Fußball-Ikone Argentiniens Edelfan in WM-Form: Chefkritiker Maradona

Bronnitsy · Es geht einfach nicht ohne ihn, nicht ohne Diego Armando Maradona. Auf der Tribüne, im TV-Studio. Maradona fiebert mit, jubelt, leidet und teilt schon mächtig gegen Argentiniens aktuellen Coach aus.

 Diego Maradona (M) schaute sich den WM-Auftakt der Argentinier live im Stadion an.

Diego Maradona (M) schaute sich den WM-Auftakt der Argentinier live im Stadion an.

Foto: Ricardo Mazalan/AP

Diego Maradona ist in besserer WM-Form als Argentiniens Nationalmannschaft. Er lässt sich feiern, er fällt auf, er schießt scharf in Richtung Trainer.

Der, so meinte Maradona nun in seiner eigenen TV-Sendung "De La Mano del Diez" ("Von der Hand der Zehn") von Telsur, brauche erst gar nicht nach Argentinien zurückkehren, wenn die Mannschaft so spiele. Dass sich allerdings ausgerechnet Maradona berufen fühlt, Jorge Sampaoli nach nur einem Spiel bei der Fußball-WM in Russland öffentlich derart zu rügen, entbehrt nicht einer gewissen Süffisanz.

2010, als Maradona sich Trainer der Albiceleste nennen durfte, schied die Mannschaft im Viertelfinale krachend mit 0:4 gegen Deutschland aus - konzeptlos, ideenlos. Jetzt, orakelt Maradona, könnte es das Team um seinen weiter unvollendeten Nachfolger Lionel Messi noch früher erwischen. Es sei naheliegender, dass die Mannschaft auch die kommenden Spiele am Donnerstag gegen Kroatien und Dienstag kommender Woche gegen Nigeria verliere. Man kann sich vorstellen, welche Abrechnung vom Chef-Kritiker dann folgt - vermutlich nicht mal unberechtigt.

Maradona macht das WM für WM so. Unvergessen die bisweilen skurrilen Auftritte bei der WM 2006 in Deutschland als Super-Maskottchen. Dann Südafrika 2010: Maradona als Trainer, der auch mal mitten in einer Pk von seinem Platz aufspringt, um einen ehemaligen Wegbegleiter innigst zu knuddeln. Sportlich schaffte er es auch nicht, eine Mannschaft für die Krönung von Messi zu konzipieren. Oder wie damals der "Spiegel" schrieb: "Götterdämmerung für den Überirdischen."

2014 in Brasilien lästerte und wetterte Maradona in der Sendung "De Zurda". Und nun macht die "Hand Gottes" verbal so weiter. Oder als Edelfan mit Zigarre in der Loge beim 1:1 von Argentinier gegen Island - vom Rauchverbot auch im Spartak-Stadion von Moskau wusste er nach eigener Aussage nichts.

Maradona wird verehrt, auch vergöttert. Er führte Argentinien 1986 zum zweiten WM-Titel nach dem Heimtriumph 1978. Maradonas Genialität auf dem Rasen ist und bleibt unbestritten. Der Rest ist mehr als streitbar, Maradonas Leben von Skandalen geprägt. Schwerste gesundheitliche Probleme brachten ihn schon dem Tod nahe.

Maradona ist aber auch ein Kämpfer, einer der es aus einem Armenviertel von Buenos Aires nach ganz oben geschafft hat. Er ist einer aus dem Volk, er ist eine Legende der Boca Juniors. Es ist diese Nähe zum Land und seinen Landsleuten, die Messi wiederum in der Wertschätzung und Anerkennung fehlt. Er lebt seit Teenager-Zeiten in Barcelona, am Sonntag wird er 31 Jahre alt.

Maradonas berufliche Wirkungsstätten haben sich allerdings auch eher ins Ausland verlegt. Nach der WM wird er Präsident des weißrussischen Spitzenclubs Dinamo Brest. Dort soll er auch die Fußballstrategie des Vereins sowie die Nachwuchsakademie verantworten. Zeit hat er ja, Ende April wurde Maradona als Trainer von Fudschaira SC entlassen. Ein Zweitligist in den Vereinigten Arabischen Emiraten.

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