"Out of Africa": Kenias bedrohtes Paradies Massai Mara

Nairobi · Afrika, wie es sich viele erträumen: Der Massai-Mara-Nationalpark in Kenia ist voller wilder Tiere, voller Abenteuer und Romantik. Er ist eine Reise wert - aber das Paradies ist akut bedroht.

 Von Wilderern bedroht: Elefanten werden im Massai-Mara-Park immer wieder gejagt. Foto: Dieter Ebeling

Von Wilderern bedroht: Elefanten werden im Massai-Mara-Park immer wieder gejagt. Foto: Dieter Ebeling

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Die Hyäne gluckst und kichert vor sich hin. Das Flusspferd schnaubt neben der Zeltwand, entfernt sich dann aber langsam. Affen ziehen zeternd von Baum zu Baum. Irgendwo brüllen Löwen: Das ist eine ruhige Nacht im Mara Bush Camp mitten im kenianischen Massai-Mara-Nationalpark. Denn kein Elefant, kein Büffel und kein Leopard verirrt sich zu den zehn Zelten an der Biegung des Ololorok-Flusses.

Aber im Paradies ist niemand alleine. Wenn an einem der wohl schönsten Flecken Afrikas die Sonne aufgeht, fällt der Blick auf viele Geländewagen. Sie sind in der grünen Savanne mit ihren Schirmakazien und Herden von Gnus, Zebras und Impalas nicht zu übersehen. Im günstigsten Fall sind die Wagen ein paar Kilometer entfernt. Schlimmstenfalls geht es am zugeparkten Mara-Fluss wie am roten Teppich bei der Oscar-Verleihung zu. Die Szenerie ist ja auch sehenswert: Tausende von Gnus stürzen sich fotogen ins Wasser, um trotz der lauernden Krokodile das andere Ufer zu erreichen.

Der Tourismus ist Kenias wichtigste Einnahmequelle, gefolgt vom Export von Blumen, Kaffee und Tee. Seit Anfang 2008, als blutige Unruhen nach umstrittenen Wahlen die Safaritouristen verschreckten, hat sich die Schlüsselindustrie wieder erholt.

Wer sich zum ersten Mal im Massai-Mara-Reservat umschaut, ist überwältigt: Selbst ohne die große Wanderung der Gnus aus der angrenzenden tansanischen Serengeti steht der Besucher vor einer parkartigen Bilderbuchlandschaft voller wilder Tiere. Elefanten, Löwen, Büffel und Leoparden gibt es, mit etwas Glück läuft auch ein Nashorn vor die Linse. Nach dem ersten Abhaken von Tieren beginnt bei den meisten Reisenden das etwas gelassenere Beobachten. Meryl Streep und Robert Redford sind zwar nicht mehr da, aber manchmal scheint die Wirklichkeit noch schöner als im Film "Out Of Africa" zu sein.

Aber wer schon vor 30 Jahren in der Mara war und das Reservat aus alten Zeiten kennt - wer sich von Nairobi aus über 250 Kilometer Straße in sechs Stunden langsam annäherte, statt sich komfortabel einfliegen zu lassen - der sieht auch anderes. Erstens führt der Weg ins Paradies der Tiere jetzt vorbei an eingezäunten Weizenfeldern, die es früher nicht gab, vorbei an Massai-Dörfern, vorbei an vielen großen Rinderherden. Und zweitens gibt es deutlich weniger Wildtiere als einst.

Der Bevölkerungsdruck ist längst in der nur scheinbar idyllischen Wildnis angekommen. Seit 1980 ist die Zahl der Kenianer um etwa 150 Prozent auf jetzt 41 Millionen gestiegen. Die Menschen brauchen Platz, Arbeit, Nahrung. Das sieht man auch hier.

David Karanja, Safari-Guide im Mara Bush Camp, kennt den riesigen Nationalpark wie seine Westentasche. Er entdeckt Löwen und Geparden dort, wo seine Passagiere nur viel Grün sehen. Sehr viele Tiere gebe es und sicherlich auch ein paar Wilderer, sagt er. Aber die Wilderei halte sich in Grenzen: Vor allem seien das wohl junge Massai-Krieger, die schon seit Ewigkeiten ihre Männlichkeit zu beweisen versuchen, indem sie einen Löwen mit dem Speer abstechen. "Hakuna Matata", kein Problem also?

Joseph Ogutu, Bioinformatiker an der Universität Hohenheim, sieht das ganz anders. Die Zahl der Rinder, die von den Massai im Nationalpark illegal geweidet werden, habe sich seit dem Beginn der Tierzählungen aus der Luft im Jahr 1977 mehr als verzehnfacht. Zugleich sei die Zahl der Wildtiere um zwei Drittel gesunken.

Diese erste Langzeitstudie hat für viel Aufsehen gesorgt. Das seien nur Momentaufnahmen, argumentieren die Kritiker. Aber viele Experten räumen ein, dass der Negativtrend grundsätzlich unbestreitbar ist. Brian Heath, Chef der Mara Conservancy, die das sogenannte Triangle (Dreieck) im Nordwesten der Mara verwaltet, schätzt, dass im gesamten Massai-Land der Bestand der Wildtiere in den vergangenen 35 Jahren um 80 Prozent geschrumpft ist. Hunderttausende Hektar Weideland seien als Ackerland an Weizenbauern gegeben worden, die von Generationen von Massai geschützten Wälder würden in alarmierendem Tempo abgeholzt.

Touristen merken meist wenig von diesen Problemen - nicht nur, weil viele Herden von den Massai nachts in den Park getrieben werden und die Wilderei naturgemäß kaum sichtbar ist.

Der Aufenthalt in der Mara ist immer noch ein großes und unvergessliches Erlebnis. Die Übernachtungsmöglichkeiten sind reichlich, allerdings fast alle sehr teuer. Es gibt Lodges, vor allem aber Zeltcamps unterschiedlicher Qualität. Oft lassen diese Zelte - mit eigenem Bad und warmem Duschwasser - wenig Komfortwünsche offen. Im Mara Bush Camp gehört eine Kuhglocke am Zelt dazu: Das Lager ist nicht eingezäunt. Und bevor man sich auf den Weg zu Restaurant, Bar und Lagerfeuer macht, ruft man besser einen Massai-Krieger. Der begleitet den Gast dann. Die Spitze seines Speers ist sehr scharf.

KeniaAnreise: Nairobi und Mombasa werden von Deutschland aus direkt oder mit Umsteigen angeflogen. Von dort geht es per Flugzeug oder Auto in den Massai-Mara-Park per Flugzeug.

Reisezeit: Von Juli bis Oktober ist die große Wanderung der Gnus aus der Serengeti und zurück im Gange. Sehr gut sind auch Januar und Februar. Die Regenzeit von März bis Mai ist ungünstig: Hohes Gras kann die Sicht behindern, einige Camps sind geschlossen.

Gesundheit: Malaria-Prophylaxe und Impfung gegen Hepatitis sind dringend empfohlen. Gelbfieber-Impfung ist bei direkter Einreise aus Europa nicht nötig, wird nach Zwischenlandungen (beispielsweise in Addis Abeba, Daressalam) jedoch verlangt.

Informationen: Kenya Tourist Board, c/o Travel Marketing Romberg, Schwarzbachstraße 32, 40822 Mettmann, Tel.: 02104/83 29 19

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