Telekom Baskets Bonn Lange Nacht in Weißenfels

BONN · Es bleibt dabei: Die Telekom Baskets Bonn sind kein Team für Fans mit schwachen Nerven. Beim Mitteldeutschen Basketball-Club gewannen sie ein Spiel, das schon verloren schien, nachdem es zuvor eigentlich bereits einmal gewonnen gewesen war, nach zweifacher Verlängerung mit 99:96 (16:14, 15:11, 25:17, 14:28, 15:15, 14:11).

 Tragende Rollen übernahmen Geno Lawrence und Ryan Brooks in der Verlängerung.

Tragende Rollen übernahmen Geno Lawrence und Ryan Brooks in der Verlängerung.

Foto: Matthias Kuch

Damit sicherten sie sich wichtige Zähler im Kampf um das Pokalticket. Der Jubel der Bonner fiel nach der Schlusssirene relativ verhalten aus. Kein Gehopse, kein wildes Quer-übers-Feld-Rennen - der Tank war leer. Aber die Energie der Baskets hatte immerhin länger gereicht, als die der Wölfe. Denn in der zweiten Verlängerung hatten die Gastgeber nichts mehr zuzusetzen gehabt. Die Spieler von Cheftrainer Mathias Fischer hingegen ließen sich nur in einer Hinsicht anmerken, dass sie bereits am Mittwoch im Eurocup bei Paris-Levallois fünf Extra-Minuten hatten spielen müssen: Sie machten es dieses Mal besser.

"Es war die erwartet schwierige Partie und ich bin sehr froh, dass wir gewonnen haben", sagte Fischer. "Vielleicht haben wir bei der 16-Punkte-Führung gedacht, die Sache ist entschieden. Das war ein Fehler. Wir müssen einfach konsequenter sein und den Sack zumachen." Aber der kritische Trainer war dennoch zufrieden: "Ich muss meinem Team ein Kompliment machen. Es hat nie aufgegeben. Auch nicht, als es schon hoffnungslos schien. Ich hoffe, der Sieg pusht uns jetzt in die richtige Richtung." MBC-Trainer Silvano Poropat machte die Bonner Erfahrung als entscheidenden Unterschied aus: "Bonn war über 40 Minuten gesehen die bessere Mannschaft. Wir haben zwar gekämpft, aber wir haben auch gezeigt, dass uns die Erfahrung fehlt, wenn es darum geht, ein solches Spiel zu gewinnen." Zur Erfahrung kam dann auch noch der offensichtlich überdurchschnittliche Fitnesszustand des Bonner Kaders. Denn auch Poropat fand: "Bonn war dann frischer und hat verdient gewonnen. Am Ende ist uns die Puste ausgegangen."

37 Minuten hatten die Baskets das Spiel im Grunde im Griff gehabt und sich nicht von brodelnder Atmosphäre und merkwürdigen Schiedsrichter-Entscheidungen aus dem Tritt bringen lassen. Doch der MBC ließ sich auch nie ganz abschütteln, und so brachten eine kleine Bonner Schwächephase und plötzlich doch fallende Dreier von Frantz Massenat, Hördur Vilhjalmsson und Patrick Richard die Hausherren in eine glänzende Ausgangsposition (70:69). Es waren noch 44 Sekunden zu spielen.

Baskets-Spielmacher Geno Lawrence verwandelte einen von zwei Freiwürfen zum Ausgleich und die Baskets erlaubten dem MBC keinen Korberfolg mehr in den verbleibenden 26 Sekunden. Verlängerung. Die Angelegenheit bewegte sich auf Augenhöhe, ehe Djordje Pantelic den MBC per Dreier in die bessere Ausgangslage versetzte (81:77, 44.). Christian Standhardinger zeigte an der Freiwurflinie Nerven, erlaubte den Baskets so, wieder aufzuschließen, und Steve Wachalski rettete die Baskets mit zwei verwandelten Freiwürfen in die zweite Verlängerung.

Hier zogen die Weißenfelser schnell mit sechs Punkten davon, aber Wachalski befeuerte per Dreier die Bonner Hoffnungen (93:90, 48.). Lawrence war nicht gewillt, das wettbewerbsübergreifend sechste Spiel in Folge zu verlieren und klaute aus einer immer noch konzentrierten Bonner Defense heraus den Wölfen in den letzten drei Minuten der zweiten Overtime drei Mal den Ball und damit letztlich auch die Punkte.

Als Ryan Brooks den Männern in Orange bei noch neun Sekunden auf der Uhr ein weiteres Mal den Ball stahl und gefoult wurde, riss Benas Veikalas am Spielfeldrand die Arme in die Höhe, Caloiaro rannte zum Topscorer (20 Punkte) und klatschte ihn ab. Jetzt schwieg auch der Hallensprecher - ein Mann, der zuvor einer Hamburger Fischverkäufer-Dynastie alle Ehre gemacht hätte.

Von der Freiwurflinie besorgte Brooks die letzten Bonner Punkte, ein wilder Dreier von Vilhjalmsson konnte den Baskets nichts mehr anhaben - 96:99.

Aber damit war die Arbeit noch nicht erledigt: Dopingprobe. Geno Lawrence, Tadas Klimavicius und Andrej Mangold waren ausgelost worden und wurden zum Becher gebeten. Aber nach zwei Verlängerungen war der Flüssigkeitsvorrat ausgeschwitzt. Und so wartete der komplett besetzte Mannschaftsbus auf die Pflichterfüllung auf einem Herren-WC in Sachsen-Anhalt.

Es wurde spät und später und der Trainer büßte mit jeder Minute von der guten Stimmung nach dem Sieg ein. "Ich kann die Terminauswahl nicht verstehen. Es gibt auch 17-Uhr-Spiele", echauffierte er sich gestern. "Nicht, dass ich falsch verstanden werde: Ich stehe komplett hinter der Arbeit der Nada, aber das ist kontraproduktiv, was Regeneration und Trainingsplanung anbetrifft. Man stelle sich vor, unser Spiel gegen Reggio Emilia am Mittwoch wäre noch ein entscheidendes..."

Nur mit Hilfe der MBC-Verantwortlichen hatten die Baskets noch das Personal einer Hamburger-Braterei dazu überreden können, die Öffnungszeiten auszudehnen, damit die Heimreise zumindest nicht mit leerem Magen angetreten werden musste. Der Teambus rollte dann übrigens um 7.20 Uhr gestern Morgen auf den Parkplatz am Telekom Dome.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Berechtigte Ausgrenzung
Kein Platz für Müller im DFB-Team Berechtigte Ausgrenzung
Aus dem Ressort