Watutinki statt Palmenoase So sieht das Hotel der Nationalmannschaft in Russland aus

Moskau · Paradies oder Pragmatismus? Die deutsche Nationalelf hat es sich mit ihrer Wahl des Team-Hotels bei der Fußball-WM nicht leicht gemacht. Doch es gibt eine wichtige Gemeinsamkeit mit dem Hotel 2014 in Brasilien.

Der Feinschliff ist getan, bis zuletzt haben Handwerker gearbeitet, damit es WM-Titelverteidiger Deutschland schön hat bei der Fußball-Weltmeisterschaft in Russland. Seit kurzem seien die Bauarbeiten abgeschlossen, sagte die Leitung des Team-Hotels Watutinki bei Moskau der Deutschen Presse-Agentur. Am Dienstag reist die deutsche Nationalmannschaft zur WM nach Russland.

Watutinki - für Ausländer klingt der Name exotisch, ein bisschen mystisch gar. Für russische Ohren aber ist es lediglich ein gewöhnlicher, obschon seltener Name.

Das Team-Hotel Watutinki liegt am Rande der gleichnamigen Ortschaft im Südwesten der russischen Hauptstadt. 35 Kilometer sind es bis zum Luschniki-Stadion, wo Deutschland am Sonntag sein erstes Spiel gegen Mexiko bestreiten wird und auf eine Titelverteidigung im Finale hofft. Der Flughafen Wnukowo ist 30 Kilometer entfernt. „Das Trainingsgelände von (Erstligist) ZSKA Moskau ist nur fünf Minuten entfernt“, sagte eine Hotel-Sprecherin.

Mit der Entscheidung für den abgelegenen Spa-Komplex hat es sich der Deutsche Fußball-Bund (DFB) nicht leicht gemacht. Verlockend waren der Strand und das subtropische Klima im Ferienort Sotschi am Schwarzen Meer. Dort residierte die DFB-Auswahl beim Confederations Cup im vergangenen Sommer. Das edle Resort an der Strandpromenade war mondän und modern. Das Stadion lag in Sichtweite; ein Privatstrand lud die späteren Turnier-Sieger zur Zerstreuung ein. Es war Fußball unter Palmen.

Bei der Weltmeisterschaft vom 14. Juni bis 15. Juli gelten andere Maßstäbe. „Wir haben doch auch unsere Vernunft eingeschaltet“, begründete Bundestrainer Joachim Löw die Entscheidung für Moskau. In einem Wäldchen gelegen und mit öffentlichen Verkehrsmitteln kaum erreichbar, soll das Hotel für Löw und sein Team ein Ruhepol zwischen den Spielen werden.

„In Moskau können wir bei besten Trainingsbedingungen konzentriert arbeiten und finden in dem ruhig gelegenen Quartier auch gute Möglichkeiten zu regenerieren“, sagte Löw. Team-Manager Oliver Bierhoff sagte der Agentur Tass über die Hotel-Wahl, manche Mannschaften suchten einen lebhaften Ort. Deutschland wolle hingegen, dass die Spieler so wenig Aufmerksamkeit wie möglich bekommen.

Fotos im Internet zeigen blank polierten Marmor in der Lobby und schwere dunkle Holzmöbel auf den Zimmern - edler, postsowjetischer Hotel-Schick eben und etwas weniger modern als beim Confed Cup in Sotschi. Menschen, die schon einmal in Watutinki übernachtet haben, schwärmen vom riesigen Schwimmbad.

Ruhe ist Löw und seinem Team in den kommenden Wochen sicher. Vom 1. Juni bis 27. Juli ist das Hotel für den Publikumsverkehr geschlossen. Zwar lehnte die Hotelleitung vorab eine Führung über die Anlage ab, aber sie versicherte, dass es der DFB-Elf an nichts fehlen werde. 72 Zimmer seien für die Mannschaft und ihren Tross vorgesehen, sagte die Sprecherin. Ein ganzer Gebäudekomplex sei teils renoviert, teils neu gebaut worden. „Alles ist sehr modern.“

Seit 2015 sei die Anlage für die WM vorbereitet worden, hieß es. Noch im Mai waren die Bauarbeiten Augenzeugen zufolge nicht fertig.

DFB-Präsident Reinhard Grindel sah das bei einem Besuch in Moskau wenige Wochen vor WM-Anpfiff gelassen. „Es gehört zu den Usancen im DFB, dass sich der Präsident um diese operativen Fragen nicht im Einzelnen kümmert“, sagte Grindel. „Er kloppt keine Steine, und er sorgt nicht für die Inneneinrichtung, sondern er informiert sich, wie die Vorbereitungen laufen.“

Bayerns Verbandschef Rainer Koch, der Grindel nach Moskau begleitet hatte, sah in den langwierigen Bauarbeiten aber ein gutes Omen. Auch bei der WM2014 in Brasilien sei noch bis zur letzten Minute am Team-Hotel gewerkelt worden. „Wir sind dann Weltmeister geworden.“ Wenn das nun wieder so ist, seien die Aussichten in Watutinki gut.

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