Interview mit Dirk Mädrich "Es gibt genug Spielzeit für alle"

BONN · Auch wenn die Saison noch nicht begonnen hat: Dirk Mädrich hat zu tun. Training, Interview, Termin beim Tätowierer. Alles an einem Vormittag. Mit dem Telekom-Baskets-Neuzugang sprachen Tanja Schneider und Gerhard Mertens.

Sie haben heute volles Programm. Gleich wartet noch der Tätowierer. Was wird es denn?
Dirk Mädrich: Ich hatte mich schon in Vechta stechen lassen. Es gibt noch einer paar Kleinigkeiten, die gemacht werden müssen.

Welches Motiv?
Mädrich: Ein Basketball und ein Segelboot sind dabei.

Das hat welche Bedeutung?
Mädrich: Eine emotionale, von der nur wenige wissen, und das soll auch so bleiben.

Seit wann sind Sie in Bonn?
Mädrich: Seit letzten Samstag. Ich und meine Freundin wollten die Stadt vorher kennenlernen. Ein bisschen was haben wir schon gesehen.

Sie mussten einen relativ großen emotionalen Haken an Vechta machen, oder?
Mädrich: Auf jeden Fall. Wir hatten tolle drei Jahre und sind von der Pro B bis in die Bundesliga aufgestiegen. Der Abstieg in der vergangenen Saison trübt das Bild natürlich. Für mich persönlich war es ein gutes Jahr. Ein Outcome, auf das ich lange gewartet habe. Ich habe in Vechta viele Freunde gefunden, habe miterlebt, wie der Verein mit Basketball wächst und auch die Stadt. Es hat viel Spaß gemacht.

Sie sind weit rumgekommen ...
Mädrich: Ich bin ja auch schon 31. Aber es war auch hart, als ich mit 18 Jahren von zu Hause wegging. Meine Mutter hat geweint. Jetzt bin ich froh, wieder in der Nähe zu spielen. Das ist mein erster großer Vertrag in Nordrhein-Westfalen. Ich war vier Jahre in Braunschweig, zwei Jahre in Quakenbrück, drei Jahre in Vechta, ein Jahr in Bamberg und in Gießen. Außerdem in Frankreich und Griechenland.

Hatten Sie nicht auch eine längere Verletzungspause?
Mädrich: Ja, das war Griechenland. Ich hatte mich am Rücken verletzt und einen Bandscheibenvorfall erlitten. Ich habe meine Zelte dort dann sofort abgebrochen, weil auch mein Gehalt nicht gezahlt wurde. Die Rehabilitation habe ich dann in Köln gemacht, wegen der optimalen Bedingungen. Es war sicher auch ein wenig Heimweh dabei. Es hat länger gedauert, bis ich wieder fit war. Aber es hat sich gelohnt. Ich habe seitdem auch keine Probleme mehr.

Woran lag es, dass Sie so lange gebraucht haben, um so stark zu werden?
Mädrich: Ein paar Entscheidungen in meiner Karriere haben mich fehlgeleitet. Ich bin vielleicht auch zu früh in die erste Liga gegangen. Ich habe am Anfang viel auf der Bank gesessen, aber als junger Basketballer muss man viel spielen, um sich zu entwickeln und Erfahrungen zu sammeln. Ich habe ja auch sehr spät angefangen, Basketball zu spielen - erst mit 14 Jahren. Davor habe ich wie jeder normale deutsche Junge Fußball gespielt.

Zuletzt ging es aber nur noch bergauf...
Mädrich: Es hat mir geholfen, dass der Trainer mir das Vertrauen geschenkt hat. Ich habe auch viel an meiner Athletik gearbeitet. Körperlich fühle ich mich sehr gut. Ich habe mich von Jahr zu Jahr gesteigert und hoffe, dass ich da in Bonn weitermachen kann. Auch Verletzungen hatten mich immer wieder zurückgeworfen. Jetzt bin ich drei Jahre verletzungsfrei und schaue zuversichtlich nach vorn.

Was Ihnen jetzt hilft sind sicher die vielfältigen Erfahrungen, negativ wie positiv, die Sie gesammelt haben.
Mädrich: Bamberg ist dafür ein gutes Beispiel. Ich hatte dort eine Katastrophensaison, hatte mir während der Saison den Fuß und die Hand gebrochen. Aber unter Trainer Dirk Bauermann habe ich viel gelernt. Ich hatte im Schnitt meine fünf Einsatzminuten, habe im Eurocup spielen können, und wir sind deutscher Meister geworden. Das alles prägt, daraus konnte man schon viel mitnehmen. Man lernt immer dazu, auch durch die Rückschläge.

