Interview mit Andrej Mangold „Ich verliere ein Stück Heimat“
Bonn · Baskets-Ex-„Verteidigungsminister“ Andrej Mangold zieht im Interview eine positive Bilanz aus fünf Jahren in Bonn.
Fünf Jahre spielte Andrej Mangold für die Telekom Baskets Bonn, nun gehen er und der Basketball-Bundesligist getrennte Wege. Im Gespräch mit Gerhard Mertens zieht der 29-Jährige Bilanz und spricht über seine Pläne.
Welche Gefühle bestimmen Ihre Gemütslage, nachdem Sie einen Verein verlassen mussten, bei dem Sie gerne geblieben wären?
Andrej Mangold: Gemischte Gefühle. Ich hätte es mir nach dieser Saison, in der wir uns nicht mit Ruhm bekleckert haben, eigentlich denken können, dass auch meine Zeit bei den Baskets vorbei ist, aber ich wollte es dann doch nicht so richtig wahrhaben. Als mir die Nachricht übermittelt wurde, war das erst einmal schmerzhaft. Mit etwas Abstand sehe ich das inzwischen eher nüchtern. So etwas kann im Profisport passieren.
Letztendlich waren Sie also eher überrascht?
Mangold: Als es ausgesprochen wurde, war ich schon überrascht. Das hat mich im ersten Moment getroffen. Aber ich hatte mir das Szenario schon vorgestellt, so dass ich irgendwie doch darauf eingestellt war und mich mental ein bisschen abfangen konnte.
Wie haben Sie von der Entscheidung des Clubs erfahren?
Mangold: Nach der Saison fanden wie üblich Abschlussgespräche statt. Sportmanager Michael Wichterich und auch Trainer Silvano Poropat waren dabei. Dabei wurde mir gesagt, dass sie in der nächsten Saison komplett neu anfangen, keinen auslaufenden Vertrag verlängern wollen und auch mir kein neues Angebot unterbreiten werden.
Hegen Sie im Nachhinein irgendeinen Groll gegen die Baskets?
Mangold: Absolut nicht. Ich war ja schon fünf Jahre dabei und habe hier viel erlebt. Ich war nach der verpatzten Saison 2010/2011 gekommen und habe die Aufbruchstimmung damals miterleben dürfen. Und jetzt ist es ähnlich. Der Verein will nach der enttäuschenden Saison wieder für eine solche Aufbruchstimmung sorgen und frischen Wind reinbringen. Ich kann an den Baskets kein schlechtes Haar lassen. Bei den Artland Dragons habe ich in der regulären Saison nicht regelmäßig gespielt. In den Playoffs hat sich das dann mit der Verletzung von Johannes Strasser geändert und BBL-Teams konnten sehen, dass ich auf diesem Niveau mithalten kann.
Wie geht es sportlich jetzt bei Ihnen weiter?
Mangold: Ich habe den Basketball seit Saisonende noch gar nicht angefasst, weil mein Knie auch noch nicht vollständig ausgeheilt ist. Dafür nehme ich mir jetzt die Zeit. Ansonsten ist mein Agent auf der Suche nach einem neuen Verein. Wir haben auch schon ein paar Interessenten und Angebote.
Gibt es eine Tendenz?
Mangold: Nein, ich habe mich noch nicht entschieden. Ich denke, dass ich bis spätestens in der zweiten oder dritten Juli-Woche irgendwo unterschrieben haben werde, damit es im August weitergehen kann.
Weitergehen heißt für Sie in der ersten Liga?
Mangold: Mein Agent schaut in alle Richtungen. Natürlich auch in der ersten Liga. Es wäre schön, wenn ich da weiterspielen könnte. Demnächst in den Telekom Dome zurückzukehren, da hätte ich schon Lust drauf. Aber ich kann mir durchaus auch den Schritt ins Ausland vorstellen. Ein Engagement in der zweiten Liga will ich auch nicht ausschließen. Alles ist offen.
Sie haben sich in den vergangenen Jahren auch abseits des Basketballs in Bonn etabliert, unter anderem im Event-Management und mit der Gründung ihres Start-Ups DasKaugummi. Haben Sie da nun ein Problem?
Mangold: Nein. Bei der Eventreihe habe ich mir mit meinen zwei Partnern etwas aufgebaut, das auch funktioniert hat, wenn ich durch den Basketball verhindert war. Das wird auch ohne mich weiterlaufen. In diesem Sommer bin ich ja noch in Bonn, da wird es sicherlich noch ein paar Events und eine Abschiedsfeier geben. Meine Beteiligung bei DasKaugummi ist der langfristige Blick auf meine Karriere nach dem Sport. Es ist ja heutzutage gang und gebe, dass sich Profisportler an interessanten Start-Ups beteiligen.
