Kommentar zur Landtagswahl in Rheinland-Pfalz Signalwirkungen

Dass die beiden Kandidatinnen für das Ministerpräsidentenamt in der ganzen Republik auf so viel Resonanz stoßen, hat auch damit zu tun, dass die Wahl bundespolitisch hohe Bedeutung hat.

So fulminant und intensiv wie der in Rheinland-Pfalz hat schon lange kein Landtagswahlkampf mehr begonnen. Die Ministerpräsidentin sagt die Elefantenrunde ab, weil sie nicht mit der AfD diskutieren will. Wenige Tage später schickt sie ihren Landesvorsitzenden vor. Sie ist damit genauso tagelang bundesweit in den Schlagzeilen wie die Oppositionsführerin, die einen neuen Plan zur Lösung der Flüchtlingskrise entworfen hat. Das Medienecho auf das Verhalten von Malu Dreyer ist verheerend, die Reaktionen in Print, Funk und Fernsehen auf den Vorstoß von Julia Klöckner sind auch eher negativ.

Doch beide Politikerinnen werden in den eigenen Reihen für ihr Auftreten vielfach gelobt. Und was will eine Spitzenkandidatin sechs Wochen vor der Wahl mehr, als diejenigen zu mobilisieren, die für sie Wahlkampf machen? „Die Menschen im Land sind stärker politisiert als bei anderen Wahlkämpfen“, sagte dieser Tage ein Spitzenfunktionär in Mainz. Da ist die Hoffnung groß, dass die Parteien in diesem Wahlkampf auch jenseits des großen Themas Flüchtlinge mit ihren Aussagen zur Landespolitik durchdringen.

Dass die beiden Kandidatinnen für das Ministerpräsidentenamt in der ganzen Republik auf so viel Resonanz stoßen, hat auch damit zu tun, dass die Wahl in Rheinland-Pfalz in diesem Jahr bundespolitisch eine weitaus höhere Bedeutung zu haben scheint als die gleichzeitig stattfindende Abstimmung in Baden-Württemberg. Würde Dreyer die Staatskanzlei verlassen müssen, würde die SPD das Land an Rhein, Mosel und Ahr also nach 25 Jahren wieder verlieren, wäre das für die Partei pro-blematischer als die Frage, ob sie in Baden-Württemberg 15 oder 20 Prozent der Stimmen gewinnt.

Zumal sie damit auch Aufbauarbeit für die Herausforderin leisten würde. Nicht nur in Mainz pfeifen es die sprichwörtlichen Spatzen vom Dach, dass sich die CDU-Landesvorsitzende zu Höherem berufen fühlt. Der Einzug in die Staatskanzlei soll für die 43-jährige Klöckner – ähnlich wie für die früheren rheinland-pfälzischen Ministerpräsidenten Helmut Kohl und Rudolf Scharping – nicht das Ende ihrer politischen Karriere sein.

Ihr sogenannter Plan A2 mag sicherlich nicht der Weisheit letzter Schluss sein, ja vieles von ihm wirkt in der Tat so, als habe sie alten Wein in neue Schläuche abgefüllt. Doch wichtiger ist etwas anderes: Mit ihren Vorschlägen von Grenzzentren statt Transitzonen und Tageskontingenten statt einer Obergrenze ist sie Angela Merkel zwar nicht in den Rücken gefallen, aber sie hat sich profiliert und Alternativen entwickelt. Schon als sie vor zwei Wochen für das erste Quartal „eine merkliche Reduzierung“ der Flüchtlingszahlen forderte, konnte man den Eindruck gewinnen, hier setzt sich jemand – wenn auch wenig, so doch merklich – von dem Kurs der Kanzlerin ab. Gewinnt sie in Rheinland-Pfalz, ist sie die erste Alternative zu Merkel.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Aus dem Ressort