Wolfsburg zufrieden nach Draxler-Deal

Wolfsburg · Klaus Allofs war nach anstrengenden Tagen im Transfer-Theater ganz entspannt und setzte ein Dauergrinsen auf, Club-Rekordeinkauf Julian Draxler wirkte dagegen seltsam verkniffen.

 Julian Draxler findet in Wolfsburg ganz andere Verhältnisse vor. Foto: Peter Steffen

Julian Draxler findet in Wolfsburg ganz andere Verhältnisse vor. Foto: Peter Steffen

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Dabei scheint der VfL Wolfsburg für den Fußball-Weltmeister nach einer chaotischen Endphase bei seinem "Herzensverein" Schalke 04 so etwas wie ein Sehnsuchtsort zu sein. "Ich glaube, dass ich hier in allen Bereichen reifen kann", sagte das 21 Jahre alte Riesentalent bei seiner Vorstellung als Kevin-De-Bruyne-Ersatz.

Vom emotional stets aufgeladenen Traditionsclub zum nüchtern und kontinuierlich von Manager Allofs und Trainer Dieter Hecking zum Spitzenclub aufgebauten Werksverein - so lautete Draxlers Lösung, nachdem seine Karriere zuletzt ins Stocken geraten war. "Bei mir war es Zeit, etwas Neues zu machen. Fakt ist, dass es hier auch etwas ruhiger zugeht als auf Schalke", meinte der Mittelfeldspieler, der für 35 Millionen Euro am letzten Tag der Wechselfrist noch seinen Heimatverein verlassen hatte.

"Ich werde den Verein immer in meinem Herzen tragen", bekräftigte der Jungstar zwar. Doch das permanent vorhandene Theater in Gelsenkirchen mit etlichen Trainerwechseln in den vergangenen Jahren und eine abgelaufene Spielzeit zum Vergessen mit schweren Verletzungen ließen ihn umdenken. "Ich hatte eine Entwicklung, die ich mir nicht gewünscht habe in den vergangenen beiden Jahren. Daher habe ich eine Luftveränderung gebraucht. Das habe ich dem Verein auch früh mitgeteilt", berichtete Draxler. Erstaunlich, dass die Schalker dennoch keinen Ersatz parat hatten, als der VfL ernst machte.

Eigentlich wollte Draxler zu Juventus Turin wechseln. "Das Ausland war für mich eine Überlegung wert, aber die Verhandlungen haben sich sehr lange hingezogen", berichtete er. Der Einstieg des VfL in den Poker war ein Segen für ihn: "Ich habe dann für mich entschieden, dass mein Weg in Deutschland noch nicht zu Ende ist. Ich glaube, dass ich mich hier besser entwickeln kann als im Ausland."

Durch den Bundesliga-Rekordtransfer von De Bruyne für rund 75 Millionen Euro zu Manchester City hatte der VW-Club reichlich Geld generiert - und nicht von der Konzernmutter Volkswagen bekommen. Dies hätte Probleme mit dem UEFA-Financial-Fairplay garantiert, um den - laut Allofs - "Wunschspieler" nach Wolfsburg zu lotsen.

Der Vizemeister und Pokalsieger konnte nebenbei auch noch einen schon länger ausgemachten Schwachpunkt im Kader lösen. "Drei gute Innenverteidiger sind zu wenig, wir brauchen auf dem Niveau noch einen vierten. Das habe ich auch gegenüber Klaus immer zum Ausdruck gebracht", meinte Hecking. Der Verkauf des Offensivtrios De Bruyne, Ivan Perisic (Inter Mailand) und Aaron Hunt (HSV) spülten an den letzten beiden Tagen der Transferfrist knapp 100 Millionen Euro in die VfL-Kasse. Da erfüllte Allofs den Wunsch Heckings gerne gleich mit und holte den beim FC Bayern inzwischen unglücklichen Dante.

Auch wenn die Wolfsburger den Fußballer des Jahres De Bruyne schweren Herzens ziehen ließen - einen Qualitätsverlust sehen sie durch den kurzfristigen Kaderumbau nicht. "Wir haben eine wunderbare Mannschaft zusammen. Dieser Kader kann sich durchaus berechtigte Hoffnungen machen, wieder oben mitzuspielen", befand Allofs.

Der Name Bayern München fiel am Dienstag auffallend oft. "Wir wollen weiter die Bayern ärgern", meinten Hecking und Dante unisono. Der Brasilianer begründete seine Entscheidung, nach Wolfsburg und nicht zu seinem Ex-Club Borussia Mönchengladbach zu gehen, mit der "noch größeren Chance auf Titel".

Der in ganz Deutschland nach wie vor eher unbeliebte VW-Club ist inzwischen nicht nur aus finanziellen, sondern auch sportlichen Gründen vor allem für junge Nationalspieler interessant geworden. In Draxler, André Schürrle und Max Kruse haben die Wolfsburger inzwischen eine für zusammen 79 Millionen Euro zusammen gekaufte Offensivreihe, die so auch in der Startelf des Nationalteams spielen könnte. "Für das Gesamtbild des VfL Wolfsburg ist das von ganz großer Bedeutung", meinte Allofs und grinste danach wieder breit.

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