Tuchel für Klopp: BVB-Trainersuche schnell beendet

Dortmund · Schweres Erbe, reizvolle Aufgabe - Thomas Tuchel konnte dem Werben des Branchenriesen aus Dortmund nicht widerstehen. Trotz des langen Schattens seines Vorgängers Jürgen Klopp gab der 41 Jahre alte Fußball-Lehrer dem Revierclub den Zuschlag.

 Thomas Tuchel (r) wird der Nachfolger von Dortmunds Trainer Jürgen Klopp. Foto: Fredrik von Erichsen

Thomas Tuchel (r) wird der Nachfolger von Dortmunds Trainer Jürgen Klopp. Foto: Fredrik von Erichsen

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Nach diversen Absagen an andere Clubs unterschrieb der ehemalige Mainzer Coach beim achtmaligen Meister einen Vertrag bis 2018. Mit Rücksicht auf den noch amtierenden Klopp wird die Borussia den neuen Hoffnungsträger jedoch erst nach der Saison offiziell vorstellen: "Der BVB bittet um Verständnis dafür, dass sich alle Beteiligten bis zu diesem Zeitpunkt nicht zur Sache äußern werden", hieß es in einer nüchternen, fünfzeiligen Erklärung der Borussia.

Damit ging die Suche nach einem Nachfolger für den noch am Vortag beim 3:0 über Paderborn von den Fans gefeierten Klopp überraschend schnell zu Ende. Nur vier Tage nach der Ankündigung des langjährigen Erfolgstrainers, seine Amtszeit beim BVB zum Saisonende vorzeitig zu beenden, verkündete die Vereinsführung Vollzug.

Tuchel kehrt nach einjähriger Pause auf die Bundesliga-Bühne zurück. Er hatte seine Arbeit in Mainz am Ende der Saison 2013/14 auf eigenen Wunsch vorzeitig beendet. Sein noch ein Jahr länger datierter Vertrag war jedoch nicht vorzeitig aufgelöst worden, was einen Wechsel zu einem anderen Verein nur gegen Zahlung einer Ablöse möglich gemacht hätte.

Es gehört zum erstaunlichen Karrieresprung vom Tuchel, dass sein Wert während seiner einjährigen Beschäftigungslosigkeit kontinuierlich anstieg. Dem Vernehmen nach bemühten sich in dieser Zeit der FC Schalke, Galatasaray Istanbul, RasenBallsport Leipzig und zuletzt der Hamburger SV um eine Verpflichtung des studierten Betriebswirts.

Wie Klopp steht der "Nerd aus Mainz" (Frankfurter Allgemeine Sonntagszeitung) für modernen Angriffs- und Tempofußball. Nicht nur deshalb wurden sie oft miteinander verglichen. Beide debütierten in Mainz als Trainer einer Profimannschaft, beide haben einen akademischen Hintergrund und beide verfügen über großes rhetorisches Geschick.

Schalkes Keeper Christian Wetklo, der in Mainz sowohl unter Klopp als auch unter Tuchel trainierte, hält solche Vergleich nicht für abwegig, verwies in der "Bild am Sonntag" aber auf Unterschiede. "Beide sind herausragende Trainer. Vielleicht kam Kloppo noch etwas mehr aus dem Bauch", sagte Wetklo. "Er war bei den Besprechungen zwar auch inhaltlich, aber er hat immer Reden gehalten, die uns heißgemacht haben. Thomas hat bei Top-Spielen auch Motivations-Reden gehalten oder mit Videos gearbeitet, aber ansonsten hat er doch die Gegner taktisch eher bis ins Einzelne zerlegt und uns präsentiert."

Der FSV Mainz reagierte auf die Nachricht vom neuen Tuchel-Engagement mit einem kleinen Internetscherz. "Trainerschmiede von Borussia Dortmund" schrieben die Mainzer bei Facebook und Twitter - und stellten dazu zwei Fotomontagen, die ihren aktuellen Chefcoach Martin Schmidt ("ab 2020") und U23-Trainer Sandro Schwarz ("ab 2025") jeweils im schwarz-gelben Trainingsanzug des BVB zeigen.

Für Tuchel ist das neue Engagement die bisher größte Herausforderung als Coach. Schließlich wird von ihm erwartet, dass er den zuletzt wankenden Revierclub zurück in die Bundesliga-Spitze führt. Die großen Verdienste seines von den Fans verehrten Vorgängers dürfte die Aufgabe erschweren. In der siebenjährigen Amtszeit von Klopp gewann der BVB zwei deutsche Meisterschaften (2011 und 2012), den DFB-Pokal (2012) und zog in das Champions-League-Finale (2013) ein.

Wie populär Klopp in Dortmund noch immer ist, dokumentieren die Ereignisse beim 3:0 gegen Paderborn. In den letzten Minuten der Partie wurde er in minutenlangen Sprechchören gefeiert. Große Gefühle ließ der Coach jedoch nicht an sich heran: "Das will doch niemand sehen, wenn ein 47 Jahre alter Mann jede Woche wild flennend im TV rumsteht", kommentierte er seine kühle Reaktion und verwies auf sein letztes Heimspiel beim BVB im Mai gegen Bremen: "Es wird noch einmal richtig emotional. Aber bis dahin muss ich einen Schutzpanzer tragen und kann mich als Mensch nicht jedes Mal darauf einlassen."

Immerhin erhöhte sein Team mit dem Sieg über den Aufsteiger die Chance auf ein standesgemäßes Lebewohl von Klopp und einen reizvolleren Einstieg für Tuchel. Der noch zu Rückrundenbeginn vom Abstieg bedrohte Edelkader steht erstmals seit sieben Monaten wieder auf einem einstelligen Tabellenplatz. Das machbare Restprogramm schürt Hoffnungen auf die Europa League. Kapitän Mats Hummels stellte weitere Siege in Aussicht: "Alle im Team haben das Bedürfnis, den Trainer so zu verabschieden, wie er es verdient hat." Ähnlich sah es Klopp: "Wir wollen aus dieser Saison nun alles herauspressen, was noch möglich ist."

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