Vermittlung von Kindern in Pflegefamilien Rhein-Sieg-Kreis und Kommunen vereinbaren Kooperation

Rhein-Sieg-Kreis · Die Vermittlung von Kindern in Pflegefamilien - ein Thema, das in der Region seit dem Fall Anna in Bad Honnef verstärkt ins öffentliche Bewusstsein gerückt ist.

Das Jugendamt des Rhein-Sieg-Kreises und rechtsrheinische Städte haben sich jetzt auf eine Rahmenkonzeption zur Vollzeitpflege verständigt, die gemeinsame Kriterien für die Vermittlung und die Qualität der Pflegefamilie festlegen.

Auch soll dadurch die Zusammenarbeit reibungsloser ablaufen. Die Arbeit an dem Konzept hatte laut Kreisjugendamtsleiterin Ulla Schrödl schon vor dem Tod der achtjährigen Anna begonnen, die von ihrer Pflegemutter im Juli 2010 ertränkt worden war.

"Das Pflegekind steht im Mittelpunkt aller Bemühungen", erklärte Dezernent Thomas Wagner. In dem 30-seitigen Konzept ist definiert, welche Anforderungen eine Pflegefamilie mitbringen muss. Wer Verantwortung für ein Pflegekind übernehmen will, muss sich einem Bewerbungsverfahren stellen, mit Kursen und Gesprächen.

Sie müssen nicht nur einen einwandfreien Lebenswandel vorweisen, sondern auch Eigenschaften wie Konsequenz, Empathie, Offenheit und Bindungsfähigkeit haben. Welches Kind in welche Familie kommt - auch darauf geht das Papier detailliert ein. "Vor der Vermittlung des Kindes sollte klar sein, dass Pflegeeltern für ein Kind gesucht werden, nicht ein Kind für die Pflegeeltern", heißt es.

Ebenso ist festgelegt, welche Rolle die Jugendämter nach der Vermittlung spielen - bis hin zur möglichen Rückkehr des Kindes in seine leibliche Familie. Ganz wichtig: der Kooperationsgedanke zwischen den Jugendämtern. Der Kreis ist zuständig für Eitorf, Windeck, Ruppichteroth, Much und Neunkirchen-Seelscheid; an dem Modell sind zudem Sankt Augustin, Siegburg, Bad Honnef, Königswinter, Lohmar und Niederkassel beteiligt.

Der Arbeitskreis steht den noch fehlenden rechtsrheinischen Kommunen offen. Die linksrheinischen haben eine eigene Kooperation. "Wir müssen dieses Papier nun mit Leben füllen. Das setzt einen regelmäßigen Austausch voraus", sagte Petra Rogozinski vom Siegburger Jugendamt.

"Wir sind füreinander das ideale Umfeld", ergänzte Sandra Clauß von der Stadt Sankt Augustin. Schließlich sei es nicht sinnvoll, Pflegekinder innerhalb der eigenen Kommune zu vermitteln. So bestehe die Gefahr, dass sie ihren leiblichen Eltern begegnen. Die Kooperation ist aber aus einem anderen Grund von Bedeutung: In der Praxis kann es passieren, dass Jugendämter aneinander vorbeiarbeiten.

Wenn ein Amt von außerhalb ein Kind ins Kreisgebiet vermittelt, dann ist es möglich, dass die örtliche Behörde davon erst einmal nichts erfährt - zumal Pflegefamilien nicht meldepflichtig sind. Erst nach zwei Jahren wird das örtliche Jugendamt zuständig. Landrat Frithjof Kühn sprach von einer "Gesetzeslücke". Wagner: "Wir haben die Jugendämter außerhalb des Kreises gebeten, uns vor der Vermittlung eines Kindes zu informieren." Im Zuständigkeitsgebiet des Kreises gibt es rund 160 Pflegefamilien.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort