Im Herzen der Energieversorgung: Bonner Medienclub besichtigte das Heizkraftwerk Nord

Mitglieder des Bonner Medienclubs haben am Mittwoch, 22. Oktober, am traditionsreichen SWB-Betriebsstandort an der Karlstraße das modernisierte Heizkraftwerk Nord besichtigt. Stadtwerke-Geschäftsführer Peter Weckenbrock und SWB-Mitarbeiter Rolf Driller führten die Gruppe durch die Anlage und informierten über eines der größten Investitions- und Zukunftsprojekte in der Geschichte der Stadtwerke Bonn (SWB).

Mitglieder des BMC besichtigten das modernisierte Heizkraftwerk Nord.

Mitglieder des BMC besichtigten das modernisierte Heizkraftwerk Nord.

Foto: SWB

Nach rund dreijähriger Bauzeit war die modernisierte Anlage im Sommer 2013 in Betrieb genommen worden. Der Ausbau des HKW Nord bringt SWB Energie und Wasser in der Eigenproduktion von Strom und Fernwärme einen großen Schritt voran, denn künftig werden auch durch die zusätzliche Nutzung des Dampfes aus der Müllverwertungsanlage an diesem Standort allein rund 50 Prozent des Bonner Strombedarfs unter Nutzung der Kraft-Wärme-Kopplung erzeugt. Außerdem wurde Potenzial geschaffen für den weiteren Ausbau der Klima schonenden Fernwärme in Bonn.

„Unser Großprojekt bringt auch die Bundesstadt Bonn bei der Umsetzung ihrer Klimaschutzziele ein gutes Stück weiter“, betonte SWB-Geschäftsführer Weckenbrock. „Die Modernisierung des HKW Nord ist das größte Klimaschutzprojekt der Stadt.“ Denn der Ausbau zur modernen Gas-und Dampfturbinenanlage wird für eine Einsparung von mehr als 194 000 Tonnen Kohlendioxid im direkten Vergleich mit der bisherigen Strombeschaffung (umgerechnet 32 Prozent) sorgen.

Mit Verzicht auf Generalunternehmer 40 Millionen Euro gespart
Im Jahr 2007 ergab eine erste Ausschreibung für den Ausbau des Kraftwerks durch einen Generalunternehmer Kosten von rund 126 Millionen Euro. „Damit wäre das Projekt aber nicht wirtschaftlich gewesen“, so Weckenbrock. „Wir haben uns entschieden, die Umsetzung in die eigene Hand zu nehmen, in 16 Lose zu gliedern und einzeln auszuschreiben. Die Kosten reduzierten sich so um rund 40 Millionen Euro.“

Der Verzicht auf einen Generalunternehmer war und ist für alle Projektmitarbeiter mit einem hohen Anspruch verbunden, zumal Umbau, Inbetriebsetzung und Probebetriebe aller Anlagenkomponenten während des laufenden Kraftwerksbetriebs stattfanden. Neben den bei den Stadtwerken Bonn vorgesehenen Compliance-Vorgaben wurde zusätzlich ein umfassendes Monitoring installiert, um höchstmögliche Transparenz von der Ausschreibung über die Vergabe bis zur Abrechnung zu gewährleisten.

Stadtwerke-Geschäftsführer Weckenbrock freute sich über das große Interesse des Bonner Medienclubs am Großprojekt HKW Nord. Er führte die Gruppe durch neue und alte Anlagenteile. "Wir haben im laufenden Betrieb umgebaut und modernisiert", führte Weckenbrock aus. "Unsere Mitarbeiter haben diese Herausforderung bestens gemeistert. Der Mut, das Projekt in Eigenregie auszuführen, hat sich ausgezahlt." In einem anschließenden Hintergrundgespräch konnte er noch weitere Fragen zur Modernisierung und zu den Stadtwerken Bonn beantworten.

Hintergrund:
Leistungsdaten des HKW Nord mit neuer Gas-und Dampfturbinenanlage:

Elektrische Leistung.........................98,5 Megawatt (davon 24,5 Megawatt bisherige Gasturbine / 74 Megawatt neue Dampfturbine)

Thermische Leistung...................... 180 Megawatt (davon 70 Megawatt neuer Heißwasserkessel / 110 Megawatt Dampfturbine)

Günstige Energieversorgung:
Die optimierte flexible Stromerzeugung und -beschaffung sowie die Fernwärmeerzeugung in Kraft-Wärme-Kopplung bringen Kostenvorteile im Wettbewerb, die an die Kunden weitergegeben werden. So konnte SWB Energie und Wasser bereits im vergangenen Jahr den Strompreis und den Fernwärmepreis senken und damit die staatlich vorgegebene Erhöhung von Steuern und Abgaben etwas abmildern.

