Telekom Baskets Bonn Eugene Lawrence ist das passende Puzzleteil

BONN · Ein Puzzle ist laut Definition ein Geduldspiel, bei dem verzahnte Teilchen zu einem Ganzen zusammengesetzt werden. Insofern ist jede Mannschaftszusammenstellung ein Puzzle - es muss passen.

Fehlt ein Teil, ist es schwer, an die gleiche Stelle ein anderes zu setzen. Insofern nennt Mathias Fischer, der Trainer der Telekom Baskets, seinen Spielmacher Geno Lawrence "einen echten Glücksfall".

Fischer war das zentrale Puzzleteilchen abhanden gekommen: Jared Jordan. Den Pointguard, um den die Bonner Mannschaft aufgebaut war, zog es während der laufenden Saison nach Bamberg. Ein Loch, mitten im Puzzle. "Dass Geno Lawrence Basketball spielen kann und dass er unserem Anforderungsprofil entspricht, war ja klar", sagt Fischer, "aber dass es auch menschlich so gut klappen würde und das Team zusammen so gut funktioniert, hätten wir nicht zu hoffen gewagt."

Lawrence hatte einen Einstieg, wie er bönnscher nicht sein könnte: Karnevalsspiel plus Rosenmontagszug. Man hatte ihm erklärt, was da passieren würde. "Darauf kann man aber nicht vorbereitet sein", sagt er und lacht so breit, dass es unmöglich ist, der Ansteckungsgefahr zu entgehen. "Du ahnst gar nicht, was da auf dich zukommt - bis es soweit ist. Aber es war großartig. Es war ein hartes Spiel, und die Fans haben uns so viel Energie gegeben."

Weniger fröhliche Umstände hatten den athletischen New Yorker nach Bonn gebracht. In der Ukraine bekam er irgendwann kein Geld mehr, Sponsoren drehten im Zuge der politischen Entwicklung den Geldhahn zu. "Die Revolution bestimmte alles", sagt er und dreht nachdenklich an seinem funkelnden Ring.

"Irgendwann gab es sogar Tote. Das war der Zeitpunkt, ab dem ich weg wollte. Wir fühlten uns nicht mehr sicher. Ich habe meinen Agenten gebeten, eine Lösung zu suchen. Mein Verein war bereit, mich aus dem Vertrag zu lassen, und Bonn hatte die Situation mit Jared. Irgendwie passten wir zusammen."

Schon vor der Saison hatte Baskets-Sportmanager Michael Wichterich Eugene Lawrence, wie er richtig heißt, auf dem Zettel gehabt, dann entschied sich Jordan zurückzukommen. Einer von Lawrences Fürsprechern war jetzt Benas Veikalas. Die beiden hatten 2011 mit BK Prostejov in der Eurochallenge gegen die Baskets gespielt. "Und beide Spiele gewonnen", sagt Lawrence und zeigt wieder strahlend sämtliche Zähne.

Angefangen hat seine Liebe zum Basketball in Brooklyn. Da war er 13 Jahre alt. Nach Highschool und Universität ging er eine Saison lang in die Slowakei, danach drei Jahre nach Tschechien, dann in die Ukraine. Die Heimat hatte er immer dabei - auf seinem muskelbepackten rechten Arm. Auf dem Oberarm ist der Big Apple, das Synonym für New York, mit den Buchstaben NY eintätowiert, auf dem Unterarm steht Brooklyn.

Der linke Unterarm erinnert ihn immer an seine Lieben: Family 1st - die Familie, sinngemäß, ist das allerwichtigste. Momentan hat er sie nicht bei sich. "Seit meine Tochter Ariel zur Schule geht, ist meine Frau Shakima mit ihr in New York. Vorher waren sie hier bei mir in Europa", sagt er. Heimweh, so sagt er, hat er nicht. "Im ersten Jahr war es schlimm. Es ist immer noch nicht einfach, aber ich habe mich daran gewöhnt."

Vor kurzem haben die beiden ihn in Bonn besucht. "Ihnen hat es auch gefallen", sagt Lawrence, der sich gut vorstellen kann, auch nächste Saison in Bonn zu spielen. "Mir gefällt es hier sehr gut. Ich mag mein Team und den Verein, alles ist sehr professionell. Die Stadt ist sehr schön, und die Fans sind schon besonders."

Beinahe genauso auffällig wie die Tätowierungen ist eine riesige Narbe. "Ich habe letztes Jahr zwei Wochen mit gebrochenem Arm gespielt", sagt er und zwirbelt seinen Bart, "jetzt ist eine Menge Metall drin." Der Mann ist robust. Und er weiß, dass auch diese Eigenschaft ab Samstag in den Play-offs gefordert sein wird. "Oldenburg ist ein sehr starkes Team. Sie haben viele erfahrene Spieler, und viele spielen schon lange zusammen. Die wissen, worum es geht."

Seine Rechnung ist nicht besonders kompliziert: "Wir können die Serie nicht gewinnen, wenn wir auswärts kein Spiel gewinnen. Wir müssen eins klauen. Aber unsere Form ist zum richtigen Zeitpunkt auf dem Gipfel. Die Spiele gegen Oldenburg und Quakenbrück waren echte Schübe fürs Selbstbewusstsein. Das Momentum ist bei uns, jetzt müssen wir was draus machen."

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