Bayers Bellarabi spielt für Deutschland: "Ein Traum"

Leverkusen · Flügelflitzer Karim Bellarabi hatte nach dem 3:1 in der Champions League gegen Benfica Lissabon alle Fragen nach der Nationalmannschaft geschickt umdribbelt.

Erst als Bundestrainer Joachim Löw es einen Tag später amtlich machte und den Offensivmann von Bayer Leverkusen für die EM-Qualifikationsspiele gegen Polen und Irland nominierte, wagte er sich aus der Deckung. "Es ist eine große Ehre für mich. Da geht ein Traum für mich in Erfüllung", sagte der Deutsch-Marokkaner, den der Werksclub vor der Saison nach einem Leihgeschäft erst zögerlich wieder integrieren wollte.

"Karim ist von einem Nebendarsteller beim Absteiger Eintracht Braunschweig zu einem Hauptdarsteller bei uns geworden und nun im Kader der Nationalmannschaft", kommentierte Bayer-Geschäftsführer Michael Schade die Berufung. "Ich freue mich sehr für ihn. Er hat es absolut verdient."

Der Vereinschef frohlockte nicht nur über den Ruf von Löw, sondern auch über die Wahl von Bellarabi, der von Marokkos Fußball-Verantwortlichen ebenfalls umworben war. Wenn sich der Tempodribbler anders entschieden hätte, wäre seine Abstellung für den mehr als drei Wochen dauernden Afrika Cup im Januar und Februar 2015 absehbar gewesen. "Ich kann nicht verhehlen: So ist es gut für uns", bekannte Schade. Ist es auch die richtige Entscheidung für Bellarabi? Beim Weltmeister ist die Konkurrenz mit Mario Götze und Co. groß - im marokkanischen Team wäre die Chance, dauerhaft zu spielen, besser gewesen.

Die Karriere des 24-jährigen Offensivmannes verlief alles andere als gradlinig nach oben. 2008 war der Sohn einer deutschen Mutter und eines marokkanischen Vaters vom FC Oberneuland zur U19 von Eintracht Braunschweig gewechselt, wo ihn der damalige Nachwuchscoach Torsten Lieberknecht förderte. Drei Jahre später holten ihn die Leverkusener. Auch aufgrund von Verletzungen konnte er sich nicht durchsetzen und wurde zum Bundesliga-Aufsteiger Braunschweig verliehen.

Die Rückkehr zu Bayer 04, das in den Kader 2014/15 rund 30 Millionen Euro investierte, war keineswegs beschlossene Sache. Erst nach einer Sichtung im Training entschied der neue Coach Roger Schmidt: Er bleibt! "Ich habe mich vor der Vorbereitung vorbereitet, weil ich das Jahr nutzen wollte. Alles, was ich mir vorgenommen habe, hat sich erfüllt", sagte Bellarabi und fügte betont bescheiden hinzu: "Ich bin noch in einer Lernphase, gebe aber immer hundert Prozent und will sehen, was ich da noch rausholen kann."

Zeigen kann er es als Nationalspieler in spe am Samstag gegen den SC Paderborn sowie vielleicht in den EM-Qualifikationsspielen am 11. Oktober gegen Polen in Warschau und am 14. Oktober in Gelsenkirchen gegen Irland. "Er hat es verdient. Wenn er dabei ist, werde ich glücklich sein", sagte Bellarabis Bayer-Mitspieler Heung-Min Son.

Nach dem starken Auftritt gegen Portugals Rekordmeister Benfica, wollen die Leverkusener mit einem Sieg gegen den ehemaligen Club ihres Trainers Roger Schmidt den dritten Platz in der Liga festigen. "Den Schwung wollen wir mitnehmen, aber es wird eines der schwierigsten Spiele", warnte Bayer-Torwart Bernd Leno. "Jeder erwartet jetzt ein Spektakel, bei dem wir Paderborn aus dem Stadion schießen."

Für Schmidt, der beim SC Paderborn gespielt und als Trainer aktiv war, ist die Begegnung mit seinem alten Verein etwas Besonderes. Gefühle, Sympathie und Zuneigung will er aber ausblenden. "Ich kann vor dem Spiel schlecht daran denken. Wir wollen gewinnen", sagte Schmidt und versicherte: "Ich sehe es nicht so extrem, wie man es sich vorstellt." Dafür ist die Konstellation für seine Spieler ein Ansporn, sich für ihren Coach richtig reinzuhängen. "Der Trainer hat da noch ein Haus stehen", sagte Bellarabi. "Deshalb werden wir Vollgas geben, um für den Trainer die drei Punkte zu holen."

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