Filmfestival in Bonn Zauber der Zeppeline

Die 32. Internationalen Stummfilmtage im Arkadenhof der Universität zeigen cineastische Raritäten

Eisbären, die einen Gletscher herunterrutschen; ein Rudel Wölfe, das sich für alles zu interessieren scheint – bloß nicht für den „Renntier-Schlitten“, den es eigentlich zu verfolgen gilt – und Eskimos auf der Jagd: Man kann nun wirklich nicht behaupten, dass Produzent John Hagenbeck und der Regisseur, Drehbuchautor und Schauspieler Ernst Wendt 1922 nicht alle Register gezogen hätten, um „Die Weiße Wüste“ vor den Augen der Kinozuschauer zum Leben zu erwecken. Und auch Stefan Drößler – Gründungsmitglied des Festivals „Bonner Sommerkino“ und langjähriger Leiter des Münchner Filmmuseums – ist das Vergnügen anzusehen, während der fünfminütige Filmausschnitt über die Leinwand der Bonner Kinemathek in der Brotfabrik flimmert.

Ein Vorgeschmack auf die 32. Internationalen Stummfilmtage vom 11. bis 21. August im Arkadenhof der Bonner Universität sowie im LVR-Landesmuseum. Dort wird Drößler am 14. August zusammen mit dem Filmkritiker Jörg Schöning „John Hagenbeck und seine Raubtierfilme“ näher vorstellen. Der Bruder von Carl Hagenbeck – Gründer des Hamburger Tierparks und Veranstalter von sogenannten „Völkerschauen“ – war Abenteurer, Tierfänger und Teehändler in Ceylon, bevor er 1918 in Berlin seine Filmproduktion gründete. Eben einer, der seine Abenteuerlust und seine Träume in Bilder umsetzte – so wie auch der als Zorro, Robin Hood und Dieb von Bagdad berühmte Douglas Fairbanks. Der Film mit dem Mitbegründer der United Artists eröffnet das Stummfilmfestival 2016 und muss sich in einer Welt bizarrer Figuren und Effekte des Wahnsinns erwehren. „Fairbanks ist verrückt“ (USA 1919, Regie: Victor Fleming) hat Filmgeschichte geschrieben – die französischen Surrealisten jedenfalls waren seinerzeit entzückt.

In diesem Sommer gibt es noch weitere sehenswerte Raritäten, um zu zeigen, wie innovativ Produzenten und Regisseure, Drehbuchautoren und Tricktechniker der Stummfilmära zu Werke gingen. „Luftkrieg der Zukunft“ mit deutschen Zeppelinen über der britischen Insel – schon beinahe unheimlich, was Walter R. Booth in seinem 1909 gedrehten Film vorwegnahm. Das erste vollautomatische Restaurant, eine atemberaubende Zeitreise im tief schlafenden Paris und eine turbulente russische Komödie setzen Akzente unter 25 Filmen an elf Tagen. Und Sigrid Limprecht, Geschäftsführerin des Fördervereins Filmkultur, hofft, dass das Publikum diese Vielfalt goutiert und das Festival unterstützt: umsonst und draußen – gegeben wird, was gefällt.

Weitere Informationen unter www.foerderverein-filmkultur.de

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort