WM 2018 Griezmann stoppt zweite Liebe Uruguay

Nischni Nowgorod · Ausgerechnet gegen "sein" Uruguay gelingt Griezmann sein erstes Tor aus dem Spiel bei dieser WM. Auf dem Weg zum zweiten Titel nach 1998 wirkt die Deschamps-Elf souverän. Der Halbfinal-Einzug soll noch lange nicht das Ende sein.

 Antoine Griezmann aus Frankreich bedankt sich nach Spielende bei den Fans.

Antoine Griezmann aus Frankreich bedankt sich nach Spielende bei den Fans.

Foto: Christian Charisius

Erst weit nach dem Abpfiff fiel die ganze Last von Antoine Griezmann ab. Ausgerechnet gegen seine zweite Liebe Uruguay wurde der wendige Stürmer von Atlético Madrid mit einem Tor und einem Assist zum Matchwinner.

"Ich habe deshalb nicht gejubelt, weil ich früher von einem Trainer in Uruguay unterstützt wurde. Ich habe großen Respekt vor Uruguay. Für mich war es normal, nicht zu jubeln", sagte Griezmann unmittelbar nach dem 2:0, das die souveränen Franzosen einen weiteren Schritt näher an den möglichen zweiten WM-Titel nach 1998 brachte.

So ballte der 27-Jährige erst nach Schlusspfiff beide Fäuste in die Kameras und bejubelte den ersten WM-Halbfinaleinzug Frankreichs seit 2006. "Wir haben ein Team, das jedem Gegner weh tun kann. Wenn wir uns auf unser Spiel konzentrieren, haben wir großartige Chancen auf den Sieg", sagte Griezmann. Nach der Partie in Nischni Nowgorod umarmte er seine Kumpels und Freunde aus Uruguay fast schon entschuldigend, zuvor hatte er auch dank eines schweren Fehlgriffs von Uruguays Torwart-Routinier Fernando Muslera (61.) die Vorentscheidung mit einem Distanzschuss herbeigeführt. Das Führungstor von Raphaël Varane bereitete er am Freitag mustergültig vor.

"Es ist wunderbar. Wir haben eine weitere Etappe genommen, die wir vor vier Jahren nicht geschafft haben. Jetzt wollen wir bis zum Ende dabei sein. Wir müssen weitermachen, nicht aufhören. Unser Ziel ist nicht das Halbfinale", sagte Frankreichs Mittelfeld-Motor Paul Pogba, der für sein außerordentlich großes Selbstbewusstsein bekannt ist. Ohne den verletzten Edinson Cavani lieferte Uruguay zwar einen großen Defensivkampf, kam aber zu keinerlei Entlastung und kaum Chancen in der Offensive.

"Mir fehlen fast die Worte", sagte Frankreichs Trainer Didier Deschamps. "Ich bin sehr, sehr stolz auf meine 23 Spieler. Ich bin froh, Franzose zu sein." Vier Jahre nach dem Viertelfinal-Aus gegen die DFB-Elf in Brasilien erreichte Frankreich zum sechsten Mal ein WM-Semifinale, Gegner am Dienstag ist Belgien.

Das Rätsel um Cavani wurde erst eine Stunde vor dem Anpfiff gelöst. Die elf Spieler, die Trainer-Maestro Óscar Tabárez auf den Platz schickte, wollten es ohne ihren Achtelfinal-Doppeltorschützen erst recht wissen. Doch es fehlten Inspiration, Spielfreude und die Mittel, um Frankreich zu schlagen.

Griezmann unterhielt sich nach der Partie länger mit dem an der Wade verletzten Cavani, drückte auch seine Atlético-Kumpels Diego Godin und José María Giménez. "Ich liebe Uruguays Kultur und Uruguay als Land", verdeutlichte der Man of the Match noch einmal ausdrücklich.

Die Franzosen hatten eine Viertelstunde gebraucht, um sich auf die harte Gangart einzustellen. Dann legte Mittelstürmer Olivier Giroud Teenager Kylian Mbappé den Ball mit dem Kopf vor, doch der völlig freistehende 19-Jährige köpfte das Spielgerät überhastet über das Tor.

Besser als Mbappé machte es Varane. Griezmann flankte aus dem rechten Halbfeld ins Zentrum, wo der 25-Jährige unhaltbar einköpfte - ausgerechnet Varane, der beim Viertelfinal-K.o. seines Teams gegen Deutschland 2014 beim Gegentreffer von Mats Hummels noch schlecht ausgesehen hatte.

Das 0:1 gegen den späteren Weltmeister Deutschland ist nach dem Einzug ins Halbfinale endgültig vergessen. "Es ist eine große Erleichterung. Uns hat ein Berg gegenübergestanden, eine sehr starke und athletische Mannschaft. Das zweite Tor hat uns ein bisschen befreit", sagte Kapitän und Keeper Hugo Lloris, der beim Stand von 1:0 mit einer großartigen Parade Frankreichs Führung rettete.

Uruguays Trainer-Routinier Tabárez, mit 71 Jahren der älteste Coach bei dieser WM, ließ seine Zukunft unmittelbar nach dem Aus offen. "Ich kenne nicht ein Beispiel, in dem der Trainer über seine Zukunft entscheidet. Ich habe einen Vertrag, es ist nicht an mir zu entscheiden, wie es weitergeht. Ich möchte so etwas nicht kommentieren, auch heute nicht", sagte der Coach. Sowohl der geschlagene Tabárez als auch Sieger Griezmann wurden mit Applaus von der Pressekonferenz verabschiedet.

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