Das Standard-Rezept Elfer, Freistöße und Ecken führen zum WM-Erfolg

Moskau · Nicht nur für Joachim Löw sind sie "ein wichtiges Thema". Standardsituationen werden immer wichtiger - auch bei dieser WM. Rund die Hälfte aller Tore fällt nach ruhenden Bällen. Mehr Freistöße als 2014 wurden bereits verwandelt. Die Gründe sind vielfältig.

 Portugals Superstar Cristiano Ronaldo (l) erzielte sehenswert per Freistoß den Ausgleich zum 3:3-Endstand.

Portugals Superstar Cristiano Ronaldo (l) erzielte sehenswert per Freistoß den Ausgleich zum 3:3-Endstand.

Foto: Chen Yichen/xinhua

Kuriose Neuerungen wie Thomas Müllers Stolper-Freistoßtrick von der WM 2014 gab es in Russland noch nicht zu bewundern.

Und doch werden die Standardsituationen für alle Teams immer wichtiger: Rund die Hälfte aller Tore fiel in der ersten WM nach Ecken, durch Freistöße oder Elfmeter. Ein erfolgreiches Rezept für die ruhenden Bälle kann zum Titel-Geheimnis werden. "Der Fokus verschiebt sich im Fußball", analysierte 2014er-Weltmeister Christoph Kramer den Trend im ZDF. "Inzwischen stehen fast alle Teams defensiv gut, es wird immer schwerer, offensiv etwas zu kreieren."

Als Blaupause diente der 2:1-Erfolg Japans gegen Kolumbien: Die Asiaten trafen per Handelfmeter und nach einer Ecke, die Kolumbianer glichen mit einem direkt verwandelten Freistoß aus. Insgesamt wurden bereits acht Strafstöße versenkt - zwei Drittel der Elfmetertore der kompletten WM vor vier Jahren in Brasilien (12).

"Die Bedeutung von Standards hat sich unglaublich vergrößert und jedes Team nutzt sie als wertvolles Angriffstool in seinem Team", schrieben die FIFA-Analytiker damals in ihrem technischen Bericht. "Die verteidigenden Teams versuchen, jegliche Freistöße nahe ihres Strafraums zu vermeiden, weil sie sich der großen Gefahr bewusst sind."

Portugals Cristiano Ronaldo, Russlands Alexander Golowin, der Serbe Aleksandar Kolarov und Kolumbiens Juan Quintero verwandelten ihre Freistöße direkt - damit ist bereits früh der Wert der Weltmeisterschaft 2014 übertroffen (3). Dabei machen sich die Scharfschützen auch die Flugeigenschaften des WM-Balls Telstar 18 zunutze. "Wir sind die Opfer der FIFA und des Fußballs, der sich immer weiter entwickelt", klagte Ägyptens Ersatztorwart Essam Al-Hadari bereits über das Spielgerät.

Und auch andere technische Neuerungen unterstützen den Standard-Trend. Das Freistoßspray, das 2014 seine WM-Premiere feierte, sorgt für den entsprechenden Abstand der Mauer. Und die Videotechnik entlarvt übersehene Elfmeter - alleine vier Strafstöße wurden in Russland erst nach Intervention des Video-Assistenten gegeben. So fielen in den ersten 17 Spielen 22 von 44 Toren (50 Prozent) nach Standardsituationen. Vor vier Jahren waren es nur 38 von 171 Treffern, eine Quote von gut 22 Prozent.

"Wir arbeiten im Training an genau diesen Elementen", berichtete Real Madrids Superstar Luka Modric über die kroatische Taktik, die zum 2:0 gegen Nigeria führte. Ein Eigentor nach Ecke und der Foulelfmeter von Modric entschieden die Partie. "Ecken und Elfmeter sind wesentlicher Bestandteil des Fußball", sagte Kroatiens Coach Zlatko Dalić. "Es ist egal, wie du triffst - was zählt ist, dass du triffst."

So setzte Joachim Löw vor vier Jahren auf den kreativen Freigeist seiner Spieler, die selbst Standardvarianten entwickeln durfte. Müllers geplanter Stolperer vor einem Freistoß, der Algerien im Achtelfinale verwirren sollte, wurde weltberühmt. Dieses Jahr wählte das Betreuer-Team einen etwas konservativeren Ansatz im Training. Doch auch Weltmeistercoach Löw weiß: "Es wird ein wichtiges Thema sein, aus Standards kann man viel machen."

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