Was erwarten Sie jetzt?
Mädrich: Dass ich mich gut einlebe, dass wir uns als Mannschaft schnell finden und dass wir so viele Spiele wie möglich gewinnen.

Was für ein Gefühl verbindet Sie als ehemaliger Konkurrent mit den Telekom Baskets?
Mädrich: Ein schönes Gefühl. Ich habe ja schon zu Zeiten der Hardtberghalle hier gespielt. Ich erinnere mich noch gut an den Herrn, der hinter dem Korb immer wie wild seinen Pulli geschwenkt hat. Bonn hat tolle Fans. Schön war für mich, dass meine Eltern auch immer zu den Spielen kamen. Ich freue mich jetzt riesig darauf, im Telekom Dome zu spielen.

Wann ist denn der Kontakt zu den Baskets zustande gekommen?
Mädrich: Gleich nach den Play-offs. Vorher hatte ich alles selbst mit den Vereinen geregelt. Dann habe ich mir mit Jan Rohdewald einen Berater genommen, um zu sehen, was möglich ist.

Es war also mit dem Abstieg für Sie klar, dass Sie nicht in Vechta bleiben?
Mädrich: Nicht zu 100 Prozent. Vechta hat mir ein gutes Angebot gemacht. Die Entscheidung ist mir nicht leicht gefallen. Drei, vier Tage habe ich mir Bedenkzeit genommen. Aber dann war klar, dass ich in der Bundesliga bleiben wollte. Ich bin 31, habe noch viele gute Jahre vor mir, bin körperlich topfit und wollte auch nochmal international spielen. Ich habe mich dann mit Baskets-Coach Mathias Fischer zusammengesetzt und mich dann für Bonn entschieden.

Gab es andere Angebote?
Mädrich: Die gab es auch. Lukrativ war für mich nur Bonn. Lukrativ im Sinne der sportlichen Herausforderung - und für mich persönlich reizvoll. Zurück in die Heimat, zum Rhein.

Hat Mathias Fischer schon gesagt, welche Rolle Sie spielen sollen?
Mädrich: Backup-Center. Aber es geht wohl auch mit zwei Centern auf dem Feld. Ich weiß nicht, wie viel ich von Mathias' Taktik verraten darf, aber man weiß ja, dass ich von außen werfen kann. Und ich spiele gerne mit dem Rücken zum Brett.

Wie viel Minuten Spielzeit streben Sie an?
Mädrich: Wir spielen mit europäischem Wettbewerb zweimal pro Woche, ich denke, da gibt es genug Spielzeit für alle.

Was halten Sie bisher von der Mannschaft - ein Center fehlt ja noch?
Mädrich: Grundsätzlich ist es sicher gut, dass die Mannschaft im Kern zusammengeblieben ist. Ryan Brooks kenne ich aus Gießen, Andrej Mangold aus meiner Nationalmannschaftszeit, Steve Wachalski aus Osnabrück und Florian Koch habe ich hier schon kennengelernt - alles gute Jungs.

Was wollen Sie mit den guten Jungs erreichen? Play-offs sind in Bonn Standard...
Mädrich: Na klar! Aber erst mal jedes Spiel gewinnen.

Nach Niederlagen gegen vermeintlich leichte Gegner fragte man sich hier, ob der Wohlfühlfaktor für Gäste zu hoch ist. Sie haben mit Vechta ein Bomben-Spiel im Telekom Dome gemacht und müssen es wissen: Ist Bonn zu nett?
Mädrich: Finde ich nicht. Man ist hier immer unter Spannung. Auch durch die Fans, die Druck machen. Das gilt auch für die Auswärtsspiele. In Vechta war Karneval. Alle sind verkleidet angereist, sind rumgesprungen, dass die Tribüne gewackelt hat. Das sind einfach tolle Fans.

Zur Person

Dirk Mädrich (31) stammt aus Moers. Erst mit 14 Jahren begann er mit dem Basketballspielen. Über Dorsten und Braunschweig (hier machte er parallel eine Ausbildung zum Bürokaufmann) kam er nach Bamberg, wo er 2005 mit GHP Deutscher Meister wurde.

Über die Stationen Straßburg, Quakenbrück, Patras und Gießen ging er nach Vechta. Mit Rasta marschierte er von der Pro B bis in die Bundesliga. Bei den Baskets hat er einen Vertrag bis 2016 unterschrieben.

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