Eines zeichnet sich aber jetzt schon ab: Die Wahlhelferinnen und -helfer, die den Betroffenen den Wahlgang verweigerten, trifft offenbar die geringste Schuld.

Denn obwohl die technischen Probleme bei der Bestellung der Briefwahlunterlagen am 9. Mai feststanden, wurden nicht alle Wahlhelfer von der Stadt entsprechend instruiert, sondern nur diejenigen, die noch nicht geschult waren. Und so ist es nur folgerichtig, dass sich Oberbürgermeister Jürgen Nimptsch am Mittwoch für das Engagement von 1158 Bonnerinnen und Bonnern als Wahlhelfer bedankte.

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