Telekom Baskets Bonn Ein Rebound mit Seltenheitswert

BONN · Angelo Caloiaro sichert gedankenschnell den 83:77-Sieg der Telekom Baskets in Tübingen. Topscorer ist Brooks.

Wer das Reboundduell, dazu noch haushoch, verliert, kann kein Basketballspiel gewinnen. Normalerweise. Angelo Caloiaro kümmerten derlei basketballerische Gesetzmäßigkeiten am Samstagabend wenig. Frei nach dem Motto: Es reicht auch, wenn man den einen entscheidenden Abpraller einsammelt, pflückte er sich seinen eigenen verworfenen Freiwurf vom Brett und manövrierte den Ball in den Korb der Walter Tigers Tübingen. So holte er von der Freiwurflinie drei statt nur zwei Punkte, die Telekom Baskets waren 7.2 Sekunden vor Schluss mit sechs Zählern vorn und ließen sich den ersten Saisonsieg nicht mehr nehmen - 83:77 (18:23, 23:19, 18:19, 24:16). Bezeichnend: Es war der einzige Offensiv-Rebound der Baskets im letzten Viertel und der einzige, der ihnen in der gesamten Partie überhaupt Punkte brachte.

Verbal blieb Caloiaro deutlich weniger offensiv: "Bei dem Rebound ist der Ball für uns glücklich gesprungen - und ich habe ihn bekommen", sagte er. "Natürlich wollten wir einen 0:2-Start vermeiden, aber für uns war noch wichtiger, dass wir besser spielen als am Donnerstag und dass wir einen Schritt nach vorn machen."

Die erleichterte Gelassenheit, die Baskets-Cheftrainer Mathias Fischer unmittelbar nach der gewonnenen Partie ausstrahlte, war allerdings spätestens nach der Video-Analyse wieder dahin. "Dass wir gewonnen haben, ist das Positive, aber mit den Rebounds - insbesondere von den Guards - bin ich überhaupt nicht einverstanden", fasste er am Sonntag Statistik und Videoabend zusammen.

26 Abpraller hatte sein Team erobert. Dem gegenüber standen 46 Rebounds der Tübinger, Michael Cuffee (10) und Augustine Rubit (16) waren hier so erfolgreich wie das gesamte Bonner Team. Das ist lausig - und gegen Playoff-Kandidaten sicherlich zu wenig. "Das muss besser werden", sagte Fischer mit Nachdruck. "Daran werden wir arbeiten."

Aber da die Statistik der Basketballer beinahe alles verrät, stand dort auch zu lesen, was die Baskets deutlich besser gemacht hatten als die Truppe um den überragenden Ex-Bonner Aleksandar Nadjfeji (16 Punkte): Offensiv so ziemlich alles. Treffer- und Dreierquote lagen über denen der Hausherren. Zudem hatten Spielmacher Eugene Lawrence und seine Kollegen deutlich besser auf den Ball aufgepasst. Nur sechs Ballverluste wies das Zahlen-Sammelsurium für Bonn aus, Tübingen verdaddelte den Ball dagegen 14 Mal.

"Offensiv waren wir sehr gut", sagte Fischer. "Wir haben souverän nach vorn gespielt und den Ball gut bewegt." Der kritische Coach hatte sogar ein Extra-Lob zu verteilen: "Wir haben im Ansatz gesehen, was Tadas Klimavicius leisten kann. Wenn man bedenkt, dass er fünf Wochen nicht mit dem Team trainieren konnte, war das eine sehr gute Partie." Die Spielintelligenz des litauischen Centers blitzte bei seiner Bundesliga-Premiere immer wieder auf, Bogdan Radosavljevic, die deutsche Nachwuchshoffnung auf der Tübinger Center-Position, hatte trotz Neun-Zentimeter-Größenvorteil seine liebe Mühe mit dem kantigen Routinier.

Die Baskets hatten sich auch von einem 0:7-Start nicht beirren lassen und angeführt vom starken Topscorer Ryan Brooks (15 Punkte), der für den verletzten Andrej Mangold in die Startformation gerückt war, den Rückstand aufgeholt und die Partie offen gestaltet. Wie schon bei der 81:88-Niederlage zum Saisonauftakt am Donnerstag in Ludwigsburg verpasste der Gegner den Baskets den Ein-Punkt-Rückstand mit der Pausensirene.

In der 35. Minute waren es dann die beiden Bonner Spielmacher Lawrence und Mickey McConnell, die nacheinander zwei wichtige Dreier zur Bonner 75:72-Führung trafen. Obwohl die Tigers jetzt wie Kaugummi an den Baskets klebten, wirkten die Bonner auch in der Crunchtime souverän und behielten an der Freiwurflinie die Nerven. In der Schlussminute waren es McConnell nach einem unsportlichen Foul von Cuffee, und Caloiaro mit seiner Rebound-Rarität, die den ersten Baskets-Sieg der Saison 2014/15 herausschossen.

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