Ukrainie Krise Volker Rühe macht sich Sorgen über eine Eskalation der Ukraine-Krise

BERLIN · Volker Rühe kennt die Dynamik von Konflikten. Noch zu Zeiten, als Deutschland noch lange nicht wie selbstverständlich eigene Soldaten in Krisen- und Kriegseinsätze schickte, beriet der CDU-Politiker als Bundesverteidigungsminister (1992 bis 1998) im Kreise seiner Nato-Kollegen über Konflikteindämmung. Aktuell leitet der 71-Jährige eine Kommission, die das Mitspracherecht des Bundestages bei der Mandatierung von Auslandseinsätzen überprüft.

Im Ukraine-Konflikt treibt Rühe das ungute Gefühl um, die bewaffnete Auseinandersetzung, bislang beschränkt auf den Osten des Landes, könnte womöglich unbeabsichtigt eskalieren. Tatsächlich ein Krieg aus Versehen? "Die Gefahr ist gegeben", sagte er "Spiegel Online" und erinnerte an einen Zwischenfall vor einigen Wochen im Schwarzen Meer, als sich ein russischer Kampfjet einem US-Kriegsschiff näherte sowie an den Abschuss einer malaysischen Passagiermaschine vor zwei Wochen vermutlich durch prorussische Separatisten.

"Eine Provokation, eine Fehleinschätzung oder Fehlentscheidung können unabsehbare, womöglich unkontrollierbare militärische Folgen haben. Die Lage in der Region ist extrem instabil", so Rühe.

Der Freiburger Historiker Jörn Leonhard sieht zumindest Parallelen zwischen den Ursachen für den Ausbruch des Ersten Weltkrieges und dem aktuellen Konflikt zwischen Russland und dem Westen. Die "subjektive Wahrnehmung" damals, von Österreich-Ungarn "eingekreist zu sein, gedemütigt zu werden", habe durchaus Parallelen zur heutigen Selbstwahrnehmung vieler russischer Politiker.

Rühe wiederum appellierte eindringlich an alle Beteiligten, "die Spirale zum scheinbar unabwendbaren Desaster" zu durchbrechen. Weg von der "Augenblickspolitik" und auch raus aus den alten Strukturen des Kalten Krieges, dafür hin zu mehr Dialog und Zusammenarbeit. Rühes Vorschlag: Transeuropäische, politische und militärische Strukturen, die Ost und West verbinden. Rühe steht mit seiner Warnung vor einer weiteren Eskalation im Ukraine-Konflikt nicht alleine.

Auch der Russland-Beauftragte der Bundesregierung, Gernot Erler, verwies auf eine mögliche Beschleunigung der Gewaltspirale. "Wenn die prorussischen Separatisten in die Nähe einer militärischen Niederlage kommen, dann kann niemand ein direktes Eingreifen Russlands über die Grenze hinweg ausschließen", sagte Erler der "Neuen Osnabrücker Zeitung". Der SPD-Politiker verwies darauf, dass Präsident Wladimir Putin unter Druck stehe, die russischsprachige Bevölkerung in der Ukraine zu schützen.

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