HSV empfindet Dankbarkeit und sucht erneut die Einsamkeit

Hamburg · Der Hamburger SV hat seine Glücksschmiede gefunden. Erneut reist der Fußball-Bundesligist, der sich am Samstag auf den Relegationsplatz rettete, in die Sportschule nach Malente in Ostholstein.

 Bruno Labbadia bereitet den HSV nun auf die Relegation vor. Foto: Christian Charisius

Bruno Labbadia bereitet den HSV nun auf die Relegation vor. Foto: Christian Charisius

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Schon vor dem siegreichen Spiel gegen den FC Schalke 04 (2:0) hatten sich die Norddeutschen für drei Tage in den hermetisch abgeriegelten Uwe-Seeler-Fußballpark zurückgezogen. "Das ist für uns so etwas wie eine Burg", sagte Trainer Bruno Labbadia und verteidigte die Maßnahme. "Dass wir Ruhe haben, ist ein sehr entscheidender Punkt für uns. Das ist auch kein Aktionismus und kein Aberglaube."

Am Donnerstag (20.30 Uhr) bestreiten die Hamburger das Relegations-Hinspiel gegen den Zweitliga-Dritten Karlsruher SC vor heimischem Publikum. Das Rückspiel findet am 1. Juni statt. "Der Karlsruher SC hat sich diese Spiele sicher redlich verdient. Ich bin optimistisch, dass wir diese Herausforderung bestehen", sagte Fußball-Direktor Peter Knäbel.

Der erste Aufenthalt in der Drei-Sterne-Herberge vor wenigen Tagen hatte dem HSV Erfolg gebracht. Bei Paddeltour, Luftgewehrschießen und einem Erdbeerkuchen-Nachmittag mit Hamburgs Bürgermeister Olaf Scholz tankten die Profis mentale Stärke. "Keiner hatte mehr einen Pfifferling auf uns gegeben", beschrieb Labbadia die Ausgangslage.

Seine Jungs erledigten ihre Hausaufgaben nach Toren von Ivica Olic und Slobodan Rajkovic mit einem verdienten 2:0 über biedere, kriselnde Schalker. Den Rest zum Hamburger Überleben steuerte Hannover 96 bei. "Die Roten" schickten den SC Freiburg mit 2:1 in die Zweitklassigkeit und beschenkten die Hanseaten mit der Saisonverlängerung. In der steht Stürmer Pierre-Michel Lasogga zur Verfügung. Labbadia: "Seine Schulter schmerzt, es ist aber nichts kaputt."

Weil das Hamburger Spiel mehrere Minuten vor den Partien der Konkurrenten beendet war, hatten sich die HSV-Profis noch auf dem Spielfeld um ein Handy geschart, um die anderen Spielstände in Erfahrung zu bringen. "Am schlimmsten war das Leiden, als aus Hannover das 2:1 verkündet wurde und noch zwei Minuten zu spielen waren", berichtete Peter Knäbel, Direktor Profifußball.

Labbadia tigerte derweil am Spielfeldrand auf und ab und traute sich erst in den Stadiontunnel, als er das Signal bekam: Relegation perfekt. Die meisten der 57 000 Zuschauer harrten im Stadion aus, bis die Resultate bekanntwurden. Jubel brandete auf. Dann herrschte wieder Ruhe. Für Partystimmung gab es keinen Anlass.

Große Töne spuckten die erleichterten HSV-Profis nicht. Geradezu demütig gab sich Heiko Westermann. "Wir haben die Chance erhalten, noch zwei Spiele machen zu dürfen", gestand der Rechtsverteidiger. Ähnlich erging es Knäbel. "Es ist Dankbarkeit, dass man diese Extrarunde wieder drehen darf", meinte der Analytiker. Den Äußerungen ist zu entnehmen, dass sich selbst Spieler und Führung wohl eigentlich schon auf Abstieg eingestellt hatten.

Die Erinnerung an den Vorjahresauftritt in der Relegation wird wieder wach. Vor einem Jahr überlebten die Hamburger nur mit unverschämt viel Glück und dank der Auswärtstorregel. Mit 0:0 und 1:1 gegen Greuther Fürth schrammten sie denkbar knapp am erstmaligen Abstieg in die Zweitklassigkeit vorbei. Diesmal will der bedrohte Bundesliga-Dino Eindeutigkeit. "Wir kennen uns da ja aus", meinte HSV-Torhüter René Adler über die Relegation. "Wenn wir mit dem Rücken zur Wand standen, haben wir es immer gut gemacht."

Im Vergleich zur Vorjahresrelegation sieht Adler einen gewaltigen Unterschied: "Wir hatten vergangene Saison nach den verlorenen Spielen überhaupt kein Selbstvertrauen. Jetzt kommen wir als eine absolut intakte Mannschaft und haben einen Mega-Drive." Unter Labbadia sammelte die zuvor desaströse Truppe zehn Punkte in sechs Spielen. Schon vor den beiden Entscheidungsspielen ist sich Labbadia sicher: "Es hat sich gelohnt, den Job anzunehmen."

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