Derzeit größtes NRW-Nahverkehrsprojekt der Bahn Der Countdown zum Bau der S13 läuft

REGION · Jens Sülwold kann sich noch sehr genau an den 12.12.2014 erinnern. Denn das war der bis dahin wichtigste Tag in seiner Berufslaufbahn. Damals machte der Projektleiter der Deutschen Bahn mit seinem Team eine Flasche Sekt auf. Sülwold und seine sieben Mitarbeiter planen den Bau der neuen Bahnstrecke S13 zwischen Troisdorf und Bonn-Oberkassel.

Und an jenem Freitag vor einem halben Jahr unterzeichneten Landesverkehrsminister Michael Groschek sowie Vertreter von Deutscher Bahn und dem Zweckverband Nahverkehr Rheinland den Realisierungs- und Finanzierungsvertrag für die S13.

Erst in diesem Moment war klar, dass das Projekt wirklich kommen würde. Und dabei hatte das Genehmigungsverfahren satte zehn Jahre gebraucht. Deshalb der Sekt. Seitdem geht es mit Riesenschritten auf den Baubeginn zu, der für Anfang 2017 geplant ist. Die Jungfernfahrt ist zurzeit für das Jahr 2028 angesetzt.

Der Ausbau der Linie S13 gilt als das derzeit größte Nahverkehrsprojekt der Bahn in NRW. Ziel ist die bessere und schnellere Anbindung Bonns an den Flughafen Köln/Bonn und die Verbesserung der Schienenverbindungen zwischen den Ballungsräumen Bonn und Köln.

Außerdem ergibt sich eine deutliche Verbesserung in Sachen verringerter Lärmbelastung für die Anwohner der stark güterbefahrenen Strecke, die Teil der Hauptschlagader Rotterdam/Genua ist.

Heute verkehrt die S13 im 20-Minuten-Takt zwischen Köln und Troisdorf, der Abschnitt Troisdorf bis Bonn wird von den Regionalbahnen RE8 und RB27 im Stundentakt bedient. Künftig werden der Güterverkehr und der Personennahverkehr auf dem Streckenabschnitt voneinander getrennt, so dass eine Taktverdichtung für die S13 auf alle 20 Minuten möglich wird. Der Güterverkehr kann durch die Baumaßnahme nicht intensiviert werden.

Der Ausbau der 13 Kilometer langen Trasse kostet 502 Millionen Euro, davon entfallen 461,7 Millionen Euro auf die Deutsche Bahn Netz AG, 40,2 Millionen auf die DB Station und Service AG und 261.000 Euro auf die DB Energie. Das Land zahlt 47,5 Millionen.

Über die gut 500 Millionen Euro hinaus werden weitere Mittel aus dem Brückensanierungsetat der Bahn fließen, weil auf der Strecke mehrere Brücken irreparabel beschädigt sind. Das gilt unter anderem für die Fußgängertunnel in Verlängerung der Hammstraße in Geislar und hinter dem Park der Burg Lede in Vilich.

Das Bauprojekt S13 gliedert sich in drei Bauabschnitte: Der Sektor Nord reicht von Troisdorf bis Geislar/Vilich-Müldorf, wo die Bahntrasse die A59 quert. Dort schließt der Sektor Mitte bis unterhalb des Beueler Bahnhofs bei Limperich an. Die Bauarbeiten für diese beiden Abschnitte sollen 2017 starten.

Der dritte und letzte Sektor Süd bis Oberkassel folgt voraussichtlich 2022 bis 2028. Die gesamte Strecke wird um ein bis zwei Gleise erweitert. Wo möglich, sind Schallschutzwände in Richtung der Wohnbebauung vorgesehen.

Der Troisdorfer Haltepunkt Friedrich-Wilhelms-Hütte wird an die neue Strecke verlegt. In der Siegaue entsteht westlich der vorhandenen Siegbrücke eine zusätzliche eingleisige Überführung. Die vorhandene Brücke wird mit elastischen Gummisohlen zwischen Schienen und Schwellen ausgestattet.

Die größte Baustelle dürfte in der zweiten Jahreshälfte 2017 in Vilich entstehen. Dort wird fünf Jahre lang viel Erde bewegt am Knotenpunkt B56, Stadtbahnlinie 66 und Regionalbahn. Zum einen wird der neue Kreuzungsbahnhof Vilich (S13/Linie 66) gebaut. Dazu ist eine Tieferlegung der vorhandenen Gleise um 1,50 Meter auf einem Abschnitt von 1000 Metern nötig.