Aber Sie verlieren ein Stück Heimat?
Mangold: Das stimmt, definitiv. Wenn man fünf Jahre an einem Ort lebt, sich buchstäblich reinlebt, sein soziales Umfeld aufbaut und viele Freunde gewinnt, ist man dort zu Hause. Bonn ist nach Hannover, wo ich herkomme, meine zweite Heimat geworden. Aber ich und die Stadt sind ja nicht aus der Welt. Ich werde sicherlich noch oft zu Besuch hierherkommen.
Jetzt wartet irgendwo eine dritte Heimat auf Sie. Wie lange wollen Sie noch Basketball spielen?
Mangold: Zwei, drei, maximal vier Jahre kann ich mir gut vorstellen. Ich will aber auf keinen Fall in die Situation kommen, auf Basketball angewiesen zu sein und weiterspielen zu müssen, obwohl mein Körper nicht mehr so richtig mitmacht und ich Schmerzen wegbeißen müsste. Deshalb habe ich auch frühzeitig versucht, mich neben dem Basketball beruflich abzusichern.
Ist ein früherer Ausstieg eine Option für Sie?
Mangold: Auf keinen Fall, dafür liebe ich Basketball zu sehr. Und nach so einer Saison bin ich ohnehin weit davon entfernt zu sagen, ich höre auf. Das wäre für mich kein runder Abschluss meiner Basketballkarriere.
Welche besonderen Höhepunkte fallen Ihnen spontan im Rückblick auf die Zeit bei den Baskets ein?
Mangold: Ein echtes Highlight war natürlich zu Beginn meiner Zeit in Bonn der Sieg im ersten Viertelfinalspiel in Bamberg. 49 Spiele hatten die Bamberger zu Hause nicht verloren, und dann tippt Benas Veikalas den entscheidenden Ball zu unserem Sieg ins Netz. Das war ein Adrenalinkick pur. Ich konnte zwei Tage danach nicht richtig schlafen. Das war Wahnsinn. Die Pokalendrunde und der Allstar Day in Bonn waren supercool. Da gab's schon einige Highlights.
Und welche Tiefpunkte?
Mangold: Abgesehen von der gesamten letzten Saison, fällt mir vor allem die vorletzte Saison ein, als wir nach einer überragenden Hauptrunde im Viertelfinale gegen Ulm ausgeschieden sind. Wir hatten so lange dafür gekämpft, den Heimvorteil zu bekommen, und als wir ihn dann hatten, konnten wir ihn vor den eigenen Fans im entscheidenden fünften Spiel nicht nutzen. Das war sehr bitter. Ähnlich bitter wie in dem Jahr davor gegen Oldenburg, als wir die bessere Mannschaft waren, aber auch ausgeschieden sind.
Für Sie persönlich war sicherlich auch Ihre Knieverletzung ein Tiefpunkt.
Mangold: Es war überhaupt ein Jahr des Knies in Bonn. Irgendwie hatten alle mal was am Knie -- Isaiah Philmore, Tadas Klimavicius, Eugene Lawrence oder Gerald Beverly. Ich weiß auch nicht, was da schief gelaufen ist.
Sie haben sich in den fünf Jahren zum Gesicht der Baskets entwickelt. Welche Reaktionen auf Ihren Abschied haben Sie von den Fans bekommen?
Mangold: Überwiegend positive. Ich habe viele Nachrichten auf Facebook und in den anderen sozialen Netzwerken von Leuten bekommen, die mir dankbar waren. Davon war ich sehr gerührt.
Der Verein hat ja schon ein paar Neuverpflichtungen getätigt. Wie fällt Ihr Urteil aus?
Mangold: Anthony Di Leo und Yorman Polas Bartolo sind gute Verpflichtungen, die die Qualität einer Mannschaft anheben können. Das ist schon in Ordnung, die beiden zu holen. Bonn wird keine Pfeifen verpflichten und wieder eine gute Rolle spielen.
Man hat Sie in Bonn den Verteidigungsminister getauft. Ist es bei dieser starken Betonung der Defensive schwierig, einen neuen Verein zu finden?
Mangold: Das kann ich schwer beurteilen. Aber als deutscher Spieler, der auch mal den Adler auf der Brust getragen hat, kann man davon ausgehen, dass die Vereine einen kennen und wissen wie sich die Qualität in ihrem Team mit meiner Verpflichtung steigern kann. Stolz bin ich aber auf meinen Ruf als Verteidigungsminister, denn so eine Anerkennung von außen ist ja nichts alltägliches und von daher glaube ich nicht, dass mein Ruf mir Steine in den Weg legt.