KOMMENTAR Eine Frage der Relevanz

Meinung · Im russischen Sport wurde in großem Stil gedopt. Nicht nur in der Leichtathletik. Federführend war das russische Sportministerium. – Das sind die Kernaussagen, die die Ermittler der Welt Anti Doping Agentur (Wada) nach langen Recherchen getroffen haben.

 "Härteste Sanktionen" kündigte IOC-Präsident Thomas Bach an.

"Härteste Sanktionen" kündigte IOC-Präsident Thomas Bach an.

Foto: dpa

Russland kann nun nicht mehr auf fehlgeleitete Trainer verweisen, die irgendwo in Sibirien ihr Unwesen trieben. Doping in Russland war Staatsangelegenheit. Der Wada-Bericht liefert harte Belege dafür. Die Konsequenz muss sein: Ausschluss von den Olympischen Spielen in Rio. Und zwar für alle russischen Sportler, nicht nur für die bereits suspendierten Leichtathleten.

Schon im Vorfeld der Veröffentlichung des Berichts hatte die russische Politik eine „westliche Verschwörung“ gewittert und von „Sippenhaft“ gesprochen. Klar, Sanktionen gegen eine Organisation oder ein Land sind immer Sippenhaft. Notgedrungen werden immer auch ehrliche und honorige Menschen getroffen. Man könnte aber auch argumentieren: Russland hat seine Sportler in Sippenhaft genommen, indem es staatlich gelenktes Doping zuließ.

Viel, wenn nicht alles, wird nun von Thomas Bach abhängen. Der Präsident des Internationalen Olympischen Komitees hatte stets eine Null-Toleranz-Politik in Sachen Doping propagiert. Gesagt ist das leicht, getan keineswegs. Die Welt braucht Russland und Präsident Wladimir Putin bei der Lösung verschiedener Konflikte. Und ein Olympia-Ausschluss wäre definitiv eine Brüskierung. Zudem gilt Bach als Putin-Intimus. Nicht umsonst kündigte der gewiefte Funktionär zwar „härteste Sanktionen“ an, vermied aber das Wort „Ausschluss“. Niemand möchte derzeit in Bachs Haut stecken.

Die Frage ist, worum es Bach geht. Um seine Wiederwahl? Um Ruhe in der olympischen Familie so kurz vor Rio? Oder um Glaubwürdigkeit? Ist es das, dann kann Bach gar nicht anders, als den Ausschluss der russischen Sportler zu forcieren. Will die olympische Bewegung wieder wirklich relevant sein, will sie ernst genommen werden in der Diskussion um Fairness und Völkerverbindung, muss sie diesen unangenehmen Schritt tun.

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