WM2014 Pokal mit kleinem Konstruktionsfehler

BONN · Sepp Blatter darf's nicht wissen. Der WM-Pokal steht bei mir im Partykeller - auf einem kleinen Podest auf der Theke. Wenn Kumpels bei mir Fußball gucken, stehen sie fast ehrfürchtig davor.

Jeder will ihn anfassen und sich mit ihm fotografieren lassen. Selbst harte Jungs werden mit ihm in der Hand ganz sentimental. "Das ist der Echte", pflege ich dann auf die fragenden Blicke zu antworten, "was der Blatter am Sonntag überreicht, ist eine Kopie."

Das ist natürlich ein bisschen dick aufgetragen, aber ganz falsch ist es nicht. Der Pokal, den der Weltmeister aus Brasilien mit nach Hause nehmen und behalten darf, ist in der Tat eine Replik. Aus Bronze, mit Gold überzogen.

Das Original, das zurzeit an einem geheimen Ort in Rio aufbewahrt und beschützt wird wie die Kronjuwelen, bekommen Spieler und Fans nur kurz am Sonntagabend zu sehen. Nach der Siegerehrung kassiert die Fifa das gute Stück wieder ein. Nicht, dass noch einmal ein solches Missgeschick passiert wie 1970, als den Brasilianern der goldene Original-Pokal aus der Vitrine gestohlen und pietätlos eingeschmolzen wurde.

Die heutige Trophäe ist 36,8 Zentimeter hoch und 6,175 Kilo schwer. Verarbeitet sind 3,675 Kilo pures Gold. Materialwert 1974, als ihn Franz Beckenbauer hochstemmte: umgerechnet 24.224 Euro. Am Sonntag hält der Weltmeister dank des gestiegenen Goldpreises rund 114.000 Euro in Händen. Der ideelle Wert ist natürlich um ein Vielfaches höher.

Auch für mich. Gut, ich habe jetzt 60 Euro bezahlt. Es ist auch nicht direkt Gold, was hier glänzt. Eher das flüssige Gold des Handwerkers, nämlich Acryl. Sieht aber dem Original täuschend ähnlich. Am Sonntag mache ich ein Selfie, wenn ich ihn nach dem deutschen WM-Sieg hochrecke. Einziger Konstruktionsfehler von Original und Fälschung: Es lassen sich keine Kaltgetränke einfüllen.

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