Bundesliga vor historischem Finale: Sechs Clubs zittern

Düsseldorf · Bundesliga-Dino HSV beschwört den Geist von Malente, Hannover hofft auf die inspirierende Atmosphäre eines Klosters, und Paderborn vertraut 51 Schornsteinfegern als Glücksbringer.

 Die Stuttgarter mit Timo Werner (r) treffen auf den direkten Konkurrenten SC Paderborn. Foto: Daniel Naupold

Die Stuttgarter mit Timo Werner (r) treffen auf den direkten Konkurrenten SC Paderborn. Foto: Daniel Naupold

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Vor dem historischen Abstiegs-Showdown am letzten Bundesliga-Spieltag ziehen die Clubs alle Register, um den Sturz in die Zweitklassigkeit zu vermeiden. Das übrige involvierte Trio mit Hertha BSC, dem SC Freiburg und dem VfB Stuttgart setzt hingegen auf gewohnte Abläufe sowie kleine psychologische Tricks und Sticheleien.

Freiburgs Coach Christian Streich ging verbal auf die Vereinsvertreter der Rivalen los, die Bayern München nach dem 1:2 im Breisgau am vorigen Samstag "Wettbewerbsverzerrung" unterstellt hatten. "In solchen Extremsituationen kommen die Charaktere heraus. Viele können mit dem Druck nicht umgehen", meinte der Trainerfuchs des Tabellen-14. vor dem Duell beim punktgleichen Verfolger Hannover 96. Wohl in der Hoffnung, die eigenen Profis aus dem Fokus zu nehmen, lädt Streich die ganze Aufmerksamkeit auf seine Schultern.

Wilfried Finke baut auf ein ähnliches Psycho-Manöver. Allerdings reiht sich der Präsident des Schlusslichts SC Paderborn, das im zweiten direkten Treffen zweier Abstiegsaspiranten mit einem Sieg gegen Stuttgart bestenfalls den Relegationsplatz 16 erreichen kann, in die Heerschar der Bayern-Kritiker ein. Man habe dem Titelverteidiger die "Völlig-egal-Haltung" in Freiburg nach dem Treffer zum 1:2 anmerken können, meinte Finke.

Sowohl die Gäste aus Schwaben, die sich mit einem Erfolg in Paderborn unabhängig von den anderen Ergebnisse retten können, als auch die Ostwestfalen tragen vor dem Finale ihr Selbstbewusstsein zur Schau. "Die Jungs brennen", versicherte SC-Trainer André Breitenreiter. Und Abwehrspieler Christian Strohdiek ist sicher: "Wir werden den Weg über die Relegation gehen." Allerdings nützt dem Aufsteiger selbst ein Sieg gegen die von Trainer Huub Stevens zuletzt glänzend eingestellten VfB-Profis nichts, wenn gleichzeitig der Hamburger SV daheim gegen den taumelnden Krisenclub FC Schalke 04 gewinnt. "Wir sind leider auf Schützenhilfe angewiesen", bedauert Breitenreiter.

Um die Profis auf dem Rasen nicht abzulenken, sollen in den Stadien in Hannover, Paderborn und Hamburg keine Zwischenergebnisse von den anderen Schauplätzen eingeblendet oder durchgesagt werden. Die Trainer lassen sich freilich auf dem Laufenden halten. Hertha-Manager Michael Preetz, dessen Team als Tabellen-13. die besten Chancen des Sextetts hat und bei 1899 Hoffenheim antreten muss, ist es egal, ob in der Rhein-Neckar-Arena Zwischenresultate verkündet werden. "Wir müssen uns nur mit uns beschäftigen."

Im Gegensatz zur Konkurrenz änderte der HSV die Abläufe und suchte in einem Kurztrainingslager den Geist von Malente. In der abgeschiedenen Sportschule bereiteten sich einst die DFB-Auswahlteams auf die Weltmeisterschaften 1974 und 1990 vor. "Das hat was gebracht", verkündete Peter Knäbel im Uwe-Seeler-Fußballpark im Brustton der Überzeugung. "Besondere Tage und Entscheidungen brauchen besonderen Vorlauf", so der Sportdirektor. Trainer Bruno Labbadia führte zahlreiche Einzelgespräche, um den Profis die Angst vor dem Scheitern zu nehmen und Selbstvertrauen einzuimpfen. "Das ist Kopfarbeit. Ich muss Impulse geben, damit die Spieler ihre Fähigkeiten stärken."

Einen ähnlichen Weg schlug Hannover ein. Im Kloster von Marienfeld nutzte der äußerlich gelassene Trainer Michael Frontzeck die Ruhe und Abgeschiedenheit, um das schlechteste Rückrundenteam optimal auf das ultimative Spiel gegen Freiburg vorzubereiten. Frontzeck verbreitet wegen der Ausgangslage als Tabellen-15. Zuversicht, mahnt aber auch: "Wir wissen, dass wir noch einen schweren Gang zu gehen haben gegen eine gute Mannschaft, die das gleiche Ziel hat."

Was all die psychologischen Manöver, taktischen Geplänkel und Mentaltricks bewirkt haben - darüber herrscht am Samstag gegen 17.20 Uhr Gewissheit. Dann fließen irgendwo Tränen der Enttäuschung, andernorts bilden sich Jubeltrauben. Eines steht schon fest: Das Herzschlagfinale der 52. Bundesliga-Saison wird Millionen Fußballfans in den Bann ziehen und nichts für schwache Nerven werden.

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