Zum anderen wird der Bahnübergang Gartenstraße für Autos geschlossen. Statt dessen gibt es einen Überweg für Fußgänger und Radfahrer. Hinter dem Bauhausparkplatz entsteht statt dessen eine bahnparallele Straße, die an der Gerhardstraße als Auto-Unterführung die Bahntrasse kreuzt. Dort ist zurzeit nur ein Fußgängerüberweg.

Der Beueler Bahnhof wird umfassend modernisiert. Der Neubau eines Außenbahnsteigs auf der Ostseite hat den Ab- und Wiederaufbau der denkmalgeschützten Gütergebäude zur Folge. Die Bahnsteige werden gegenüber heute erhöht und dadurch barrierefrei gemacht. Die Personenunterführung wird verlängert und modernisiert. An der Siegburger Straße entsteht eine neue Personenunterführung mit arenenförmigen Treppen.

Im letzten Abschnitt wächst der neue Haltepunkt Ramersdorf in Höhe Schießbergweg. Er ist vor allem für die zahlreichen Telekommitarbeiter gedacht, die am Landgrabenweg ihren Arbeitsplatz haben. Der Bahnhof Oberkassel wird für den Umstieg zwischen Regionalexpress und S-Bahn ausgebaut.

Die Bauarbeiten werden insgesamt voraussichtlich zwölf Jahre dauern, weil "unter rollendem Rad" gebaut wird. Während der Bauphase kann die Strecke alle zwei Monate ein Wochenende lang komplett für Arbeiten gesperrt werden. Außerdem wird der Abschnitt ein Mal pro Monat eine Woche nur eingleisig befahren.

Die Bahn hat den Bau der S13 so geplant, dass sie vielfach auf eigene Grundstücke zurückgreifen kann. Von den notwendigen Zukäufen sind laut Sülwold rund 80 Prozent abgeschlossen. Der Rest werde nun in Kürze realisiert.

Die Bahn ist nach dem Bundes-Immissionsschutzgesetz verpflichtet, bei Neubau oder wesentlichen Veränderungen der Zugtrasse für ausreichenden Lärmschutz zu sorgen. Unter dem Stichwort aktiver Lärmschutz werden Schallschutzwände und Gleispflege zusammengefasst. Auf der neuen S13-Strecke werden 15,5 Kilometer Lärmschutzwände errichtet.

Unter passivem Schallschutz versteht man den Einbau von entsprechenden Doppelglasfenstern und geeigneten Lüftungsanlagen. Wo eine Überschreitung der Höchstlärmgrenzen von 59 Dezibel am Tag und 49 Dezibel in der Nacht in Wohngebieten nicht durch eine Lärmschutzwand verhindert werden kann, muss die Bahn den passiven Lärmschutz zu 100 Prozent finanzieren.

Laut Schallgutachten betrifft das bei der Ausbaustrecke 12.000 Gebäude. Nach den Herbstferien lädt die Bahn alle Anwohner, die in einem Korridor von rund 300 Metern an der S 13-Strecke wohnen zu Bürgerinformationsveranstaltungen ein, um über ihren Anspruch auf Lärmschutz zu informieren.

Parallel zum Ausbauprojekt sind in Abstimmung mit den Umweltbehörden zum Thema Naturschutz Ausgleichs- und Ersatzmaßnahmen definiert worden. Dazu gehört das Anlegen von Hecken, Sträuchern, Teichen, Wiesen und Landschaftselementen zum Schutz von Reptilien und Amphibien.

Vor allem Zauneidechsen und Kreuzkröten stehen im Zentrum der Schutzbemühungen. Weitere Ersatzmaßnahmen sind ins Siegauenkonzept aufgenommen worden. Der Vilicher Bach soll zudem auf einer Länge von 2,4 Kilometern aufgewertet werden. Insgesamt umfasst die Landschaftspflege rund 14 Hektar.

Kritiker des millionenschweren Projektes monieren, dass die ursprünglich vorgesehene Anbindung von Bonner Hauptbahnhof, UN-Campus und WCCB nicht realisiert werden konnte.

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