Strom für Bonn:
Bonn hat einen Strombedarf von rund 1,1 Milliarden Kilowattstunden (KWh) pro Jahr. SWB Energie und Wasser will langfristig bis zu 100 Prozent des Bonner Strombedarfs aus eigenen, Klima schonenden Quellen schöpfen.

Größtes Projekt:
Der Ausbau des Heizkraftwerks Nord. Hier werden künftig rund 575 Millionen KWh Strom pro Jahr auf dem Wege der Kraft-Wärme-Kopplung (Fernwärme) und zusätzlich durch Nutzung der Energie aus der benachbarten Müllverwertungsanlage (Energierecycling) produziert.

Weitere Projekte:
Beteiligung an Trianel-Kraftwerken (Hamm, Lünen), einem Offshore-Windpark bei Borkum sowie mehreren Onshore-Windparks im Verbund mit Trianel. Der Naturstrom BonnNatur (seit 1999, Grünes Stromlabel in Gold) wird im nahen Westerwald bei Mann-Energie beschafft.

Die Wiege der Bonner Stromversorgung:
An der Karlstraße stand die Wiege der Bonner Stromversorgung, mit der 1899 die ersten Lampen erleuchtet wurden. 1905 kam im städtischen E-Werk die erste Dampfturbine zum Einsatz. Bis 1914 wurde Steinkohle, danach bis 1998 Braunkohle als Brennstoff verfeuert. Nach dem Zweiten Weltkrieg, Bonn war Bundeshauptstadt geworden, begann die Ära der Fernwärmeversorgung. Die Stadtwerke bauten ihr altes „E-Werk“ zum Heizkraftwerk um und erweiterten es mehrfach. So wird seit 1992 der Dampf aus der benachbarten Müllverwertungsanlage an das HKW Nord ausgekoppelt. Sechs Jahre später, 1998 war mit der Braunkohle-Feuerung Schluss, als eine Gasturbine installiert wurde. Die Inbetriebnahme der neuen Anlagen im Sommer 2013 war einer der wichtigsten Meilensteine in der „Energiegeschichte“ Bonns.

HKW Süd, Standort mit Zukunft:
Das Heizkraftwerk Süd, seit 1969 in Betrieb, behält auch nach dem Ausbau des HKW Nord seine zentrale Funktion für die Fernwärmeversorgung im Süden Bonns. Im Heizkraftwerk Süd sind ein Hochdruck‐Dampferzeuger mit nachgeschalteter Dampfturbine und fünf Heißwasserkessel installiert. Ende 2012 wurden Teile der Anlage außer Betrieb genommen. Nach dem Ausbau des Heizkraftwerks Nord und dem geplanten Ausbau der Fernwärmeversorgung (Projekt „Fernwärme 2020“) bietet der Standort weitere Ausbaupotentiale. Im Rahmen des geplanten Ausbaus der Fernwärmeversorgung wird derzeit geprüft, wie nach dem Ausbau des Heizkraftwerks Nord künftig auch die Erzeugungskapazitäten im HKW Süd erweitert werden könnten. In einem Vorbescheidsverfahren nach Bundesimmissionsschutzgesetz bei der Bezirksregierung Köln wird deshalb ermittelt, in welchem Umfang der Standort des Heizkraftwerks Süd im Rahmen einer Investitionsmaßnahme genutzt werden könnte.

Erfolgsprinzip Kraft-Wärme-Kopplung (KWK):
Das Besondere an den SWB-Heizkraftwerken ist die hohe Effizienz. Beide SWB-Kraftwerke erzeugen heißes Wasser, das als Fernwärme in weite Teile der Stadt geleitet wird. Die Abwärme wird dann zusätzlich für die Stromerzeugung (Kraft) genutzt. Weil der Brennstoff dadurch optimal genutzt wird, erreichen moderne Anlagen sehr hohe Wirkungsgrade. KWK‐Anlagen leisten damit einen wichtigen Beitrag zum Klimaschutz. Deshalb wird die Stromproduktion in Anlagen dieser Art staatlich gefördert.

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