Telekom Baskets Einsam unter 6000 Menschen

BONN · Nach dem Europa-Aus war die Enttäuschung groß, dennoch richtet sich der Blick der Baskets schon wieder nach vorn: Am Sonntag kommt Jena, die Bonner wollen ihren fünften Platz festigen.

Für ein paar Sekunden war die Rekordkulisse eher Fluch als Segen. Für ein paar Sekunden, in denen die Spieler der Telekom Baskets vermutlich am liebsten ganz alleine gewesen wären. Julian Gamble vergrub nach dem Aus im Fiba EuropeCup das Gesicht in seinem Trikot, Ken Horton kaute auf seinem Mundschutz und starrte ein Loch irgendwo in die Hallendecke, während Filip Barovic mit ausdrucksloser Mine Yorman Polas Bartolo an seine Brust drückte. Auch er suchte die Einsamkeit in seinem Trikot.

Zuvor noch hatten die 6000, die den Zuschauerrekord im Wettbewerb einstellten, wie ein kleiner Zusatzmotor gewirkt – und beinahe hätten alle zusammen Historisches geschafft, doch die Telekom Baskets hatten nicht mit ihren Kräften haushalten können, von Beginn an gab es im Halbfinal-Rückspiel des Fiba EuropeCups gegen Nanterre 92 nur einen Modus: Vollgas. Notwendig, um die starken Franzosen wie schon beim 77:76-Sieg im Hinspiel ihrer größten Stärke, der Dreipunktwürfe, zu berauben, riskant, weil angesichts der kräftezehrenden vergangenen Wochen die Kraft ohnehin wie Sand in einer Uhr lief.

Ausgerechnet gegen Center Julian Gamble hatten die Franzosen einen guten Plan und einen exzellent aufgelegten Mathias Lessort mitgebracht – eine Position, die die Bonner sicher für sich selbst mit einem Plus versehen hatten, denn Gamble war in den letzten Wochen in überragender Form und von keinem Gegner zu bremsen gewesen. „Es tut wirklich weh, wenn Du so kurz vor dem Ziel abgefangen wirst“, sagte der „big man“ und richtete den Blick beinahe trotzig nach vorn: „Wir sind noch lange nicht fertig, jetzt wollen wir Platz fünf sichern und in den Playoffs weit kommen.“

Gegen Nanterre war dann irgendwann im letzten Viertel offensichtlich, dass die letzten Körner sich auf den Weg durch den engen Hals der Sanduhr machten. Und weil die Franzosen alles andere als Laufkundschaft sind, nutzten sie jeden Zentimeter Freiraum, den ihnen der Bonner Energieverlust nun gestattete. Vier von sieben Versuchen fanden im Schlussviertel den Weg von jenseits der Dreierlinie ins Netz, Nanterre leistete sich nur noch zwei Ballverluste, die Baskets sechs – da begannen dann auch ein paar Nerven zu flattern. Als Heiko Schaffartzik mit dem Distanzwurf zum 85:79 den Deckel auf die Partie und die Bonner Finalträume machte, senkte sich die Enttäuschung von den Rängen aufs Parkett, wo die Baskets immer noch kämpften. Mit der Schlusssirene erreichte die Enttäuschung auch sie.

Eine Enttäuschung, der Trainer Krunic nicht einfach so das Feld überlassen wollte. Schon beim Huddle, der abschließenden Zusammenkunft im Mittelkreis, versuchte er, seine Spieler aufzubauen, ihnen das Positive in die Köpfe zu rufen. Die Gesichter sprachen nicht unbedingt für einen Erfolg des Trainers.

„Ich bin dann nach der Pressekonferenz zurück in die Kabine gegangen, wie ich es immer mache“, erklärte Krunic. „Ich habe versucht, die Jungs zu trösten. Wir haben einen guten Wettbewerb gespielt, sind weiter gekommen als je zuvor – trotz Verletzungen. Darauf kann man stolz sein. Auch wenn das Aus natürlich erst mal schmerzt.“ Krunic war es, der den Baskets mit Oldenburg im Herzschlagfinale 2009 die Meisterschaft entriss. Er hat seine Philosophie entwickelt – egal ob Sieg oder Niederlage, er hält sich nicht allzu lange damit auf. Die Philosophie des nächsten Spiels; immer richtet er den Blick nach vorn. „Da hilft es, dass es schon am Sonntag gegen Jena weitergeht“, sagt er, aber so einfach abhaken konnte auch er die Niederlage nicht.

Er fuhr nach Hause, wollte zur Ablenkung ein bisschen lesen. „Das hat nicht wirklich funktioniert“, sagte er. „Ich hatte keine gute Nacht.“ Da wird er nicht der Einzige gewesen sein. Seine Spieler hatten am „Tag danach“ frei, er sah sich schon um sieben Uhr die schmerzliche Niederlage noch einmal an. „Wir haben kein gutes letztes Viertel gespielt und Nanterre ist nicht irgendwer. Wir sind in der Offense zu ungeduldig geworden, das ist auch Erfahrungssache“, sagte er um abzuschließen: „Man muss eine Niederlage auch akzeptieren können.“

Jamarr Sanders hatte sich noch gleich nach dem Aus auf leicht masochistisches Terrain begeben: „Ich habe mir gestern Abend noch einmal das komplette Spiel angeschaut“, erklärte er. „Wir hatten unsere Chancen, haben im letzten Viertel aber zu viel liegen gelassen und konnten mit der Intensität von Nanterre nicht mehr mithalten. Dennoch ist uns bewusst, dass diese Europapokal-Saison für den Verein ganz besonders gewesen ist.“ Und auch die Nachverpflichtung hat Krunics Mantra vom nächsten Spiel längst verinnerlicht: „Mir persönlich haben die vielen europäischen Spiele geholfen, nach meiner Verletzung wieder zurückzukommen. Jetzt will ich dem Team dabei helfen, eine möglichst gute Ausgangslage für die Playoffs zu erreichen.“ Los geht es gegen Jena.

Meistgelesen
Neueste Artikel
Zum Thema
Berechtigte Ausgrenzung
Kein Platz für Müller im DFB-Team Berechtigte Ausgrenzung
Aus dem Ressort